Zwischen Campus und Fußballplatz
Wie gelingt der Spagat zwischen universitärer Ausbildung und Halbprofisport? - Studentinnen der TU Chemnitz machen es vor
Nach der Uni auf den Fußballplatz: Carina Linne, Tina Liebold, Doris Härtwig und Franziska Nestler (v.l.) Foto: Anett Stromer |
Vorlesungen, Seminare, näher rückende Prüfungstermine - jeder Student weiß die Hürden, die von Semester zu Semester überwunden werden müssen, um eines Tages den begehrten Studienabschluss in den Händen zu halten. Diese Probleme kennen auch die vier Fußballerinnen Franziska Nestler, Tina Liebold, Doris Härtwig und Carina Linne, Studentinnen der TU Chemnitz. Doch sie unterscheiden sich von "normalen" Studenten. Nach den Vorlesungen gehen sie auf den Fußballplatz, um zu trainieren. Alle vier meistern den Spagat zwischen Universität und Halbprofisport.
Franziska Nestler und Tina Liebold sind Spielerinnen des FC Erzgebirge Aue. Die Vereinsfarbe ist Violett; daher hat der Fußballclub den Spitzname "Veilchen". Franziska Nestler spielt seit der Grundschule Fußball. In ihrem Heimatort Schlettau wurde eine Mädchensportgruppe gegründet; schon nach kurzer Zeit ist sie in die Jungenmannschaft gewechselt. Ihre Karriere beim FC Erzgebirge Aue hat sie mit der C-Jugend begonnen. An der Chemnitzer Universität studiert die Mittelfeldspielerin den Diplomstudiengang Mathematik. "Manchmal ist es schon stressig, zwei bis drei Mal pro Woche zum Training nach Aue zu fahren. Wenn ich um fünf Uhr mit der Uni fertig bin, flitze ich dann schnell zum Wohnheim, setze mich ins Auto und fahre zum Training", berichtet Nestler und fügt hinzu: "Wenn man den nötigen Ehrgeiz und Willen hat, kriegt man Uni und Sport unter einen Hut." Tina Liebold ist über eine Freundin mit dem Frauenfußball in Berührung gekommen. Sie hat ihre Karriere in der Frauenmannschaft des DFC Westsachsen Zwickau begonnen. Vor ca. drei Jahren ist sie zum FC Erzgebirge Aue gewechselt und unterstützt ihre Mannschaft im zentralen Mittelfeld. Seit dem Wintersemester 2007/2008 studiert sie den Bachelorstudiengang Präventions-, Rehabilitations- und Fitnesssport an der TU Chemnitz. "Für mich ist es nicht stressig, Uni und Fußball unter einen Hut zu bringen, da wir ganz selten Hausaufgaben bekommen", berichtet die 19-Jährige. Der Verein unterstützt die beiden Spielerinnen mit einer Aufwandsentschädigung. Solange beide noch an der TU Chemnitz studieren, wollen sie den "Veilchen" treu bleiben.
Doris Härtwig ist seit eineinhalb Jahren Abwehrspielerin beim Chemnitzer Fußballclub (CFC). Schon als Kind hat sie mit den Jungs aus der Nachbarschaft sehr gern Fußball gespielt. Mit 16 Jahren begann sie professioneller Fußball zu spielen: Sie wurde Spielerin beim Herrenhaider Fußballverein. Härtwig ist Studentin der Betriebswirtschaftslehre und Allgemeinen Erziehungswissenschaft an der Chemnitzer Universität. Derzeit schreibt sie an ihrer Magisterarbeit. Als Härtwig noch an Seminaren und Vorlesungen teilgenommen hat, musste sie oft abwägen, zur Uni oder zum Training zu gehen. "Manchmal bin ich eher zum Training gegangen, da es mehr Spaß macht, als in einem Hörsaal zu sitzen", berichtet Härtwig. Eine ihrer Teamkolleginnen ist Carina Linne, Spielerin im zentralen defensiven Mittelfeld bei den himmelblauen CFC-Damen. Linne hat in ihrer Heimat in Niedersachsen mit fünf Jahren mit dem Fußballtraining angefangen. Mit zehn Jahren begann sieTischtennis zu spielen, ihre Fußballerkarriere hat sie unterbrochen. "Mit 23 Jahren habe ich dann wieder angefangen, von null auf 100 Fußball zu spielen", berichtet Linne. "Zuerst spielte ich bei der Universitätssportgemeinschaft, bis ich von einem Probetraining beim CFC hörte", so Linne weiter. Jetzt ist die 26-Jährige seit mehr als drei Jahren in der Frauenfußballmannschaft des CFC. Linne studiert den Magisterstudiengang Politikwissenschaft, Sportwissenschaft und Interkulturelle Kommunikation. "In den letzten Monaten habe ich mich auf das Schreiben meiner Magisterarbeit konzentriert. Ich habe keine Vorlesungen und Seminare mehr besuchen müssen", so Linne. An manchen Tagen hat sie es vorgezogen, zum Training zu gehen, als im Seminarraum zu sitzen. Auch dem Tischtennis ist sie bis heute treu geblieben. Härtwig und Linne wollen auch in Zukunft dem Ballsport treu bleiben - allerdings in unterschiedlicher Hinsicht. "Solange es die körperliche Verfassung zulässt, will ich weiter Fußball spielen", berichtet Härtwig. Auch Linne will sich weiter dem Fußball widmen, allerdings nicht in sportlicher, sondern in wissenschaftlicher Hinsicht.
Beide Vereine freuen sich über Nachwuchs. "Die Tore des Unifußballs stehen gerade Spielern aus kleinen Vereinen offen", weiß Linne. "Interessierte sollten sich trauen, donnerstags in die Turnhalle am Thüringer Weg zu kommen und an einem Probetraining teilzunehmen", so Härtwig weiter.
(Autorin: Anett Stromer)
Katharina Thehos
25.09.2008