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„Ich bin geblieben, weil ich der Stadt und der Universität etwas zurückgeben möchte“

Alumnus Mohamed Amine Bani aus Tunesien hat 2018 erfolgreich den Master-Studiengang Informatik an der TU Chemnitz abgeschlossen und arbeitet als Software-Entwickler – Zusätzlich betreibt er seit einem Jahr ein kleines Restaurant, um der Stadt etwas zurückzugeben

Mohamed Amine Bani stammt aus Tunesien und hat 2018 den Master-Studiengang Informatik an der Technischen Universität in Chemnitz erfolgreich absolviert. Heute arbeitet er als Software-Entwickler bei der Venios GmbH. Dort ist er unter anderem für die Automatisierung von Deployment-, Entwicklungs- sowie Testprozessen sowie die Auslieferung von Softwareupdates und -upgrades zuständig. Doch damit nicht genug. Denn nebenbei betreibt Bani seit Oktober 2021 gemeinsam mit seiner Frau Nouha Ben Salha ein kleines Crêpes-Restaurant im bei Studierenden der TU Chemnitz besonders beliebten Chemnitzer Stadtteil Bernsdorf. Wie es dazu kam und wie er seine Kenntnisse aus dem Studium in die Gastronomie einbringt, hat er im Interview erzählt.

Herr Bani, Sie haben an der TU Chemnitz Informatik studiert und arbeiten hauptberuflich als Software-Entwickler. Vor einem Jahr haben Sie zusätzlich ein kleines Restaurant im Chemnitzer Stadtteil Bernsdorf eröffnet. Wie kam es dazu?

Das hat mich mein Chef auch gefragt. Es ist so, dass mir während des Studiums aufgefallen ist, dass es außer der Mensa nur wenige Orte auf dem Campus gibt, an dem die Studierenden entspannt einen Kaffee trinken und etwas snacken können. Also habe ich mir gesagt: ‚Ich will das gern ändern.‘ Ich finde aber auch generell, dass Chemnitz und Sachsen großes Potential haben, denn man kann hier viel leichter investieren als zum Beispiel in Hamburg oder Bremen, da man deutlich weniger Eigenkapital braucht.

Gab es noch weitere Gründe, die für die Eröffnung Ihres Restaurants gesprochen haben?

Ich komme aus einer traditionellen Unternehmerfamilie. Mein Großvater war schon Großhändler und ich selbst mag sowas auch. Also habe ich mich mit meiner Frau beraten und wir haben festgestellt, dass es in Chemnitz kein klassisches Crêpes-Restaurant gibt. Das liegt auch daran, dass es in Deutschland keine Crêpes-Kultur wie in Frankreich gibt. Aber das kommt mit der Zeit. Der Döner hat sich ja auch erst langsam durchgesetzt und jetzt gibt es ihn fast an jeder Straßenecke. Außerdem bieten wir noch Tacos nach französischer Art an – auch das gibt es in Chemnitz bisher überhaupt nicht, außer bei uns. Wir haben also praktisch keine Konkurrenz. Dazu kommt die Lage in Bernsdorf, die ich sehr gut finde. Wir sind hier mitten im Studentenviertel, nahe bei den Studentenwohnheimen und zusätzlich wird hier in der Straße gerade eine Schule gebaut. Außerdem bieten wir unsere Gerichte noch über einen Lieferservice an.

Sie haben den Master an der TU Chemnitz im Studiengang Informatik abgeschlossen. Kommen die Kenntnisse aus dem Studium auch dem Unternehmen zugute?

Ja. Ich denke wie ein Ingenieur, selbst in der Küche. Ich versuche zu analysieren, welche Probleme die Gastronomie hat, um eine Lösung zu finden, zum Beispiel in Form einer Software. Einerseits, um damit mein eigenes Geschäft zu unterstützen und andererseits, um anderen Gastronomie-Betrieben künftig ebenfalls Software-Lösungen anzubieten.

Sind Sie der Ansicht, dass die Chemnitzer Gastronomie in Sachen Digitalisierung noch Nachholbedarf hat?

Was mir in Chemnitz aufgefallen ist: Die meisten Gastronomie-Betriebe fokussieren sich nicht genug auf digitales Marketing. Nur wenige nutzen sozialen Medien wie Snapchat, Instagram, YouTube, TikTok oder Facebook.  Ich dagegen benutze alles. Zusätzlich denke ich darüber nach, eine KI-basierte App zu entwickeln, die mein Geschäft unterstützt. Die Details dazu kann ich allerdings noch nicht mitteilen. Das Restaurant ist also mehr als nur Tacos und Crêpes. Für mich ist es auch ein Labor, in dem ich an meinen Ideen aus der Software-Entwicklung und  -Anwendung arbeite.

Sie kombinieren also Ihr IT-Know-how aus dem Studium mit der Praxis als Gastronom. Wohin möchten Sie sich auf diesem Weg entwickeln?

Richtig, ich möchte zuerst Erfahrung als Gastronom sammeln und mit meinen Kompetenzen in der Softwareentwicklung kombinieren, um später beispielsweise Software- und Beratungs-dienstleistungen im digitalen Marketing anbieten zu können. Mein Traum ist es ein IT-Beratungsunternehmen in Tunesien zu gründen und damit an Projekten in Deutschland zu arbeiten.

Durch die Corona-Pandemie sind viele Gastronomiebetriebe in Bedrängnis geraten. Wie sind Sie damit umgegangen?

Das ist der Unterschied zwischen Menschen, die das Risiko eingehen, und denjenigen, die es nicht tun. Es war und ist wirklich ein großes Risiko, aber wir haben als Familie diese Entscheidung getroffen. Im schlimmsten Fall verlieren wir ein paar tausend Euro, das ist das Worst-Case-Szenario. Im Best-Case-Szenario ist das Projekt erfolgreich.

Sie sind gebürtiger Tunesier. Wie kam es, dass Sie nach Deutschland gezogen sind?

Ich hätte auch nach Frankreich gehen können, das Studium dort wäre sogar staatlich gefördert worden. Es wäre auch leichter gewesen, da ich französisch spreche. Aber als Kind war meine Tante aus Bremen oft zu Besuch in der Heimat und hat mir Deutschland nähergebracht. Mit ihren Kindern musste ich deutsches Fernsehen schauen (lacht). Später als Erwachsener habe ich mich dann selbst über Deutschland informiert. Bei uns ist bekannt, dass Deutschland eine starke Wirtschaft hat und ein deutscher Abschluss an der Universität sehr angesehen ist. Also habe ich mich für Deutschland entschieden.

Wie war Ihr Start in Deutschland?

Zuerst habe ich in Bremen intensiv Deutsch gelernt und anschließend angefangen, mich auf Plätze in Master-Studiengängen zu bewerben. Bei meiner Recherche habe ich herausgefunden, dass es für ausländische Studierende  einfacher ist, an der TU Chemnitz ein Studium aufzunehmen. Also habe ich mich beworben und wurde angenommen. Zuerst wollte ich nur ein Semester bleiben und wieder zurück nach Bremen gehen. Aber dann hat es mir in Chemnitz ganz gut gefallen und ich habe mich entschieden, hier zu bleiben. Außerdem sind die Lebenshaltungskosten hier viel niedriger als in anderen Städten, sodass man sich voll auf das Studium konzentrieren kann.

Hat Sie die TU Chemnitz bei der Eröffnung des Restaurants unterstützt, beispielsweise im Rahmen des Saxeed-Gründungsnetzwerks?

Hilfe ist natürlich immer gut, in dem Fall habe ich mir das alles aber tatsächlich selbst aufgebaut. Ich kenne aber Saxeed ganz gut und habe bereits für ein anderes Projekt mit dem Netzwerk zusammengearbeitet. Damals ging es um die Entwicklung einer Autismus-App für Kinder.

Wie sieht es aktuell bei Ihnen aus?

Ich könnte mir aktuell gut vorstellen, mit der TU Chemnitz zu kooperieren. Zum Beispiel gibt es in den Informatik-Studiengängen oft Projekte für Studenten. Mit unserem Restaurant könnten wir zum Beispiel ein Projekt im Bereich der Web- und Softwareentwicklung anbieten.

Darüber hinaus könnte ich mir vorstellen, bei Universitätsveranstaltungen einen kleinen Crêpes-Stand aufzubauen, etwa bei der TUCsommernacht oder bei Veranstaltungen zum Semesterbeginn. Eine andere Idee wäre es, bei Le Parisien die Möglichkeit anzubieten, dass Studierende direkt mit der TUC-Card bezahlen, genau wie in der Mensa. Es gibt viele Möglichkeiten.

Sind Sie noch mit der TU Chemnitz verbunden?

Ich liebe die TU Chemnitz. Nachdem ich mit dem Master fertig war, habe ich viele Stellenangebote als Software-Entwickler in München und Hamburg bekommen und hätte dort viel Geld verdienen können. Aber ich bin geblieben, weil ich der Stadt und der Universität etwas zurückgeben möchte. Das Restaurant ist nicht nur für mich gut, sondern auch für die Stadt. Außerdem biete ich allen Studierenden und Azubis 20 Prozent Rabatt bei Bestellungen an. Ich weiß ja, wie schwer man es manchmal als Student mit den Finanzen hat. Wenn jemand in großen Schwierigkeiten ist, dann darf er oder sie sogar kostenlos in meinem Restaurant essen.

Vielen Dank für das Gespräch.

(Die Fragen stellte: Dmitri Lebid)

Matthias Fejes
20.10.2022

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