Pressemitteilung vom 15.02.2021
Erfolg für Chemnitzer Galvanotechniker
Konsortium unter wissenschaftlicher Leitung der Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik der TU Chemnitz mit Leipziger Galvanopreis 2021 für robotergestützte Galvanik-Anlage ausgezeichnet
Der Leipziger Galvanopreis 2021 geht an eine Arbeit zur „Prozess- und Elektrolytentwicklung mithilfe einer vollautomatisierten, robotergestützten Galvanikanlage“, die im Rahmen der Initiative „Innovative Elektrochemie mit neuen Materialien – InnoEMat“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) entwickelt wurde.
Preisträger ist ein Konsortium aus der Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik (Leiter: Prof. Dr. Thomas Lampke) der Technischen Universität Chemnitz, der KleRo GmbH Roboterautomation sowie der OTE Oberflächen- & Elektrotechnik Scheigenpflug GmbH. Eine enge Kooperation bestand im Rahmen des Verbundprojekts „REACH-konformer Korrosionsschutz durch Pulse-Plating (ReKoPP)“ zudem zu B+T Oberflächentechnik GmbH, Coventya GmbH, plating electronic GmbH und Prof. Wolfgang Paatsch (Koordinator, ehem. BAM Berlin).
Das Konsortium erhält neben einer Bronze-Statue, einer Urkunde und einer Rezension in der Zeitschrift „Galvanotechnik“ die Möglichkeit, das Thema beim Leipziger Fachseminar vorzustellen.
Automatisierte Entwicklung galvanischer Prozesse
Während eines galvanischen Prozesses werden in einem Galvanik-Bad gelöste Metall-Ionen unter elektrischer Polarisation auf einem Bauteil abgeschieden. Auf diese Weise entstehen metallische Schichten, die sich unter anderem durch eine ansprechende Optik, eine hohe Korrosionsbeständigkeit und/oder eine hohe Verschleißbeständigkeit auszeichnen. Steigende Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit und die ökologische Unbedenklichkeit galvanischer Prozesse sowie an die physiologische Unbedenklichkeit und Leistungsfähigkeit der Beschichtungen erfordern kontinuierliche Neu- und Weiterentwicklungen. In Anbetracht der vielfältigen Einflussgrößen ist dies jedoch mit einem hohen Zeit- und Personalaufwand verbunden.
Kern des ausgezeichneten Projektes ist die ressourcenschonende Prozess- und Bad-Entwicklung in einem vollautomatisierten Galvanik-Prozess. Zur Vermeidung einer aufwändigen Vorgehensweise nach dem Trial-and-Error-Prinzip erfolgt zunächst die Eingrenzung der Rahmenbedingungen für die galvanische Abscheidung mithilfe von physikalischen Berechnungen. Unter Anwendung mathematischer Verfahren wird ein statistischer Versuchsplan erstellt, um den Einfluss der wichtigsten Prozessparameter mit möglichst wenigen Abscheidungsversuchen abzubilden. Die Umsetzung dieses Versuchsplans erfolgt nun vollautomatisiert durch die robotergestützte Galvanikanlage.
Ein einzelner Beschichtungsvorgang umfasst zunächst die Entnahme und Reinigung des zu beschichtenden Körpers, zum Beispiel ein Stahlblech. Anschließend erfolgt die galvanische Beschichtung in einem von insgesamt elf temperierten Bädern bei kontinuierlicher Bewegung des Bleches, um ein gleichmäßiges Beschichtungsergebnis zu erzielen. Nach dem Beschichten wird das Blech in kaskadenartig angeordneten Wasserbädern gründlich gespült, getrocknet, fotografiert und abgelegt. Eine optimierte Prozessführung im Multitasking-Modus ermöglicht mehrere parallele Beschichtungen, sodass kurze Leerlaufzeiten für den Roboter entstehen.
Die Einsatzgebiete der robotergestützten Galvanik-Anlage reichen von der Grundlagenforschung an Forschungseinrichtungen bis hin zur anwendungsorientierten Prozessoptimierung. Diesem breiten Anwendungsprofil wird die Anlage durch ihre Flexibilität gerecht. Die Badgrößen betragen zwischen 0,5 Liter für die chemikalien-sparende Grundlagenforschung und bis zu etwa zehn Liter für die Beschichtung von größeren Stückzahlen.
Die Alterung eines galvanischen Bads wird während des Betriebs durch Sensoren überwacht. Nachdosierungen oder gezielte Änderungen der Badzusammensetzung erfolgen automatisch mithilfe einer Pipettier-Vorrichtung. Für die Stromversorgung der Bäder stehen 18 Stromquellen zur Verfügung, die je nach Bedarf einzeln oder paarweise synchronisiert zugeschaltet werden und sowohl Gleichstrom als auch hochfrequente Strompulse generieren können.
„Neben der erreichten Zeit- und Ressourceneffizienz wird die Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit von Ergebnissen durch die objektivierte Versuchsdurchführung erhöht“, erläutert Professor Dr. Thomas Lampke, und unterstreicht: „Dies ist eine wichtige Voraussetzung für das ‚Machine Learning‘, das zukünftige Innovationen in der mittelständisch geprägten Branche der Galvano-Technik begünstigen und beschleunigen wird.“ Der preisgekrönte Ansatz ist folglich ein wesentlicher Beitrag auf dem Weg zur Industrie 4.0 in der Galvanik-Branche.
Hintergrund: Leipziger Galvanopreis
Mit dem Leipziger Galvanopreis zeichnet die Deutsche Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik e.V. (DGO) Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus, die innovative
anlagen- oder verfahrenstechnische Leistungen,
material-, energieeffiziente oder ökologische Lösungen oder
strategische Unternehmens-/Managementkonzepte
erfolgreich umsetzen konnten.
Weitere Informationen erteilt Roy Morgenstern, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur Werkstoff- und Oberflächentechnik der TU Chemnitz, +49 371 531-32818, E-Mail: roy.morgenstern@...
Hinweis für die Medien: In der Bilddatenbank der TU Chemnitz können Sie themenbezogene Fotos herunterladen.
Motiv: Der Roboter stellt den pH-Wert des Prozessbades über eine Pipette ein, bevor er das nächste Blech aus dem Magazin aufnimmt. Dieser Schritt ist notwendig, weil der pH-Wert Einfluss auf die Schichteigenschaften des Bleches hat und damit zum Beispiel auch auf den Korrosionsschutz. Foto: Julius Nickisch. Link: www.mytuc.org/qpsk