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Pressemitteilung vom 07.07.2004

Schüchterne Offenbarungen im Internet

Schüchterne Offenbarungen im Internet
Psychologische Studie zeigt: Besitzer privater Webseiten sind im Durchschnitt eher introvertiert

Wer sich auf seiner persönlichen Homepage im Internet präsentiert, ist nicht automatisch auch selbstbewusst. Psychologen der Technischen Universität Chemnitz haben herausgefunden, dass die Besitzer privater Webseiten vielmehr im Durchschnitt eher schüchtern, häufig gut ausgebildet und fast ausschließlich männlich sind.

In ihrer Studie "Selbstdarsteller oder Menschen wie du und ich?" haben Prof. Dr. Astrid Schütz, Chemnitzer Professorin für Differentielle Psychologie und Diagnostik, und ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter Franz Machilek und Dr. Bernd Marcus knapp 300 Homepage-Besitzer befragt. Ziel war, ihre Intentionen und Persönlichkeitsmerkmale herauszufinden. Überraschenderweise zeigte sich dabei, dass Besitzer privater Homepages im Durchschnitt nicht narzisstischer, dafür aber introvertierter als Vergleichspersonen ohne eigenen Webauftritt sind. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Homepage- Besitzer im sozialen Umgang unsicherer sind, schlechter mit Kritik umgehen können und ein negativeres Selbstbild von sich haben als andere", erläutert Prof. Schütz. "Es ist daher zu vermuten, dass die eigene Webseite für einen Teil der Homepage-Besitzer als Ersatz für Kompetenzen in direkten Kontakten und für die Face-to-Face- Kommunikation dient."

Interessanterweise haben fast ausschließlich Männer Interesse daran, sich einen eigenen Internetauftritt zu basteln - nur 13 Prozent der Befragten sind Frauen. Das Bildungsniveau bei den Homepage- Besitzern ist hoch - knapp 70 Prozent verfügen über Abitur oder einen Hochschulabschluss. Unter den Berufsgruppen liegen die Angestellten und Studierenden mit 33 bzw. 21 Prozent ganz vorn, kaum Interesse an einer eigenen Online-Präsenz zeigen dagegen Arbeiter, Arbeitslose und Rentner. Fast drei Viertel der befragten Webseiten-Besitzer waren zwischen 20 und 40 Jahre alt.

Was steckt dahinter, wenn Menschen ihr Privatleben vor einer derart anonymen Masse ausbreiten? Prof. Dr. Astrid Schütz: "Die Mehrheit der Homepage-Besitzer will sich authentisch darstellen, aber natürlich nicht von der schlechtesten Seite. Also greifen sie häufig auf Fotos zurück, die sie als besonders gelungen empfinden. Inhalte werden stark selektiv und kontrolliert ausgewählt und publiziert."

Für die meisten Homepage-Besitzer spielt es jedoch nur eine untergeordnete Rolle, mittels eigener Webpräsenz einen Partner kennen zu lernen oder Bekanntschaften zu schließen. "Vor allem sollen die Computerkenntnisse verbessert und die eigene Kreativität ausgelebt werden", resümiert Diplom-Psychologe Franz Machilek. "Es zeigt sich, dass beim Bau einer Homepage auch solche Aspekte eine Rolle spielen, die sich nicht vorrangig auf soziale Interaktionen mit anderen beziehen, sondern eher auf die Entwicklung und Erweiterung persönlicher Kompetenzen."

Die Studie wurde im Rahmen der Chemnitzer Forschergruppe "Neue Medien im Alltag" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) durchgeführt. Die ausführlichen Ergebnisse der Untersuchung werden in der im Hogrefe-Verlag erscheinenden "Zeitschrift für Medienpsychologie" (Heft 3/2004) veröffentlicht.

Weitere Informationen gibt Franz Machilek, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Differentielle Psychologie und Diagnostik der TU Chemnitz, unter Telefon (03 71) 531 63 09 oder per E-Mail franz.machilek@phil.tu-chemnitz.de .

Die DFG-Forschergruppe "Neue Medien im Alltag" der TU Chemnitz im Internet: http://www.tu-chemnitz.de/phil/NeueMedien .

Wichtiger Hinweis für die Medien: In der Pressestelle können Sie honorarfrei ein themenbezogenes Foto anfordern (Motiv: Sie analysierten die Homepages von knapp 300 Internet-Nutzern: Dr. Bernd Marcus, Prof. Dr. Astrid Schütz und Dipl.-Psych. Franz Machilek von der Professur Differentielle Psychologie und Diagnostik der TU Chemnitz. Foto: Mario Steinebach).