Raus aus der Grübelfalle
Die Psychosoziale Beratungsstelle der TU Chemnitz und die Psychologische Beratung des Studentenwerks Chemnitz-Zwickau helfen insbesondere Studierenden in Belastungs- und Krisensituationen
Wo finde ich einen neuen Nebenjob und ganz schnell eine Alternative für mein geplantes Praktikum? Schaffe ich den Abgabetermin meiner Hausarbeit? Habe ich ausreichend Zeit für die Prüfungsvorbereitung? Wie geht es nach dem Studienabschluss weiter? Fragen über Fragen – und schon grübelt man über die aktuelle Situation oder die Zukunft und kann sich nur schwer auf das Studium konzentrieren. Und gerade in der Zeit der Corona-Pandemie und der damit oft verbundenen Einsamkeit verstärken sich derartige Gedanken.
Der Beratungsbedarf nimmt in der Pandemie zu
In der Psychosozialen Beratungsstelle der Technischen Universität Chemnitz und bei der Psychologischen Beratung des Studentenwerks Chemnitz-Zwickau häufen sich die Beratungen von Personen, die unter den pandemiebedingten Einschränkungen und Herausforderungen leiden und deshalb Rat suchen. „Die Kontaktbeschränkungen, der Mangel an Aktivitäten außerhalb der eigenen Wohnung, die veränderte Studiensituation und die ständige Präsenz im Home-Office führen oft zu Einsamkeit, ausländische Studierende und Personen mit Migrationshintergrund leiden darunter besonders“, sagt Prof. Dr. Stephan Mühlig, Inhaber der Professur Klinische Psychologie an der TU Chemnitz und Leiter der Psychosozialen Beratungsstelle an der TU. Häufig suchen auch Personen die Beratung, die schon vor der Pandemie unter psychischen Problemen, wie Depression, Angst oder Panik, litten, die sich jedoch unter den pandemiebedingten Einschränkungen verstärkt haben. Wer nicht schnell genug einen Psychotherapieplatz findet, nimmt zur Überbrückung die Beratung in Anspruch. Verstärkten Beratungsbedarf haben auch Personen mit Studienproblemen und -krisen, welche sich schon vor der Corona-Pandemie entwickelt hatten, seitdem aber zunehmen. Dazu zählen Stress, Prüfungsangst und Überforderung sowie eine geringe Strukturierung im Studium.
Seit Anfang des Jahres melden sich in der Psychosozialen Beratungsstelle der Universität etwa acht Personen pro Woche mit Fragen und Anliegen bzw. dem Wunsch, eine psychosoziale Beratung in Anspruch zu nehmen“, berichtet Luise Kuzmowicz von der Beratungsstelle an der TU. „Beim Studentenwerk sind es allein in Chemnitz etwa 18 Ratsuchende pro Monat, die sich bei mir melden“, fügt die psychologische Beraterin Tina Horlitz, Sachgebietsleiterin Soziale Dienste/Kultur im Studentenwerk Chemnitz-Zwickau, hinzu. Die Psychologin hat in den vergangenen Monaten die Erfahrungen gemacht, dass sich immer häufiger Studierende mit Problemen an sie wenden, die im Normalfall nur zu einer leichten Verunsicherung führen. „Jetzt bedarf es in solchen Situationen ein- oder zweimalige Beratungen, um wieder Halt zu bekommen und eigenständig agieren zu können“, so Horlitz. Das könne ein Phänomen einer insgesamt unsicheren Zeit sein, sonst mache sie ähnliche Beobachtungen wie die Beraterinnen und Berater an der Universität.
Von der Einzelberatung per Videokonferenz über Beratungsspaziergänge bis zum „Councellors Chapter“
An der TU Chemnitz finden aktuell die Einzelberatungen vorrangig per Videokonferenz, in wenigen Fällen auch telefonisch statt. Die erste Kontaktaufnahme ist auch per E-Mail möglich. Die Psychologische Beratung des Studentenwerks bietet in der Pandemiephase sogenannte Beratungsspaziergänge an. „Viele Studierende wollen nicht reden, wenn die Familie oder WG-Angehörige zuhören könnten. Wir lösen das durch persönliche Treffen im Freien an von den Beratungssuchenden gewählten ruhigen Orten in Campusnähe“, so Horlitz. Für insbesondere internationale Studierende wurde das „Councellors Chapter“ entwickelt: „Über die Mailadresse psb-chemnitz@swcz.de können sich ratsuchende Studierende einen Telefonberatungstermin vereinbaren. Im Nachgang wird auf sie individuell abgestimmtes Material per Mail zugesendet und es folgt ein nachbereitendes Beratungsgespräch per Telefon“, erläutert Horlitz. Dies solle Hilfe zur Selbsthilfe hinsichtlich eines breiten Themenspektrums leisten, zum Beispiel Lebenskrisen und Leben mit der Corona-Situation, Prüfungs- und andere Ängste, emotionale Instabilität, Einsamkeit, Motivation im Studium, und die zielgerichtete und lösungsorientierte Beschäftigung mit sich selbst unterstützen. Zudem soll es – besonders den internationalen Studierenden – deutsches bzw. englisches Vokabular zur Beschreibung ihrer Innenwelt anbieten.
Gut vernetzt auf dem Gebiet der Psychotherapie
Wichtig für beide Beratungsstellen an der Universität und im Studentenwerk ist, dass immer wieder klar kommuniziert werden muss, dass eine psychologische Beratung kein Ersatz ist für eine Psychotherapie. „Bei Hinweisen auf eine klinisch-relevante Symptomatik vermitteln wir in Wohnortnähe Kontakte zu ambulanten Psychotherapeuten, etwa bei der Psychotherapeutischen Hochschulambulanz der TU Chemnitz, zu stationären Einrichtungen oder beispielsweise zu Selbsthilfegruppen“, sagt Mühlig. Auch die Psychologische Beratung des Studentenwerks Chemnitz-Zwickau arbeitet mit Kooperationspraxen zusammen, die sich zum Teil auf studentische Anliegen spezialisiert haben.
Hintergrund: Psychosoziale Beratungsstelle der TU Chemnitz
Die Psychosoziale Beratungsstelle der TU Chemnitz ist eine professionelle Anlaufstelle für Hilfe- und Ratsuchende in meistens akuten Belastungs-/Krisensituationen mit Problemen unterhalb der diagnostischen Schwelle einer psychischen Störung. Das Angebot richtet sich an alle Studierende sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der TU Chemnitz, aber auch an außeruniversitäre Jugendliche und Erwachsene aus der Region, sofern die Kapazitäten dies erlauben.
Kontakt und weitere Informationen: Luise Kuzmowicz, Nicola Hauptmann und Marlene Schmidt (ab Mai 2021), Telefon 0371 531-28404, E-Mail psb@psychologie.tu-chemnitz.de, https://www.tu-chemnitz.de/psb
Hintergrund: Psychologische Beratung des Studentenwerks Chemnitz-Zwickau
Die Psychologische Beratung des Studentenwerks Chemnitz-Zwickau hilft im persönlichen und vertraulichen Gespräch u. a. bei Krisen im Studium, bei Identitäts- und Orientierungsproblemen, Konzentrationsschwierigkeiten, Prüfungsängsten oder Arbeitsstörungen, Einsamkeit und Kontaktproblemen sowie Partnerschafts- und Beziehungskonflikten.
Kontakt und weitere Informationen: Tina Horlitz, Psychologische Beraterin und Sachgebietsleiterin Soziale Dienste / Kultur im Studentenwerk Chemnitz-Zwickau, Telefon 0371 5628-120, E-Mail psb-chemnitz@swcz.de, https://www.swcz.de/sozialesberatung/beratung/psychologische-beratung/
Mario Steinebach
16.03.2021