Pressemitteilung vom 18.05.2021
Auszeichnung für Chemnitzer Mathematik
Joseph F. Traub-Prize an Prof. Dr. Tino Ullrich verliehen - Innerhalb der mathematischen Fachcommunity der „Information Based Complexity“ (IBC) eine der höchsten Auszeichnungen
Ein Foto finden Sie hier: https://www.tu-chemnitz.de/tu/aktuelles/2021/1621321764-10712-0.jpg (Foto: Oberwolfach Photo Collection)
Der „Joseph F. Traub- Prize“ ist innerhalb der mathematischen Fachcommunity der „Information Based Complexity“ (IBC) eine der höchsten Auszeichnungen. Gestiftet wird sie jährlich vom US-amerikanischen Informatiker und IBC Pionier Prof. Joseph Traub (Columbia University). Nach seinem Tod 2015 wurde dies von seiner Witwe Pamela McCorduck, einer bekannten Sachbuchautorin zum Thema „Künstliche Intelligenz“, fortgeführt. In diesem Jahr ging die Auszeichnung an Prof. Dr. Tino Ullrich, dem Inhaber der Professur „Angewandte Analysis“ der Technischen Universität Chemnitz. Tino Ullrich erhielt den Preis im Rahmen des von ihm mitorganisierten internationalen Online-Workshops „Sampling Recovery and Related Problems“, welcher vom 3. bis 7. Mai 2021 stattfand.
Die Auszeichnung nahm Prof. Ullrich von Prof. Dr. Novak, Editor in Chief des „Journal of Complexity“ und Vorsitzender des Preiskomitees, entgegen. Der Preis ist mit 3.000 US-Dollar dotiert und ging zu gleichen Teilen an Dr. Mario Ullrich (Johannes-Kepler-Univeristät Linz), Prof. Vladimir Temlyakov (University of South Carolina) und Prof. Dr. Tino Ullrich (TUC).
Die Ehrung resultierte aus einem herausragenden Beitrag Prof. Ullrichs und dessen Arbeitsgruppe im Bereich der Approximationstheorie mit Bezug zur Komplexitätstheorie und dem Maschinellen Lernen. Die spezielle Fragestellung ist fundamentaler komplexitätstheoretischer Natur. Es geht um die optimale Rekonstruktion multivariater Funktionen aus spärlicher Information (few samples). Da in verschiedenen praktischen Anwendungen im Maschinellen Lernen oder der Signalrekonstruktion entweder nur wenige Samples verfügbar sind oder diese nur „teuer“ berechnet werden können, wird versucht deren Anzahl durch geschickte Auswahl von „Messungen“ zu reduzieren. Eine solche Reduktion ist nicht beliebig möglich und durch die Anzahl der Freiheitsgrade im System beschränkt. Prof. Ullrichs Team war es nun gelungen, einen maßgeblichen Fortschritt zu erzielen, indem eine Brücke zu einem berühmten Problem aus der reinen Mathematik (Quantenmechanik/Operatortheorie) geschlagen wurde, der Kadison-Singer Vermutung. Diese Vermutung wurde 2015 durch Marcus, Spielman und Srivastava gelöst. Dadurch konnte gezeigt werden, dass theoretisch weit weniger Samples ausreichen als man bisher annahm, um eine gute Rekonstruktion zu berechnen. Es bleibt eine sehr kleine „logarithmische Lücke“ zur bestmöglichen Schranke und die Frage, ob die Rekonstruktion aus diskreten Samples de facto schwieriger ist als die optimale Rekonstruktion aus den „ersten“ Fourierkoeffizienten der Fourierreihenentwicklung. Mit der Fourierreihenentwicklungen periodischer, abschnittsweise stetiger Funktion wird eine Funktionenreihe aus Sinus- und Kosinusfunktionen bezeichnet. Schneidet man diese ab, erhält man in den meisten Fällen die optimale Approximation.
Beteiligt waren hier zudem Prof. Ullrichs langjähriger Kollege Prof. Vladimir Temlyakov von der University of South Carolina und Moscow State University, der gemeinsam mit Prof. Ullrich auch den aktuellen Online-Workshop organisiert hatte. „Ich habe mich über diese Würdigung meiner Arbeit sehr gefreut und empfinde es persönlich als außerordentliche Ehrung. Natürlich sollte hier der Beitrag der Arbeitsgruppe nicht unerwähnt bleiben. Darüber hinaus gibt es mir weiterhin viel Motivation, die mitunter doch sehr schwierigen mathematischen Fragestellungen anzugehen, denen wir uns in unserer Forschung widmen“, sagt Prof. Ullrich über seinen Erfolg.
Im Rahmen des nun erfolgten Online-Workshops waren auch die ausgezeichneten Ergebnisse von Prof. Ullrich und seinem Team Gegenstand der Diskussion. Teilgenommen hatten international hochrangige Expertinnen und Experten aus der Komplexitäts- und Approximationstheorie. Der Workshop wurde gemeinsam von der TU Chemnitz und der Lomonosov Moscow State University veranstaltet.
Multimedia: In der Podcast-Reihe "TUCpersönlich" spricht Prof. Dr. Tino Ullrich über seine Faszination für Zahlen und welche Herausforderung eine Professur bedeutet: www.mytuc.org/hyly