Woher wissen wir, was real ist?
Prof. Dr. Kay Herrmann von der TU Chemnitz legt Untersuchung über das Verhältnis von Gedanken, Materie und Realität vor – Interview gibt Einblicke in seine persönliche Motiviation und wie er die gesellschaftliche Debattenkultur vor dem Hintergrund von Fake-Science- und Fake-News-Argumenten sieht
In dem Hollywood-Film „Matrix“ ist fast jeder Mensch an Maschinen angeschlossen, die eine Simulation der Welt erzeugen, die sich von der Realität nicht mehr unterscheiden lässt. Das wirft die Frage auf, was Realität überhaupt ist und wie wir das Reale erkennen können. Eine fundamentale Frage, mit der sich u. a. die Philosophie befasst. Eine sehr radikale Sicht, die u. a. im sogenannten „Konstruktivismus“ vertreten wird, ist die, dass im Prinzip alles konstruiert ist. Diese Sichtweise wirft gewichtige Fragen nach allgemeingültigen Werten und dem Verständnis von Wahrheit und Realität auf.
Dass diese Fragen nicht nur akademisch sind, sondern handfeste Auswirkungen auf das öffentliche und private Leben haben, zeigt sich zum Beispiel anhand der Debatte um „alternative Fakten“ im Rahmen der Amtseinführung des damaligen US-Präsidenten Trump oder dem starken Druck auf wissenschaftliche Evidenz im Zuge der Corona-Pandemie und des Klimawandels.
In seinem aktuellen Sachbuch „Was außerhalb meines Geistes ist und was ich davon wissen kann“, beschäftigt sich Prof. Dr. Kay Herrmann, außerplanmäßiger Professor an der Philosophischen Fakultät der Technischen Universität Chemnitz (TUC), mit der Frage, wie man auf etwas schließen kann, das von einem selbst unabhängig ist. Damit ist ganz konkret die Frage nach der Objektivität der Wahrnehmung und damit der Wirklichkeit angesprochen. Also wie „echt“ die Realität ist.
„In meiner Untersuchung vertrete ich die These, dass Wissen mit meiner privaten Perspektive beginnt. Dies eröffnet einen Zugang zum Verständnis des Realen als unmittelbar Erlebbares. Aber auch Gefühle oder Stimmungen sind real“, erklärt Herrmann. Darüber hinaus verstehe er seine Arbeit auch als „Verteidigung des naturwissenschaftlichen Weltbildes gegen die Illusion einer beliebigen Konstruierbarkeit der Welt“ und damit auch gegen Bestrebungen, Wahrheit und Wissenschaft im Sinne von Fake News und Fake Science umzudeuten und der Beliebigkeit preiszugeben.
Im Interview mit TUCaktuell gibt Prof. Herrmann weitere Hintergründe und Details zu seiner Forschung, seinem persönlichen Interesse an der Realitätsforschung und welche Gefahren er für die öffentliche Debatte durch Fake News- und Fake Science-Argumente sieht.
Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Kay Herrmann, Institut für Pädagogik an der Philosophischen Fakultät der TU Chemnitz, Mail kay.herrmann@phil.tu-chemnitz.de
Matthias Fejes
08.11.2023