Pressemitteilung vom 05.10.2009
20 Jahre "Jahrbuch Extremismus & Demokratie"
20 Jahre "Jahrbuch Extremismus & Demokratie"Prof. Dr. Eckhard Jesse von der TU Chemnitz und Prof. Dr. Uwe Backes vom Dresdener Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung analysieren Entwicklungen im politischen Extremismus des vergangenen Jahres
Die demokratischen Verfassungsstaaten sehen sich heute im Weltmaßstab einer Vielzahl diktatorischer Regime gegenüber. Aber auch innerhalb westlicher Demokratien wirkende extremistische Kräfte und Strömungen liefern den Beweis, dass Prinzipien wie Menschenrechte, Toleranz und politischer Pluralismus keineswegs unangefochten sind. Auch wenn der Problematik des politischen Extremismus eine existentielle Bedeutung zukommt, ist ihr die politikwissenschaftliche Forschung vielfach ausgewichen. Das "Jahrbuch Extremismus & Demokratie" will die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Themenkreis fördern. Im Jahr 2009 erschien der 20. Band der Extremismus & Demokratie-Reihe. "Dieses Jahrbuch steht im Zeichen des Doppeljubiläums: 2009 jährt sich zum 60. Mal die Gründung der Bundesrepublik, zum 20. Mal die friedliche Revolution in der DDR, die kurz danach in die deutsche Einheit mündete", so die Herausgeber Prof. Dr. Eckhard Jesse, Professur Politische Systeme, Politische Institutionen der TU Chemnitz, und Prof. Dr. Uwe Backes vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung in Dresden.
Den Schwerpunkt des aktuellen Jahrbuches bildet der politische Extremismus. Die politischen Entwicklungen des Jahres 2008 werden dokumentiert und aufgearbeitet. Darüber hinaus ist es Ziel der Herausgeber, die neu erschienene Literatur des vergangenen Jahres umfassend zu würdigen. Im vorliegenden Band finden sich erneut Haupt- und Kurzbesprechungen, eine Zeitschriftenauslese und ein Verzeichnis der besprochenen Bücher. Die Rubrik "Mitteilungen und Hinweise" versammelt Informationen zur Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen sowie zu zwei Jahrbüchern - zum "Terrorismus" und zur "Liberalismus-Forschung".
"Für Deutschland, das im 20. Jahrhundert massive Brüche und vier große Systemwechsel erfahren hat, sind 60 Jahre Staatswesen keine Selbstverständlichkeit", so Jesse in seiner Analyse "60 Jahre Demokratie in Deutschland". In seiner Untersuchung geht er vor allem auf die Rolle der Parteiendemokratie und des Parteiensystems vor und nach der Deutschen Einheit ein. Dabei arbeitet der Chemnitzer Politikwissenschaftler Stärken und Schwächen der deutschen Parteiendemokratie heraus; der Demokratieschutz kommt dabei nicht zu kurz. "Mit dem Konzept der streitbaren Demokratie hat der Parlamentarische Rat einen Beitrag geleistet, den andere Verfassungsstaaten so nicht gekannt haben und kennen", so Jesses Fazit.
Uwe Backes erörtert die Kehrseite der Medaille: den politischen Extremismus. Sein Beitrag umreißt Entwicklung und Wandel der organisierten politischen Extremismen in den sechs Jahrzehnten nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Die Lage im geteilten und im vereinten Deutschland wird jeweils für die drei Hauptsegmente Rechtsextremismus, Linksextremismus und politisch-religiöser Fundamentalismus gesondert dargestellt. "Die Befürchtungen der Demokratiegründer, dass der Rechts- wie auch der Linksextremismus, sich zu einer existentiellen Gefahr entwickeln könnte, bewahrheiteten sich nicht. Die deutsche Vereinigung hat auf Grund der autokratischen Erblast und der Transformationsfolgen im Osten Deutschlands zu einer Repolarisierung des Parteiensystems geführt", so Backes in seiner Analyse.
Weitere Politikwissenschaftler der TU Chemnitz kommen im aktuellen "Jahrbuch Extremismus & Demokratie" zu Wort: Melani Barlai und Dr. Florian Hartleb, Professur Europäische Regierungssysteme im Vergleich; Dr. Tom Thieme, Professur Politische Systeme, Politische Institutionen, und Prof. Dr. Alfons Söllner, Professur Politische Theorie und Ideengeschichte. Darüber hinaus finden sich im aktuellen Band unter anderem Beiträge der Politikwissenschaftler Dr. Wolfgang Kraushaar aus Hamburg, Dr. Helmut Müller-Engbers aus Berlin, Norman Bock aus Jena sowie des Rostocker Historikers Werner Müller und der Dresdener Publizistin Dr. Susanne Kailitz.
"Das Jahrbuch will bei aller angestrebten Fundiertheit auch umfassende Informationen und Impulse für Praktiker wie Politiker, Ministerialbeamte, Sicherheitskräfte und Pädagogen anbieten. Es versteht sich als Diskussionsforum, Nachschlagewerk und Orientierungshilfe zugleich. In den letzten Jahren hat es einen wichtigen Beitrag zur Etablierung der Extremismusforschung geleistet. Mit Band 20 feiert es im Jahr 2009 auch ein kleines Jubiläum", so die Herausgeber im Editorial.
Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Eckhard Jesse, Professur Politische Systeme, Politische Institutionen, Telefon 0371 531-27720, E-Mail eckhard.jesse@phil.tu-chemnitz.de.
Bibliographische Angaben: Eckhard Jesse/Uwe Backes (Hrsg.): Jahrbuch Extremismus & Demokratie, 20. Jahrgang 2008, Baden-Baden 2009, 486 Seiten, Nomos Verlag, ISBN 978-3832944520, 49 Euro.