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Ein Vorname sagt mehr als 1.000 Worte

Eine Studie am Institut für Psychologie der TU Chemnitz zeigt, welche Assoziationen Vornamen hervorrufen - Das Alter ist dabei die zentrale Information

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Robert Böhm und Michaela Lummer ordnen Vornamen den Kategorien altmodisch, zeitlos und modern zu. Foto: TU Chemnitz/Uwe Meinhold

Was wissen wir über einen Menschen, von dem wir nur den Vornamen kennen? Nichts. Und dennoch ziehen wir unbewusst unsere Schlüsse und ziehen Schlussfolgerungen selbst über Menschen, die wir nicht kennen. Wer zum Beispiel Elfriede oder Werner heißt, wird sicher schon etwas älter sein. Mit Julia und Kevin bringt man sehr wahrscheinlich viel jüngere Menschen in Verbindung. Prof. Dr. Udo Rudolph, Inhaber der Professur Allgemeine und Biologische Psychologie an der TU Chemnitz, sowie seine Diplomanden Robert Böhm und Michaela Lummer belegen: Hören wir einen Vornamen, so schlussfolgern wir daraus das Alter der betreffenden Person und darüber letztlich auch deren Attraktivität und Intelligenz.

In ihrer Diplomarbeit gingen die Chemnitzer Psychologiestudenten diesem Phänomen auf den Grund. Unter dem Titel "Ein Vorname sagt mehr als 1.000 Worte - Zur sozialen Wahrnehmung von Vornamen" untersuchten sie Merkmale und Stereotype, mit denen die jeweiligen Namensträger assoziiert werden. Dabei aktualisierten sie die Wortnormen im Deutschen, die ihr Betreuer Prof. Rudolph bereits 1999 aufgestellt hatte. Im angelsächsischen Raum werden solche Wortnormen seit vielen Jahren weitaus systematischer erhoben, als dies bislang im Deutschen der Fall war.

Die Studenten legten im vergangenen Jahr 149 Personen unterschiedlichen Alters und Geschlechts einen 71-seitigen Fragebogen vor. Anhand von 60 typischen männlichen und weiblichen Vornamen beurteilten die Probanden darin Alter, Attraktivität, Intelligenz und Religiosität der Namensträger. Weiterhin gaben sie Auskunft über ihre Motive bei der Vergabe von Vornamen bei eigenen Kindern. Anhand statistischer Auftretenshäufigkeit im Zeitraum von 1965 bis 2004 unterschieden die Psychologen dabei moderne, altmodische und zeitlose Vornamen und erkannten, dass die Wahrnehmung des Namensträgers entscheidend von dieser Kategorie abhängt.

"Die Träger moderner Vornamen wurden dabei stets jünger eingeschätzt als solche mit altmodischen", erklärt Robert Böhm. "Es zeigte sich zudem, dass darüber hinaus anhand des geschätzten Alters Schlussfolgerungen über die Attraktivität und (in geringerem Maße) auch die Intelligenz des Besitzers eines Vornamen getroffen werden", ergänzt Michaela Lummer. Je jünger, desto attraktiver, und je attraktiver, desto intelligenter - so lautet der vom Hörer eines Vornamens gezogene Schluss. "Das wahrgenommene Alter ist somit die zentrale Information im Vornamen", erklärt Prof. Rudolph.

Weitere Ergebnisse der Studie sind u.a., dass viele Modenamen wie Sarah und David religiösen Ursprungs sind und somit auch ihren Träger religiöser wirken lassen. "Außerdem fiel uns auf", erläutert Robert Böhm, "dass subjektive Merkmale wie Klang und Modernität bei der Namensvergabe entscheidender sind als objektive Kriterien, wie die - früher durchaus übliche - Benennung nach den Großeltern oder den Eltern des Kindes."

Mit der vorliegenden Arbeit konnten erstmals im deutschsprachigen Raum die zugrundeliegenden Prozesse der sozialen Vornamenwahrnehmung genauer beleuchtet werden. "Wir führen diese Untersuchungen durch, weil in vielen psychologischen Studien Vornamen verwendet werden, und anhand der nun vorliegenden Normen können deren Merkmale systematisch variiert werden. Weiterhin sind Anwendungen in der Werbung denkbar", erklärt Prof. Rudolph. "Hier helfen zielgruppenorientierte Vornamen, bestimmte Assoziationen bei den Lesern oder Hörern zu wecken." So dürften Vornamen wie Birgit und Torsten, die von den Probanden als besonders altmodisch eingestuft wurden, sich kaum in der Werbung für Jugendliche einsetzen lassen.

Werdenden Eltern empfehlen die Chemnitzer Psychologen solche zeitlosen Vornamen wie Alexander, Michael, Anna oder Claudia. "Unter den Probanden erhielten zwar moderne Vornamen den höchsten Zuspruch, jedoch können Zeitgeistkinder unter der Schnelllebigkeit des Namensgeschmacks leiden", meint Rudolph. Ganz bestimmte Modenamen hinterlassen ihre Spuren in ganz bestimmten Jahrgängen. "So werden sich die Kevins, Lauras und Leons von heute im Laufe der Zeit durch das Altersprofil der Bevölkerung schieben und vermutlich in 50 Jahren als altmodisch und wenig attraktiv assoziiert", vermutet der Chemnitzer Psychologieprofessor. "Da jedoch seit einigen Jahrzehnten die Menge der vergebenen Vornamen von Jahr zu Jahr zunimmt, wird sich die jahrgangsbezogene Vornamenshäufung abschwächen."

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Mario Steinebach
12.10.2006

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