Morgenstadt-Initiative gestartet
Gemeinsamer Auftakt von Stadt Chemnitz, TU Chemnitz und Fraunhofer-Gesellschaft am 29. Juni 2015 - Wissenschaftlich fundiertes Nachhaltigkeitsprofil ist große Chance für die Stadt
Chemnitz siegte neben Prag und Tiflis im weltweiten Wettbewerb „Morgenstadt City Challenge“ der Fraunhofer-Gesellschaft. Als Morgenstadt kann sich Chemnitz nun langfristig in einem Netzwerk von Wissenschaft, Industrie und Politik etablieren sowie bedeutende Partner und Ressourcen für Nachhaltigkeitsprojekte finden. Chemnitz erhält so umfassende Forschungs- und Beratungsleistungen, zugeschnitten auf die individuelle Situation. Da die Stadt und die TU Chemnitz dieses Projekt gemeinsam erfolgreich auf den Weg gebracht haben, luden sie auch gemeinsam mit Fraunhofer am 29. Juni 2015 zur Auftaktveranstaltung der Morgenstadt-Initiative in das Projekthaus METEOR der TU Chemnitz ein. Etwa 60 Gäste aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur waren anwesend.
„Chemnitz hat hier eine große Chance, ein wissenschaftlich fundiertes Nachhaltigkeitsprofil zu erhalten und zu schärfen – nicht jede Stadt hat das“, so stellte Rektor Prof. Dr. Arnold van Zyl die Bedeutung der Morgenstadt-Ansatzes heraus. Kerngedanke der Morgenstadt sei, umsetzungsorientiert zu arbeiten, konkrete Maßnahmen mit Fraunhofer für die Stadt zu entwickeln. Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig betonte, dass es beim Morgenstadt-Ansatz zunächst um gemeinsame Ideen geht, um eine neue Form der Zusammenarbeit mit der TU Chemnitz und weiteren Partnern. „Ich wünsche mir, dass wir hier alle gemeinsam zu Ergebnissen kommen, die die Stadt noch weiter voranbringen und die wir in die Stadtpolitik einbringen können.“ Das Projekt Morgenstadt biete damit die ausgezeichnete Möglichkeit zukünftiger Kooperation mit der TU Chemnitz für eine nachhaltige Entwicklung der Stadt. Es stellt zugleich eines der zentralen Projekte dar der jüngst fortgeschriebenen Kooperationsvereinbarung zwischen TU und Stadt.
Projektleiter Bernd Bienzeisler vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation Stuttgart stellte heraus: „Der Morgenstadt-Ansatz wird nicht immer Antworten auf alle Fragestellungen geben“. Es handele sich vielmehr um einen kooperativen Ansatz als Netzwerk zu Entwicklung gemeinsamer Projekte. Zentrale Fragen sind, wo die Stadt derzeit stehe und wie die handlungsfähige Stadt der Zukunft aussieht.
Das Projekt startet mit einer umfassenden Stadtanalyse anhand von über 80 Handlungsfeldern des Morgenstadt-Modells, unter anderem in den Bereichen Governance und Planung, Wirtschaft, Mobilität und Verkehr oder Energie und Ressourcen. In den nächsten Wochen werden die Forscher von Fraunhofer gemeinsam mit Stadt und TU Chemnitz die zu Chemnitz verfügbaren Daten und Statistiken, einzelne Konzepte und Programme erfassen und entsprechend einzelner Handlungsfelder auswerten. Dabei werden Stärken und Schwächen ermittelt sowie Handlungsbedarfe und Potenziale festgestellt.
In der zweiten Oktoberhälfte wird dann ein etwa zweiwöchiger „City Lab“ stattfinden, eine Art Laboratorium vor Ort, mit Interviews, Gruppengesprächen und Werkstätten mit Chemnitzer Akteuren. „Wir wollen hier die Stadt gemeinsam als Labor betrachten, gemeinsame Vorhaben mit allen Partnern vor Ort entwickeln“, so Bienzeisler. Daraus werden dann im kommenden Jahr konkrete mögliche Maßnahmen entwickelt. Hier stünden dann die Chancen gut, hierfür auch Fördermittel zu akquirieren.
In einem anschließenden Publikumsgespräch standen zudem Prof. Dr. Angelika Bullinger-Hoffmann, Leiterin der Professur Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement der TU Chemnitz, sowie als externer Experte Prof. Dr. Jörg Rainer Noennig von der Professur Wissensarchitektur der TU Dresden zur Verfügung. „Nichts begeistert so sehr wie Begeisterung“, so Prof. Noennig. Er bezog sich hier auf den Geist einer jeweiligen Stadt, eines urbanen Raumes und stellte die Fragen, wo eine Begeisterung herkomme, ob diese herstellbar sei, es möglich sei, hierfür Impulse zu setzen. Beispielsweise die gemeinsame Entwicklung von Zukunftsbildern biete eine Chance hierzu. Das könne die Morgenstadt mit leisten.
Prof. Bullinger-Hoffmann betonte, dass es an der TU Chemnitz in der Forschung wie beispielsweise bei der Entwicklung multimodaler Verkehrssysteme und der Elektromobilität sehr vielversprechende Ansätze gebe. Auch die Rückmeldungen der Gäste zeigten, dass Chemnitz große Potenziale habe, sowohl im Bereich der Forschung wie auch dem Leichtbau oder der Textilforschung, als auch im kulturellen Bereich, bei weichen Faktoren, die nicht messbar sind. Die Morgenstadt biete die Chance, dieses alles mit einzubeziehen und neue Ansätze gemeinsam zu entwickeln. „Bei der Morgenstadt sind auch Möglichkeiten vorhanden, mal etwas anders zu machen und zu gestalten“, so Prof. Bullinger-Hoffmann.
Prof. van Zyl stellte heraus, dass es eine gewisse Gruppe an Menschen sei, eine kreative Klasse, die die Stadt voranbringe und ausmachen könne. Bedeutende Frage sei, wie wir an diese Klasse herankommen, als Treiber von Stadtentwicklung. Oberbürgermeisterin Ludwig ergänzte, dass wir in Chemnitz bereits eine Schicht an jungen kreativen Menschen haben, die anwächst und die die Stadt als Gestaltungsraum erkannt hat, die erkannt haben, wie wertvoll es ist, unfertigen und gestaltbaren Raum zu haben. „Ich möchte diese Leute weiter ermutigen, etwas auszuprobieren. Wir brauchen genau diese Kreativen.“ Dabei könne man Räume und Möglichkeiten schaffen, es aber nicht verordnen.
Oberbürgermeisterin Ludwig hofft, dass die Morgenstadt genau hierzu beitragen kann und darüber hinaus Impulse für notwendige gesellschaftliche Vermittlungsprozesse bietet. Denn zukünftig bedeutende Fragestellungen werden für Ludwig insbesondere die eines gemeinsamen Zusammenlebens sein bspw. im Hinblick der aktuellen Zuwanderung, die Entwicklung einer gemeinsam Basis hierfür, einer notwendigen Akzeptanz für Entwicklungen in einer immer schnelllebigeren Zeit.
Für weitere Anregungen und Ideen steht Projektkoordinator Dr. Urs Luczak, E-Mail urs.luczak@stadt-chemnitz.de, Telefon 0371 488-1555, zur Verfügung.
(Autor: Dr. Urs Luczak)
Mario Steinebach
30.06.2015