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Pressestelle und Crossmedia-Redaktion
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Pressemitteilung vom 24.04.2014

Spagat zwischen Brandbekämpfung und Erster Hilfe

Soziologin untersuchte in ihrer Masterarbeit an der TU Chemnitz die Vereinbarkeit der Berufsfelder Feuerwehr und Rettungsdienst - Mehrbelastung ist "nicht zu unterschätzen"

Profifußballer, Polizist oder Pilot wollen viele kleine Jungen werden - oder Feuerwehrmann. Wer später tatsächlich bei einer Berufsfeuerwehr arbeitet, trägt häufig zwei Einsatzkleidungen. In vielen deutschen Städten muss die Berufsfeuerwehr bis zu 25 Prozent des städtischen Rettungsdienstes abdecken. Seit 1996 ist deshalb die Qualifikation zum Rettungssanitäter fester Bestandteil der Brandmeisterausbildung. Häufig wechseln die Feuerwehrleute innerhalb eines 24-Stunden-Dienstes zwischen Löschschlauch und Infusionskanüle, zwischen Brandbekämpfung und Erster Hilfe. Die Vereinbarkeit dieser beiden Berufsfelder untersuchte Stefanie Tschieter in ihrer Masterarbeit im Studiengang Soziologie an der Technischen Universität Chemnitz. Betreut wurde sie von Prof. Dr. G. Günter Voß, Inhaber der Professur Industrie- und Techniksoziologie.

Zehn Probandeninterviews, zwei Experteninterviews und eine teilnehmende Beobachtung im Feld, bei der die Studentin einmal eine 12-Stunden-Schicht im Rettungsdienst und einmal einen 24-Stunden-Dienst bei der Feuerwehr absolvierte, sind die Grundlage der Untersuchung bei einer ostdeutschen Berufsfeuerwehr. "Im Rettungsdienst ist die Einsatzfrequenz im Vergleich zur Feuerwehr wesentlich höher", erklärt Stefanie Tschieter und verdeutlicht: "Während in der Feuerwehr durchschnittlich maximal drei Einsätze innerhalb einer Schicht zu erwarten sind, können es im Rettungsdienst zehn und mehr sein." Da jede Berufsfeuerwehr ein eigenes Dienstsystem hat, gibt es viele Möglichkeiten des Personaleinsatzes. Eine Variante ist der geteilte 24-Stunden-Dienst, bei dem die Einsatzkräfte zuerst zwölf Stunden Feuerwehrdienst und anschließend zwölf Stunden Rettungsdienst oder umgekehrt absolvieren. Darauf folgt ein 48-stündiges Dienstfrei. "Die Feuerwehrleute müssen die beiden eigenständigen Berufe innerhalb einer Schicht dauerhaft miteinander vereinbaren. Das ist eine große Herausforderung", so Tschieter, die die beiden Berufsfelder beschreibend gegenüber gestellt hat und festhält: "Es handelt sich um zwei Berufe, die sehr unterschiedliche Anforderungen an die Einsatzkräfte stellen."

Jeder Feuerwehrmann muss seinen eigenen Weg finden, die beiden Berufe des Brandmeisters und des Rettungsassistenten miteinander zu vereinbaren. Die Soziologin hat dabei vier Typen der Vereinbarung identifiziert: den "Gefährdeten", den "Polarisierten", den "Entzauberten" und den "Ausgeglichenen". "Die Ansichten dieser Typen über die Verbindung der beiden Berufsfelder reichen von `das ist, also ob man den Gärtner zum Schmied macht´ bis zu `das hat sich ja wirklich so heraus kristallisiert, dass die zwei Sachen richtig super zusammenpassen´", berichtet Tschieter. Der "Gefährdete" ist am stärksten von den Belastungen des Rettungsdienstes betroffen, die Vereinbarkeit ist für ihn schwierig, da er keine Grenzen zwischen den Berufsfeldern ziehen kann. "Durch den zusätzlichen Mangel an Kompensationsmöglichkeiten drohen die Anforderungen für ihn in Überforderung überzugehen", sagt die Absolventin. Eine bewusste Grenze zwischen den beiden Berufen zieht der "Entzauberte". Dadurch kann er die Belastungen des Rettungsdienstes besser kompensieren. War er zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn begeistert im Rettungsdienst tätig, versucht er jedoch nach einiger Zeit, diesem Einsatzfeld zu entfliehen. Er sucht nach beruflichen Alternativen, die sich beispielsweise in der Weiterqualifikation zum Leitstellendisponenten finden. Der Typus, der die beiden Berufe am erfolgreichsten vereinbart, ist der "Ausgeglichene". "Ihm gelingt die Grenzziehung zwischen beiden Feldern, die für ihn zu gleichen Teilen erfüllend wirken, problemlos", sagt Tschieter. Die "Polarisierten" sind in der vorliegenden Untersuchung ausschließlich Einsatzkräfte, die nur die Qualifikation des Rettungssanitäters haben, während die anderen Typen größtenteils Rettungsassistenten sind. "Aufgrund der dadurch bedingten geringeren Verantwortung und der selteneren Wechseldienste ist die innere Verbundenheit zum Rettungsdienst nur schwach ausgeprägt", erläutert Tschieter.

Die Soziologin fasst als Ergebnis ihrer Studie zusammen, dass es möglich ist, die Berufe des Brandmeisters und des Rettungsassistenten zu vereinbaren. "Dafür müssen jedoch seitens der Einsatzkräfte und der Organisation bestimmte Voraussetzungen gegeben sein", sagt Tschieter und führt auf: "Es müssen ausreichend Möglichkeiten zur Regeneration bestehen, sowohl durch Pausen innerhalb der Schicht als auch bei der Erholungszeit nach einem 24-Stunden-Dienst. Des Weiteren sollte nicht jeder Dienst ein geteilter Dienst sein. Feuer- und Rettungswache sollten sich in einem Gebäude befinden - das hilft den Einsatzkräften, den Kontakt untereinander zu pflegen. Die Einsatzkräfte müssen die Möglichkeit haben, ihr Fachwissen sowohl für die Feuerwehr als auch für den Rettungsdienst auf dem bestmöglichen Stand zu halten, also an Weiterbildungen und Übungen teilzunehmen." Und - besonders wichtig: "Sowohl der Umgang und der Respekt unter den Kollegen als auch die Anerkennung durch die Vorgesetzten sind unerlässlich", sagt die Soziologin und fasst zusammen: "Nur wenn diese Bedingungen erfüllt sind, können die Einsatzkräfte die notwendige Motivation und Identifikation für ihren Beruf entwickeln, die letztlich bewirken, dass sie beide Berufsfelder miteinander vereinbaren können."

In der untersuchten Berufsfeuerwehr gebe es Ansätze, die beschriebenen Handlungsmöglichkeiten umzusetzen. "Die Tatsache, dass einige Feuerwehrmänner bereits gefährdet sind, den Anforderungen nicht standhalten zu können, zeigt, dass die derzeitigen Bedingungen verbessert werden müssen. Mit der vorliegenden Untersuchung konnte ich wissenschaftlich nachweisen, dass in vielen Punkten dringender Handlungsbedarf besteht und dass die Mehrbelastung durch den Rettungsdienst nicht zu unterschätzen ist", resümiert Stefanie Tschieter, die die Etablierung des Notfallsanitäters ab Januar 2014 als relevant für künftige Forschungen benennt. Mit der Veränderung des Berufes vom Rettungsassistenten zum Notfallsanitäter verlängert sich die Ausbildungszeit der Einsatzkräfte um ein Jahr, zugleich steigt die zu übernehmende Verantwortung weiter an. Der Kindheitstraum von der blauen Uniform und dem großen roten Auto prallt auf eine sich ständig verändernde Realität.

Kontakt: Stefanie Tschieter, E-Mail stefanie.tschieter@s2007.tu-chemnitz.de