Verliebt in die Mathematik
Anja Kluge, die an der TU Chemnitz Wirtschaftsmathematik studierte, ist heute als Kalkulatorin beim Chemnitzer Anlagenbauer CAC tätig – der Kontakt zur Universität ist nie abgebrochen
Wenn Anja Kluge über Mathematik spricht, leuchten ihre Augen. Die 37-Jährige Wirtschaftsmathematikerin ist seit mehr als zehn Jahren Kalkulatorin bei CAC (Chemieanlagenbau Chemnitz GmbH), seit 2017 leitet sie hier die Kalkulationsabteilung. Täglich übersetzt sie die wirtschaftlichen und technischen Herausforderungen des Anlagenbaus in die Sprache der Mathematik – mit dem Ergebnis messbarer Angebotspreise und Kostenschätzungen. „Der mathematische Lösungsweg ist dabei am einfachsten“, schmunzelt Anja Kluge. „Die Herausforderung und gleichzeitig meine Freude an der Arbeit liegen darin, die komplexen Zusammenhänge eines Projektes vollständig zu erfassen, um sie schließlich kostenseitig strukturiert und nachvollziehbar abzubilden.“
Das Studium der Wirtschaftsmathematik an der Technischen Universität Chemnitz bot ihr dafür das beste theoretische Rüstzeug. Zu Beginn ihres Studiums widmete sie sich der reinen Mathematik, merkte aber schnell, dass ihr der praktische Bezug zur Wirtschaft fehlte. Innerhalb der ersten zwei Jahre wechselte sie deshalb zum Studiengang Wirtschaftsmathematik und spezialisierte sich auf Unternehmensrechnung und Controlling. Während des Studiums arbeitete Kluge als studentische Hilfskraft an der Professur Unternehmensrechnung und Controlling, hielt unter anderem Übungen für Studierende. Darin war sie nicht unerfahren. „Schon nach dem Abschluss am Wirtschaftsgymnasium habe ich für Abiturienten Nachhilfe in Mathematik gegeben. Kaum vorstellbar, wenn man bedenkt, dass ich in der Grundschule eine 4 in Mathe auf dem Zeugnis hatte“, lacht Kluge rückblickend. Die Option, an der TU Chemnitz für Forschung, Lehre und Promotion zu bleiben, schlug sie aus und entschied sich für die CAC. „Mich hat das Neue und die Herausforderung gereizt“, so Kluge. „Das hat sich aufgrund der Vielfältigkeit, die der Anlagenbau bietet, bis heute nicht geändert.“
Die gebürtige Chemnitzerin pflegt noch immer den guten Kontakt zur Professur Unternehmensrechnung und Controlling, etwa bei der gemeinsamen Betreuung von Masterarbeiten oder bei der Planung eines Praxisvortrages für eine der kommenden Vorlesungen. „Mir ist wichtig, dem fachlichen Nachwuchs zu zeigen, worin die vielen interdisziplinären Einsatzmöglichkeiten der Mathematik in den Natur-, Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften liegen.“ Für ein noch besseres Verständnis gehören auch praktische Erfahrungen. Anja Kluge war selbst während ihres Studiums für sechs Monate bei einem Konzern in Regensburg im Bereich Controlling für Forschung und Entwicklung tätig. Und beim CAC absolvierte sie einen sechswöchigen Aufenthalt auf einer Baustelle, um bereichsübergreifend ein besseres Verständnis der Abläufe zu bekommen. Ihr Tipp an alle Studierenden: „Seid offen für Neues, schaut über den Tellerrand und nutzt alle Angebote, in Studienfächer oder Jobs reinzuschauen.“
Auch wenn Anja Kluge innerhalb der zehn Jahre beim CAC viele Wissenslücken schließen konnte, ist der Lernprozess nie abgeschlossen, wie sie sagt. „Preisschwankungen, Lieferengpässe oder Sanktionen aufgrund der aktuell unsicheren Wirtschaftslage stellen uns bei den Kostenschätzungen vor große Herausforderungen. Teilweise ist es ein Blick in die Glaskugel.“ Diesen beherrscht Anja Kluge jedoch dank ihrer fundierten Ausbildung, der Praxiserfahrung und einem kollegialen Miteinander im Unternehmen sehr gut. Bei aller Ernsthaftigkeit, die das tägliche Projektgeschäft verlangt, kommt bei ihr auch der Spaß nie zu kurz – über einen guten Mathematiker-Witz kann sie immer lachen. Auf Platz 1 liegt aktuell: „Mathematiker sterben nie - sie verlieren nur einige ihrer Funktionen.“
(Autorin: Antje Wappler)
Mario Steinebach
10.02.2023