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Auf den Spuren der Vorfahren

TU-Absolvent Sebastian Müller erforscht an der Professur für Wirtschafts- und Sozialgeschichte die Todesfälle des Limbach-Oberfrohnaer Ortsteils Rußdorf

  • In der Chemnitzer Lutherkirche wurde Sebastian Müllers Großmutter getauft. Einen Blick in das Kirchbuch konnte er bisher noch nicht erhaschen. Foto: Katharina Preuß

Unter dem vorläufigen Arbeitstitel „Demografische, wirtschaftliche und sozialstrukturelle Transitionen am Beispiel der Dörfer Rußdorf und Bräunsdorf zwischen 1582 und 1935“ untersucht der TU-Absolvent Sebastian Müller als Doktorand an der Professur für Wirtschafts- und Sozialgeschichte die Bevölkerungsentwicklung der beiden Dörfer im Zwickauer Landkreis. Sein Ziel ist es, Erklärungen zu finden für die Art und Weise, wie sich die Bevölkerung einer Gemeinde samt ihrer wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse durch die aufkommende Industrialisierung im 18. und 19. Jahrhundert gewandelt hat. „Ich habe ein ausgeprägtes Interesse an der früheren Lebenswelt. Die Geschichtswissenschaft konzentriert sich oft auf die großen Ereignisse und Persönlichkeiten. Aber wie haben eigentlich die einfachen Leute gelebt?“, fragt Müller. Auch persönliche Neugier schwingt in seiner Aufgabe mit: „Meine Familie kommt aus dem Limbacher Land. Für mich ist es interessant zu erfahren, wo meine Vorfahren tatsächlich herkommen und wie sich deren Stammbaum entwickelt hat.“

Für seine Forschungsarbeit bedient sich Müller einer Vielzahl von Quellen. Vorrangig schaut er sich die Kirchbücher der Dörfer an, verkartet diese und versucht aus den Einträgen Querverbindungen zu erkennen und Erkenntnisse zu gewinnen. Doch auch Standesamtsakten und Grundbücher geben Aufschluss darüber, wie die Menschen früher gelebt haben. Daher verbringt er viel Zeit in den Stadt- und Staatsarchiven in Chemnitz, Leipzig und Dresden. Besonders das nach einem Umzug wiedereröffnete Archiv im Stadtteil Altchemnitz erntet Begeisterung seitens des Promotionsstudenten. „Das Archiv ist modern und die Aufzeichnungen sind sehr aufschlussreich.“, erzählt Müller.

Den größten Teil der Arbeit hat der gebürtige Chemnitzer schon hinter sich. Nach der Recherche folgt nun die Auswertung. Knapp 46.000 Personen hat er bereits in seine Datenbank eingetragen. So können Familienkonstellationen, häufige Berufe sowie Todesursachen über mehrere Generationen hinweg ermittelt werden. Die ersten Ergebnisse sind faszinierend, denn mithilfe seines Programmes stellte der junge Forscher fest, dass buchstäblich die gesamte Bevölkerung Rußdorfs von einem Gastronom namens Jakob Richter abstammt. „Der Wirt war zu Lebzeiten eine angesehene Persönlichkeit in der Gemeinde und hatte scheinbar viele zeugungsfreudige Nachfahren“, staunt Müller. Seine Forschungsarbeit bleibt vor allem in der Limbacher Region nicht unbemerkt. Vom Stadtarchivar und zugleich Initiator des Genealogie-Stammtisches „Limbacher Land“ wurde Müller schmunzelnd „Dr. Rußdorf“ getauft.

Schon zu Schulzeiten begann Müller sich der Ahnenforschung zu widmen. „In der fünften Klasse hatten wir die Aufgabe, unseren Stammbaum zu malen. Da hat mich das Fieber der Familienforschung gepackt und bis heute nicht mehr losgelassen“, erinnert sich der 25-Jährige. Sein Interesse an der umfangreichen Thematik schwächte sich auch während des Studiums nicht ab. Nach einem erfolgreich abgeschlossenen Bachelorstudium der Europäischen Geschichte an der TU Chemnitz nahm er ein Masterstudium des gleichen Studienfachs auf und durchlief auch dieses mit hervorragenden Leistungen. Im Januar 2013 begann Müller mit der Anfertigung seiner Doktorarbeit. Unterstützung erfährt er vor allem durch seine Eltern, die ihm während seiner Zeit als Doktorand zur Seite stehen. Finanziell hat sich Müller bereits zuvor abgesichert. Sämtliche Zusatzkosten von Krankenkasse bis Versicherung sparte er während seiner Studienzeit mit verschiedenen Nebenjobs zusammen. An der Professur Europa im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit war er sechs Monate lang als studentische Hilfskraft tätig und legte das verdiente Geld für sein späteres Vorhaben bewusst zur Seite. Nach erfolgreicher Beendigung seines Master-Studiums arbeitete Müller dann für einige Zeit im Chemnitzer Staatsarchiv. Dem Rat seines Doktorvaters Prof. Dr. Rudolf Boch folgend, bewarb sich Müller zusätzlich bei der gemeinnützigen Gerda Henkel Stiftung um ein Forschungsstipendium. Wenig später erhielt er die Zusage für eine zwölfmonatige finanzielle Förderung mit Aussicht auf Verlängerung. Für die Zeit nach der Promotion hat er noch keine festen Pläne. „Ich möchte erst einmal alles zu Ende bringen. Wo es mich danach hinverschlägt, wird sich zeigen“, so Müller.

(Autorin: Katharina Preuß)

Katharina Thehos
15.09.2014

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