Abteilung Human-Cyber-Physical Systems (HCPS)
Willkommen in der Abteilung Human-Cyber-Physical Systems (HCPS).
Die nachhaltige, menschzentrierte Industrie der Zukunft wird durch eine komplexe Verbindung von
- Menschen (Human, H),
- digitalen Cyber-Systemen (Cyber, C), die z.B. auf Basis neuer Digitaltechnologien sowie Künstlicher Intelligenz arbeiten und
- physisch-technischen Maschinen und Produktionsanlagen (Physical System, P)
realisiert werden.
Für eine erfolgreiche Entwicklung von Human-Cyber-Physical Systems (HCPS) ist transdisziplinäres Forschen und Arbeiten nötig, damit die Erkenntnisse und Stärken der einzelnen Fachdisziplinen an konkreten Applikationen gewinnbringend miteinander vereint werden können. In der Grundlagenforschung, der technischen Entwicklung sowie konkreten betrieblichen Realisierung sollte dabei der Mensch mit seiner Expertise und seinen Bedürfnissen im Fokus der Betrachtung stehen. Die menschlichen kognitiven Fähigkeiten und deren transparente Formalisierung stellen einen sehr wesentlichen Baustein dar, um technische Assistenz- und Automatisierungslösungen sinn- sowie verantwortungsvoll und dadurch nachhaltig zu gestalten.
Die Abteilung umfasst transdisziplinäre Expertise und ist an der Schnittstelle von Psychologie, Informatik und Maschinenbau angesiedelt. Sie befasst sich in grundlagen- sowie anwendungsorientierter Forschung mit Fragestellungen, die eine menschzentrierte Gestaltung von HCPS zum Ziel haben und konsequent auf eine systemische, nachhaltige und ressourceneffiziente Produktion der Zukunft ausgerichtet sind.
Die Forschungsarbeiten der Abteilung liefern theoretische und methodische Erkenntnisse, die für verschiedene technische Applikationsfelder und Fragestellungen eingesetzt werden können.
Hierzu zählen beispielsweise die Unterstützung mehrkriterieller Entscheidungen in der Oberflächentechnik, die kognitionsbasierte Gestaltung von Mensch-KI-Technik-Systemen, die Erforschung neuer Assistenz- und Automatisierungslösungen wie das Mensch-Maschine-Teaming oder die Förderung von ressourceneffizientem und nachhaltigem Handeln durch menschzentrierte Maßnahmen.
Die Abteilung kooperiert eng mit weiteren universitären und außeruniversitären Forschungs- und Industriepartnern, um den Wissenstransfer zu ermöglichen.
Die aktuellen Forschungsschwerpunkte der Abteilung umfassen die folgenden Themen und Leitfragen:
(1) Kognitives Engineering:
- Expertenwissen und kognitive Fähigkeiten des Menschen sind essentiell für innovative Forschung, technologische Entwicklung und industrielle Wertschöpfung.
- Beispiele für Forschungsfragen: Wie kann technisches Domänenwissen erhoben, systematisch beschrieben sowie menschzentriert und nachhaltig digitalisiert werden? Welche Wissensebenen sind zu unterscheiden? Welche Strategien nutzen Expertinnen und Experten in ihrer Wissensdomäne zum Lösen von Problemen und Treffen von Entscheidungen? Wie können Expertenstrategien in adaptiven Systemen implementiert und auch zur Befähigung von weiteren Personen genutzt werden?
(2) Wissensassistierende Visualisierungen:
- Komplexe technische Prozesse sowie Algorithmen der Künstlichen Intelligenz müssen aufgabenspezifisch und angepasst an den Wissensstand des Menschen sein. Echte Menschzentriertheit setzt daher ein Mindestmaß an Verstehbarkeit und Transparenz voraus, das u.a. durch wissensassistierende Darstellungen realisiert werden kann.
- Beispiele für Forschungsfragen: Wie können Daten, Informationen und Wissen kognitionsbasiert und menschengemäß dargestellt werden? Welche psychologischen Prinzipien sind für die Gestaltung von Interfaces und Interaktionen wichtig, wenn komplexe Prozessabläufe und mehrschichtige Fragestellungen visualisiert werden sollen?
(3) Kognitive Entscheidungsunterstützung und Mensch-Maschine-Teaming:
- Komplexe Entscheidungs-, Problemlösungs- oder Planungsprozesse sollten durch leistungsfähige digital-technische Möglichkeiten unterstützt werden. Hierzu sind tragfähige Konzepte für neue Assistenz- und Automatisierungslösungen zu erarbeiten.
- Beispiele für Forschungsfragen: Kann und sollte die Technik zum „Teampartner“ des Menschen werden? Welche Eigenschaften von erfolgreichen Mensch-Mensch-Teams können auf Mensch-Cyber-Teams übertragen werden und welche nicht? Wie können menschliche Arbeitsteams bei der Interaktion mit Cyber-Physischen Systemen kognitiv unterstützt werden?
(4) Nachhaltigkeit durch Technikakzeptanz- und Nutzerforschung:
- Neue Technologien und menschzentrierte Maßnahmen, z.B. zum nachhaltigen, ressourcenschonenden Handeln im Produktionsalltag, sind nur erfolgreich, wenn sie vom Menschen in ihrer Wirkungsweise verstanden, akzeptiert und umgesetzt werden.
- Beispiele für Forschungsfragen: Welche Akzeptanzvoraussetzungen gibt es auf Nutzendenseite, damit wasserstoffbasierte Technologien wie H2-Pedelecs erfolgreich und sicher eingesetzt werden? Welche systemischen Herangehensweisen und menschzentrierten Maßnahmen befähigen Akteure, Nachhaltigkeitsziele bis ins konkrete Arbeitshandeln umzusetzen?
Unter anderem werden hierzu folgende Methoden eingesetzt und weiterentwickelt:
- Beobachtungsmethoden, Interviews und psychologische Experimente sowie Nutzerstudien
- Kognitive Aufgabenanalysen, Verfahren zur Bestimmung von (Team) Situation Awareness und mentalem Workload
- Blickbewegungsmessung und Pupillometrie mittels Eye-Tracking
- Kombinierte daten- und wissensbasierte Modellierung technischer Prozesse (u.a. für mehrkriterielle Entscheidungen und Optimierungsfragestellungen) mit Verfahren der Künstlichen Intelligenz
Die Forschung liefert theoretische und methodische Erkenntnisse, die für verschiedene technische Applikationsfelder eingesetzt werden können. Beispielsweise für die Unterstützung mehrkriterieller Entscheidungen beim thermischen Beschichten. Hierzu arbeitet die Abteilung eng mit weiteren universitären und außeruniversitären Forschungs- und Industriepartnern zusammen.
Projekte
Projektpartner
Assoziierte Partner
- Fraunhofer IWU Chemnitz
- Continental AG
- secuvera GmbH, BSI-zertifizierter IT-Sicherheitsdienstleister und Prüfstelle
- Aumann AG, Spezialmaschinen und Produktionslinien für Elektromobilität
- CBS Information Technologies AG
- SITEC Industrietechnologie GmbH
- IAOV, Institut für Arbeits-, Organisations- und Verkehrsforschung GmbH
- Saxeed, Gründernetzwerk
- Vitesco Technologies GmbH
Fördergeber
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Laufzeit
Juli 2019 bis März 2023
Beschreibung
Ziel des Vorhabens ist die Erarbeitung eines technikorientierten Dienstleistungs- und Softwareangebots zur Entwicklung und Realisierung kognitionsbasierter Schnittstellen für die Mensch-Technik-Interaktion (KoMTI). Durch KoMTI werden kognitionspsychologische Erkenntnisse (u.a. zu Verstehens- und Entscheidungsprozessen) mit möglichst transparenten und leistungsfähigen Algorithmen des Maschinellen Lernens abgebildet, um eine neue Interaktionsqualität zwischen Mensch und (teil)autonomen technischen/digitalen Systemen zu ermöglichen. Das Vorhaben folgt der Leitidee einer hilfsbereiten Technik, die menschliche Selbstbestimmtheit unterstützt und nicht kontrolliert bzw. einschränkt. KoMTI richtet sich an Produktentwickler aus den Applikationsbereichen "Intelligente Mobilität" und "Digitale Gesellschaft". Es adressiert neue Fragestellungen, beispielsweise die nutzerzentrierte Gestaltung automatisierter Fahrfunktionen (u.a. bzgl. des Fahrkomforts) oder die Optimierung des individuellen Umgangs mit digitalen Produkten wie Apps (z.B. hinsichtlich Interaktionsfehlern, Daten- und Privatsphärensicherheit). Ergebnis des Projektes ist ein modularer KoMTI Methodenbaukasten sowie eine Vorgehensstrategie zur Entwicklung und Realisierung menschengemäßer Interaktionsschnittstellen in komplexen Mensch-Technik-Systemen.
Projektdemonstrator
Publikationen und Konferenzbeiträge
Heubeck, L., Hartwich, F., & Bocklisch, F. (2023). To Share or Not to Share—Expected Transportation Mode Changes Given Different Types of Fully Automated Vehicles. Sustainability, 15(6), 5056.
Kreißig, I., & Bocklisch, F. (2022). Knowledge matters! - Exploring Drivers and Barriers in the Acceptance of FCEVs as a Sustainable Mobility Solution. Paper presented at the 2nd FC³ Fuel Cell Conference Chemnitz, Chemnitz, Germany
Assarzadeh, R., Hartwich, F., Vitay, J. & Bocklisch, F. (2020). Discomfort detection in autonomous driving using artificial neural networks. In C. Dobel, C. Giesen, L. A. Grigutsch, J. M. Kaufmann, G. Kovács, F. Meissner, K. Rothermund, & S. R. Schweinberger (Eds.), TeaP 2020 - Abstracts of the 62th Conference of Experimental Psychologists (p. 18). Lengerich: Pabst Science Publishers.
Bocklisch, F., Drehmann, R., & Lampke, T. (2020). Kognitionsbasierte Mensch-Technik Interaktion in Cyber-Physischen Systemen am Applikationsbeispiel „Thermisches Spritzen“. MONARCH TU Chemnitz
Bocklisch, F., Kutschmann, P., Drehmann, R., & Lamke, T. (2020). A cognition-based human-machine interaction approach for thermal spraying. In C. Dobel, C. Giesen, L. A. Grigutsch, J. M. Kaufmann, G. Kovács, F. Meissner, K. Rothermund, & S. R. Schweinberger (Eds.), TeaP 2020 - Abstracts of the 62th Conference of Experimental Psychologists. Lengerich: Pabst Science Publishers
Projektpartner
Fördergeber
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Laufzeit
Juli 2023 bis Juni 2025
Beschreibung
Das Vorhaben REDUCE hat die signifikante Senkung des Ressourcenverbrauchs der industriellen Produktion zum Ziel. Damit adressiert es den maßgeblichen Anteil dieses Sektors am nationalen Verbrauch von Ressourcen wie Energie (aktuell ca. 70 %) und trägt zu den (inter)nationalen Bestrebungen hin zu einer ressourceneffizienten Gestaltung der Industrie bei, welche vor dem Hintergrund der aktuellen Klimakrise dringend notwendig ist. Erreicht wird dieses Ziel durch einen transdisziplinären Lösungsansatz, der technikbezogene Digitalisierung und effiziente Automatisierungslösungen mit einer konsequent menschzentrierten Technikgestaltung verbindet, welche Anwendende zu ressourceneffizientem Handeln in der Produktion befähigt. Diesem Ansatz folgend sieht der Arbeitsplan zwei komplementäre Analyseansätze vor, welche in konkreten Gestaltungslösungen zusammengeführt werden. So wird einerseits mittels moderner Sensor- und Messtechnik eine umfangreiche Datenbank aller für den Ressourcenverbrauch relevanten technischen Parameter auf verschiedenen Ebenen der Produktion erstellt, auf deren Basis konkrete Einsparungspotenziale identifiziert werden. Andererseits werden in einer umfassenden Prozessanalyse Arbeits- und Prozessabläufe menschlicher Akteure systematisch beschrieben, woraus Handlungsoptionen zur Verbrauchssenkung abgeleitet werden. In systemischer Betrachtung beider Analysen werden Maßnahmen zur Reduktion des Ressourcenverbrauchs entwickelt und in Form eines Demonstrators umgesetzt. Das Vorhaben schafft belastbare Erkenntnisse über Ressourceneinsparungspotenziale im produzierenden Gewerbe durch menschzentrierte Energiemanagment- und Informationssysteme. Die Ergebnisse haben hohes Transferpotenzial und können neben der wissenschaftlichen Verbreitung auch in kommerziellen Anwendungen industrienah verwertet werden. Ermöglicht wird der transdisziplinäre Ansatz des Vorhabens durch ein Konsortium mit Partnern aus Technik und Produktion, Visualistik und Psychologie.
Projektleitung und Ansprechpartnerin
Dr. habil. Franziska Bocklisch
Der Umgang mit den gesellschaftlichen Herausforderungen im Bereich Intelligente
Industrie
erfordert eine breite transdisziplinäre Kooperation verschiedener
Fachdisziplinen, Forschungseinrichtungen und Industriepartner.
Die Veranstaltungsreihe Transdisziplinärer Dialog: Mensch, Technik und KI
beleuchtet das Zusammenwirken von Mensch, Technik und Künstlicher Intelligenz (KI) aus den
verschiedenen Perspektiven der Fachwissenschaften. In kurzen Vorträgen greifen eingeladene
ReferentInnen jeweils die human-, sozial- und geisteswissenschaftliche sowie die MINT-orientierte
Sichtweise auf und setzen Impulse zu konkreten Themen für die anschließende
Diskussion.
Veranstaltungen
Referenten
- Dr. Norbert Huchler (ISF, München):
Sozial nachhaltige Gestaltung der Arbeitsteilung zwischen Mensch und KI
- Dr. Marcel Todtermuschke (Fraunhofer IWU, Chemnitz):
Herausforderungen bei der Programmierung von Karosseriebauanlagen
- Dr. Mohamad Bdiwi (Fraunhofer IWU, Chemnitz):
Von der Angst zum Vertrauen im Kontext Mensch-Schwerlastroboter-Interaktion
Referenten
- Dr. Rudolf Seising (Deutsches Museum, München):
Ich denke und vielleicht denkst Du, aber es denkt nicht! Die vergessenen Geschichten der KI
- Dr. Uwe Haass (Roboconsult, München):
Roadmap KI: Perspektiven für Bildung und Forschung am Beispiel der Robotik