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Pressemitteilung vom 25.11.1998

Uni-Campus soll sich nicht von der Stadt abgrenzen

Chemnitzer Uni-Campus soll sich nicht von der Stadt abgrenzen
Marketing-Experten fordern mehr Kulturangebote, Kneipen und eine neue Mensa

Konkurrenz belebt das Geschäft. Was für die Wirtschaft richtig ist, gilt auch für die Hochschulen. Ob Politiker, Wissenschaftler oder Studenten - sie alle fordern mehr Wettbewerb unter den deutschen Unis. Denn davon profitieren alle. In Chemnitz fürchtet man einen solchen Wettbewerb nicht: schließlich ist die Chemnitzer Uni eine der besten deutschen Hochschulen. So jedenfalls ergeben übereinstimmend immer wieder zahlreiche Umfragen und Hochschul-Ranglisten. An kaum einem anderen Ort sind Betreuung und Ausstattung so gut, sind Lehre und Forschung so innig miteinander verbunden, ist das Studium so kurz wie hier. Und noch weitere Punkte sprechen für Chemnitz, etwa die günstigen Mieten oder der Internetanschluß der Wohnheimzimmer. Außerdem ist die TU Chemnitz schon jetzt eine Uni der kurzen Wege. Sie hat, was nur wenige andere deutschen Unis haben: einen richtigen Campus. Wohnheime, Mensa, Hörsäle, Sportanlagen, eine Kindertagesstätte, die Unibuchhandlung, alles ist in fünf Minuten zu erreichen. Das spart vor allem bei alltäglichen Verrichtungen viel Zeit. Ein Studienort allererster Wahl, möchte man meinen. Und dennoch ziehen viele Studenten aus anderen Bundesländern diese Super-Uni erst gar nicht bei der Wahl ihres Studienortes in Betracht. Denn die Stadt Chemnitz gilt, wenn man Zeitungsberichten glauben darf, vielfach als öde und langweilig. Möglichkeiten, die Freizeit zu verbringen, sind rar, so die gängige Überzeugung. Das möchte die TU Chemnitz nun ändern: der Campus-Charakter der Uni soll weiter verstärkt werden. Vorbild sind die Hochschulen in England und den USA, wo man auf dem Uni-Gelände nicht nur studiert und wohnt, sondern einfach alles machen kann, vom Einkaufen über Sport treiben bis zum Treffen mit Freunden. Wer sich nur erholen will, kommt dort ebenso zum Zuge wie der Kulturinteressierte. Da trifft es sich gut, daß das Studentenwerk im kommenden Jahr ohnehin die Uni-Mensa in der Reichenhainer Straße umbauen will.

Wie man das studentische Leben in Chemnitz verbessern kann, wissen am besten die Studenten selbst. Deshalb haben jetzt zehn Studenten der Initiative "Marketing zwischen Theorie und Praxis" (MTP) unter Anleitung der Marketing-Expertin Prof. Cornelia Zanger und ihres Assistenten, des Diplom-Kaufmanns Jan Drengner, eine großangelegte Umfrage unter ihren Mitstudenten und den Doktoranden durchgeführt. Ziel war es, zu erfahren, wie die Studenten sich ihren künftigen Campus wünschen. Dazu befragten die MTPler fast jeden Zehnten ihrer Kommilitonen - freilich nicht aufs Geratewohl, die Studenten wurden vielmehr so ausgesucht, daß sie nach Fach, Semesterzahl und Geschlecht genau der Chemnitzer Studentenschaft entsprachen. Von den 500 verteilten Fragebögen kamen immerhin 465 brauchbare zurück, dazu noch einmal 165 von den Doktoranden.

Dabei stellte sich heraus, daß man die Studenten in drei Gruppen einteilen kann: Aktive mit Campusbezug (17%), die ihre Aktivitäten fast ausschließlich auf das Uni-Gelände beschränken, Aktive ohne oder mit nur geringem Campusbezug (73%), die zwar ihre Freizeit aktiv gestalten, dabei aber kaum die Hochschule, sondern eher die Stadt oder das Umland nutzen, und Passive (10%), die sich in der Freizeit weder für die Uni noch für die Stadt oder das Umland interessieren.

Wie nicht anders zu erwarten, schätzen die Befragten besonders das Internet-Angebot der Chemnitzer Uni - dreiviertel waren damit sehr zufrieden (jeder dritte der Befragten) oder zufrieden (jeder zweite). Gerade in diesem Punkt schneidet die Chemnitzer Uni in allen Ranglisten im Vergleich zu anderen deutschen Unis immer hervorragend ab - zuletzt erst wieder im Novemberheft der Computerzeitschrift Online Today. In den Augen der Studenten ist das vollauf gerechtfertigt. Auch die zahlreichen Sportmöglichkeiten wurden von den Befragten hoch gelobt. Paradox dabei: Am schlechtesten kamen Internet und Sport ausgerechnet bei jenen zehn Prozent der Studenten weg, die sie gar nicht oder nur wenig nutzen, nämlich bei den Passiven.

Die Aktiven mit Campusbezug hingegen beurteilen diese Möglichkeiten durchweg gut. Diese Gruppe verbringt auch ihre restliche Freizeit häufiger auf dem Uni-Areal. Die Gruppe der Aktiven ohne Campus-Bezug dagegen hält sich lieber in der Stadt auf und besucht dort zum Beispiel die Oper, Restaurants, Theater oder ein Kabarett. Das bedeutet aber nicht, daß die Campus-Aktiven die Stadt meiden. Im Gegenteil, auch sie sind eifrige Kneipen- oder Kinogänger - sie setzen nur andere Schwerpunkte. Die Passiven dagegen nutzen die vielfältigen Angebote nicht oder kaum. In einem freilich sind sich alle drei Gruppen einig: Kulturell ist auf dem Campus zu wenig los. Kein Wunder, daß sich gerade hier die meisten eine Verbesserung wünschen. Und noch etwas wünschen sich die Studenten: daß die Mensa länger geöffnet hat als bisher.

Die bereits jetzt auf dem Campus vorhandenen Serviceeinrichtungen nutzen dagegen alle drei Gruppen mehr oder weniger gleichmäßig - schließlich muß auch ein passiver Student mal in den Supermarkt, die Unibuchhandlung oder den Kopierladen, und die Parkplätze oder der Geldautomat sind ihm ebenso wichtig wie allen anderen. Gefragt sind also vor allem Angebote, die das tägliche Leben vereinfachen. Für Freiflächen oder Kneipen allerdings interessieren sich die Aktiven mehr als die Passiven. Nicht so großen Wert legten die Befragten aber auf Angebote, die man ohnehin nicht täglich nutzt - es läßt sich auch ohne Restaurants, Diskotheken oder Kinos auf dem Campus aushalten.

Insgesamt schlagen die Wissenschaftler folgende Verbesserungen vor: Die Studentenclubs sollten bessere Räume erhalten, ihr Angebot an Musik und Unterhaltung verbessern und länger aufhaben. Zusätzlich sollten im Mensagebäude größere und kleinere Räume für unterschiedliche Zwecke vorhanden sein, damit sich mehr kulturelle Veranstaltungen auf den Campus locken lassen - dann wäre dort auch abends mehr los. Die Veranstaltungen sollten so angekündigt werden, daß auch Chemnitzer, die keine Studenten sind, sich angesprochen fühlen. Vielen Studenten ist nämlich wichtig: daß der Campus sich nicht von der Stadt abgrenzt, daß hier alle willkommen sind, daß ein Austausch stattfindet. Ferner sollten in Uninähe oder direkt auf dem Campus mehr Kneipen und Restaurants angesiedelt werden - daran mangelt es nämlich bisher. So ließen sich nicht nur jene immerhin zwei von drei Studenten anziehen, die ihre Freizeit bisher nicht dort verbringen, sondern auch alle anderen.

Weitere Informationen: Technische Universität Chemnitz, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Reichenhainer Straße 39, 09126 Chemnitz, Professur für Marketing und Handelsbetriebslehre, Prof. Dr. Cornelia Zanger, Tel. 03 71/5 31-83 45, Fax 03 71/5 31-43 41, E-mail: cornelia.zanger@wirtschaft.tu-chemnitz.de oder Dipl.-Kaufmann Jan Drengner, Tel. 5 31-41 58, E-mail: jan.drengner@wirtschaft.tu-chemnitz.de

(Autor: Hubert J. Gieß)