Pressemitteilung vom 05.01.2000
Chip aus Chemnitz ermöglicht neuartiges Rasterkraftmikroskop
Chip aus Chemnitz ermöglicht neuartiges RasterkraftmikroskopAlles auf einem winzigen Siliziumplättchen: Messfühler, Linearantrieb und Messaufbau
Chemnitzer Wissenschaftler entwickeln ein neues Verfahren, mit dem sich Oberflächen im Mikrobereich besonders genau abtasten und vermessen lassen. Das System besteht aus einem Siliziumchip, auf dem ein Messfühler und ein winziger elektrostatisch arbeitender Linearantrieb sowie eine Messeinrichtung untergebracht sind. Der Chip ist etwa einen Quadratmillimeter groß. Der Messfühler selbst mündet in eine feinen Spitze, deren Radius nur 20 Millionstel Millimeter misst.
Das neue System kann Höhenunterschiede von 20 Tausendstel Millimeter mit einer Auflösung von einem Millionstel Millimeter - fast hinunter bis auf die Größe der Atome - messen. Herkömmliche Messsysteme können solche vergleichsweise großen Höhenunterschiede nicht messen. Entwickelt wurde der Chip unter der Leitung des Mikrotechnologen Prof. Thomas Geßner, des Sensortechnikers Prof. Wolfgang Manthey und des Qualitätssicherungsfachmannes Prof. Michael Dietzsch im Sonderforschungsbereich 379 "Mikromechanische Sensor- und Aktorarrays" in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Mikrotechnologien (ZfM) der Chemnitzer Uni. Der Chip wird - auch das ist neu - in einem Arbeitsgang einschließlich der Messspitze hergestellt, aufwändige zusätzliche Schritte sind also nicht nötig.
Eingesetzt werden kann der neue Chip zur nahezu berührungslosen Messung der Oberflächenrauheit sowie der Formvermessung von Mikroteilen in der Qualitätskontrolle. Auch für neuartige Rasterkraftmikroskope ist er geeignet. Ein solches Rasterkraftmikroskop tastet Oberflächen ähnlich ab wie eine Nadel eine Schallplatte, nur viel feiner. Das Prinzip war 1986 von dem deutschen Physiker Gerd Binnig entwickelt worden, der im gleichen Jahr gemeinsam mit Heinrich Rohrer für eine verwandte Entwicklung, das Rastertunnelmikroskop, den Nobelpreis für Physik bekam.
Ein wesentlicher Vorteil ist, dass viele der Chips neben- und übereinander - als sogenanntes Array - angeordnet werden können. Dadurch ist es möglich, größere Flächen als bisher und zudem in wesentlich kürzerer Zeit zu vermessen. Bei der Messung wird eine Gleichspannung an den Linearantrieb angelegt, die die Messspitze an die Oberfläche heranführt, die geprüft werden soll. Gleichzeitig schwingt die Spitze einige tausend Mal in der Sekunde hin und her. Die Schwingungszahl und die Auslenkung ändert sich, je näher die Spitze der Oberfläche kommt. Diese Änderungen werden erfasst und durch einen Computer ausgewertet. Ein weiterer Vorteil: Durch den großen Messbereich des Fühlers entfällt das Nachstellen bei der Messung. Zur Zeit arbeiten die Wissenschaftler an der umfassenden Charakterisierung der Systemkomponenten und verbesserten Handhabbarkeit des Gesamtsystems.
Weitere Informationen: Technische Universität Chemnitz, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, Reichenhainer Str. 70, 09126 Chemnitz, Prof. Thomas Geßner, Tel. (03 71) 5 31-31 30, Fax (03 71) 5 31-31 31, e-mail: gessner@infotech.tu-chemnitz.de, Prof. Wolfgang Manthey, Tel. (03 71) 5 31-34 21, Fax (03 71) 531-35 80, e-mail: wolfgang.manthey@infotech.tu-chemnitz.de oder Prof. Michel Dietzsch, Tel. (03 71) 5 31-22 02, Fax (03 71) 5 31-2201, e-mail: michael.dietzsch@mb2.tu-chemnitz.de
Hinweis für die Medien: In der Pressestelle können Sie zwei rasterelektronische Aufnahmen anfordern, die das Gesamtsystem (Messfühler, Linearantrieb und Messaufbau) sowie eine Vergrößerung der Messspitze zeigen.