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Pressemitteilung vom 08.07.1999

Rote Karte für den Gelben Riesen

Rote Karte für den Gelben Riesen
Urteil gegen den Ex-Brief-Monopolisten Deutsche Post - Gericht stützt sich auf Gutachten des Chemnitzer Juristen Prof. Ludwig Gramlich

Wer darf in Deutschland die Briefe befördern - nur die Deutsche Post oder auch andere Unternehmen, die zumindest in den Ballungsräumen nicht selten schneller sind? Nach dem Postgesetz darf bis Ende 2002 allein die Post Briefe transportieren, die weniger als 200 Gramm wiegen und höchstens das fünffache Porto eines Standardbriefes kosten, danach fällt, ähnlich wie schon 1998 beim Telefon, das Monopol. Dafür, daß das Postgesetz auch eingehalten wird, sorgt die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) - sie soll den Wettbewerb fördern und gleichzeitig darauf achten, daß auch in Zukunft solche wichtigen Dienstleistungen wie die Briefzustellung flächendeckend von der Nord- und Ostsee bis zu den Alpen angeboten werden.

Allerdings steht noch etwas im Postgesetz: Das Monopol gilt schon heute nicht für Dienstleistungen, die "qualitativ höherwertig" sind und die Grundversorgung überschreiten. Aufgrund dieser Bestimmung hatte die Regulierungsbehörde zahlreichen privaten Anbietern genehmigt, Briefe zu transportieren, wenn sie diese beim Kunden abholen und dem Empfänger am gleichen Tag zustellen - die "Höherwertigkeit" also gegeben ist. Das freilich paßte der Post nicht, sie zog vor das zuständige Kölner Verwaltungsgericht und verklagte die Behörde auf Rücknahme der Genehmigungen. Die nämlich, so das Argument der Postler, verstießen gegen das Postgesetz, weil sie die flächendeckende Basisversorgung gefährdeten.

Am 6. Juli 1999 hat nun das Gericht entschieden und der Post die rote Karte gezeigt: Die Genehmigungen der Regulierungsbehörde sind rechtens. Grund zur Freude besonders für den Chemnitzer Juraprofessor Ludwig Gramlich - denn das Urteil stützt sich zu großen Teilen auf ein von ihm erstattetes Rechtsgutachten. Prof. Gramlich, an der Chemnitzer Uni für Öffentliches Recht und Öffentliches Wirtschaftsrecht zuständig, war bereits wissenschaftlicher Berater des ehemaligen Postministeriums und berät seit 1998 auch die Regulierungsbehörde. Das im gleichen Jahr in Kraft getretene Postgesetz trägt ebenfalls in wesentlichen Teilen seine Handschrift.

Prof. Gramlich zeigte sich erfreut über den "Etappensieg". Zugleich wies er die Kritik der Deutschen Post zurück, "alternative Zustelldienste" betrieben lediglich ein "Rosinen-Picken". Das Grundgesetz sei 1994 eigens geändert worden, um auch im Postsektor Gewerbefreiheit zu ermöglichen. Der Staat sei seitdem verpflichtet, für einen funktionsfähigen und chancengleichen Wettbewerb im Interesse der Kunden zu sorgen. Dies bringe auch der Post eine Menge Vorteile - sie habe aber keinen Anspruch mehr auf besondere Behandlung. Ihre wirtschaftlichen Interessen seien schon dadurch gesichert, daß sie bis auf weiteres das ausschließliche Recht habe, Briefe bis 200 g zu befördern. Wenn sie einen "Universaldienst" - das flächendeckende Mindestangebot von Postdienstleistungen zu einem erschwinglichen Preis - nicht mehr anbieten wolle, könne die Regulierungsbehörde die Post oder auch einen ihrer Wettbewerber zu solchen Leistungen verpflichten. Etwaige Verluste, die dabei entstehen, würden nach dem Gesetz durch Zahlungen derjenigen Unternehmen ausgeglichen, die nicht an dem Universaldienst beteiligt sind. Auch der geplante Gang der Deutschen Post an die Börse sei kein Grund, das Monopol über das Jahr 2002 hinaus fortdauern zu lassen.

(Autor: Hubert J. Gieß)

Weitere Informationen: Technische Universität Chemnitz, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, Professur Öffentliches Recht und Öffentliches Wirtschaftsrecht, Reichenhainer Straße 39, 09107 Chemnitz, Prof. Dr. Ludwig Gramlich, Telefon 03 71/5 31-41 65, Fax 03 71/5 31-39 61, E-mail: l.gramlich@wirtschaft.tu-chemnitz.de .