Zehn Jahre Uni im Gepäck
Informatiker André Lanka vom "Turbo-Student" zum Doktor und Softwareentwickler
Dr. André Lanka Foto: Heiko Kießling |
Die Promotion in Theoretischer Informatik an der TU Chemnitz beinhaltet offenbar ein Seminar zu seelischer Ruhe. Das zumindest könnte man meinen, wenn man André Lanka, unlängst zum Doktor ernannt, in seinem Büro im Dachgeschoss des Universitätsgebäudes besucht. Hier oben scheint er gewissermaßen über den Dingen zu stehen. Doch hinter der ruhigen Fassade verbirgt sich ein äußerst wacher Verstand, der immer wieder auszeichnungswürdige Leistungen hervorbringt.
Bereits sein Informatikdiplom absolvierte der einstige "Turbo-Student" (TU-Spektrum 2/2002) in nur sieben Semestern "Mit Auszeichnung". Mit seiner Doktorarbeit ließ er sich hingegen etwas mehr Zeit. Immerhin sind aber in den vergangenen sechs Jahren neben der Mitarbeiterstelle in der Fakultät für Informatik auch zwei Kinder Teil seines Lebens geworden. "Da teilt man sich seine Zeit natürlich anders ein", so Lanka. Doch das Ergebnis seiner Arbeit zeigt, dass Lanka nicht nur als Sprinter, sondern auch auf lange Distanz ganz vorn dabei ist - denn wieder hieß es "summa cum laude". Das Thema der Arbeit war "Spektrale Algorithmen - Mit Eigenwerten schwierige Probleme lösen". Auch das steht irgendwie über den Dingen und ist wohl zumindest Informatiklaien zu hoch. Lanka befasste sich dabei wie schon in seiner Diplomarbeit mit der Berechnung von Graphen. Diese stellen in der Regel Beziehungen zwischen realen Gegebenheiten dar. Klaus kennt Franz, der wiederum Bärbel kennt, wäre so ein Modell. Auch die Verknüpfungen in Lexika oder Datenbanken, etwa Wikipedia, ließen sich mit Graphen leicht als durch Striche verbundene Punkte darstellen. Was zeichnerisch jedoch recht einfach umsetzbar ist, ist mit Algorithmen oft nur schwer berechenbar. Hier setzt Lankas Programm mit Eigenwerten und Eigenvektoren an. Helfen kann dieser Algorithmus zum einen in Anwendungen, die der Informationssuche dienen, wie etwa dem erwähnten Lexikon. Zum anderen aber auch dort, wo sich mehrere Rechner die Arbeit teilen. Dann nämlich wird es interessant, früh zu wissen welcher Rechenschritt mit welchem verknüpft ist, und diese so zu verteilen, dass möglichst wenige Daten zwischen den Rechnern auf langsamen Leitungen hin und her geschoben werden müssen. Nicht zuletzt sind solche Informationen auch im Chipdesign wichtig.
Hier spätestens glaubt man Lanka, dass er den mathematischen Aspekt seines Faches als Herausforderung immer sehr geschätzt hat. Allerdings gibt er auch zu, dass er versteht, dass Theoretische Informatik nicht immer zu den Lieblingsfächern der Studenten gehört. Das sei eher etwas für Mathematikbegeisterte. Doch neben dem abstrakten Anspruch des Faches hat Lanka schon seit seiner Kindheit gern programmiert - am Rechner der Ingenieurschule, in der sein Vater Informatik unterrichtete. Den praktischen Aspekt vermisst der Informatiker mittlerweile etwas und auch das bevorstehende Zehnjährige seiner Zeit an der TU Chemnitz zeigt ihm, dass es Zeit wird weiter zu ziehen. So beschloss Lanka, sich nach dem Ende des aktuellen Semesters als Softwareentwickler selbstständig zu machen und künftig die Probleme anderer zu lösen. So will er für Unternehmen in der Wirtschaft arbeiten und sieht dabei neben der etwas freieren Zeiteinteilung auch die Möglichkeit, viel zu sehen, zu reisen und zu lernen.
Danach eröffnet er wahrscheinlich einen Eisladen. Programmierer könne man schließlich nicht ewig bleiben. Dazu sei der Job zu anstrengend und zu stark im Wandel. "Man muss praktisch ständig dazu und neu lernen", sagt Lanka. Das fällt ihm sicher irgendwann schwer, auch wenn er das jetzt natürlich nur vom Hörensagen wissen kann. Von der Universität nimmt er in seine neue Tätigkeit auch einiges mit: Da wären zum Beispiel die Techniken und Grundlagen, die Neigung zur Abstraktion und vor allem zum Strukturieren, aber auch Kreativität und die Fähigkeit kritisch - auch selbstkritisch - zu sein. Zudem wird der scheidende Akademiker vielleicht den Universitätspreis der TU Chemnitz mitnehmen, für den Lanka mit seiner Dissertation gerade nominiert wurde.
Weitere Informationen: Dr. André Lanka, E-Mail lanka@informatik.tu-chemnitz.de, http://www.dr-lanka.de
(Autor: Michael Chlebusch)
Katharina Thehos
01.08.2008