Wenn Philosophie Informatik beflügelt
Manuel Möllers Studienkombination ist eine solide Basis für seine heutige Forschungstätigkeit
Aus eigener Kraft die Welt erkunden: TU-Absolvent Manuel Möller während seines Aufenthalts in den USA. Foto: privat |
Manuel Möller studierte von 2001 bis 2006 an der TU Chemnitz und erwarb das Diplom der Informatik und den Magister der Philosophie mit Auszeichnung. Nach Auslandsaufenthalten als Dozent in Ghana und Gastdoktorand in den USA promoviert er derzeit am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Kaiserslautern. Mit ihm sprach Michael Chlebusch.
Wie kam es zu Ihrer Entscheidung, zum Studium nach Chemnitz an die TU zu gehen?
Ich hatte von einem ehemaligen Studenten der TU Chemnitz erfahren, dass man dort Informatik und Philosophie zusammen studieren kann. Diese Kombination hatte mich schon zur Schulzeit gereizt. Außerdem waren in allen anderen größeren Städten schon meine Freunde aus der Schulzeit; ich wollte mal schauen, ob ich auch irgendwo ganz alleine zurechtkomme.
Waren Sie mit Ihrer Wahl zufrieden? Was konnte Sie hier überzeugen, was nicht?
Ich hatte in Chemnitz eine schöne Studienzeit. Der größte Gewinn für mich war, dass ich parallel in Informatik und Philosophie die Abschlüsse machen konnte. Zum einen habe ich im Diplomstudium Informatik mit Vertiefungsgebiet Künstliche Intelligenz und dem Nebenfach Philosophie studiert, was ich extra beantragen musste, aber ohne Schwierigkeiten bewilligt bekam. Daneben konnte ich im damaligen Chemnitzer Modell die Magisterhauptfächer Philosophie und Informatik studieren, für welches mir die Leistungen aus dem Diplomstudiengang anerkannt wurden. Das war ein großes Entgegenkommen der Uni Chemnitz.
Aus meiner Sicht pflegt die Uni Chemnitz - zumindest in der Informatik als ich dort studiert habe - jedoch zu wenige internationale Kontakte. Ich weiß inzwischen von einer Reihe anderer Universitäten, die nach dem Vordiplom zum Teil die Hälfte ihrer Jahrgänge ins Ausland auf gute Partner-Unis schicken und zur gleichen Zeit die gleiche Zahl ausländischer Studenten aufnehmen. Meine bisherigen Erfahrungen sind, dass dieser internationale Austausch und die internationalen Kontakte in der Forschung beinahe unerlässlich, aber auch für eine wirtschaftliche Karriere sehr wichtig sind.
Fiel Ihnen die Entscheidung für ein Studienfach zu schwer, oder fühlten Sie sich durch ein einziges Fach unterfordert?
Ich fand beide Fächer interessant und anspruchsvoll. Nicht, dass ich unterfordert gewesen wäre, aber nur Informatik war mir doch zu trocken. Autodidaktisch - und wahrscheinlich auch ziemlich laienhaft - habe ich nebenbei sowieso immer etwas Philosophie getrieben. Das im Rahmen eines Magisterstudiums zu professionalisieren, war dann der vernünftige nächste
Schritt.
Dabei ist Informatik und Philosophie ja eine eher ungewöhnliche Kombination. Wieso diese?
Künstliche Intelligenz und Philosophie waren für mich schon zur Schulzeit komplementär. Lediglich das Handwerkszeug der Informatik zu verwenden, um zu klären, was Intelligenz ist und wie Maschinen so etwas wie intelligentes Verhalten zeigen können, greift zu kurz. Ich verstehe die Philosophie unter anderem auch als eine Sammlung von intellektuellen Werkzeugen, mit denen man sich dieser Frage widmen kann. Diese Werkzeuge ersetzen die Informatik nicht, sie ergänzen sie. Aktuelle Forschungsthemen wie das Semantic Web zeigen, dass die Philosophie hier sehr konkrete Beiträge in der Informatik liefern kann.
Und dennoch hatten Sie genug Zeit, nebenbei Hobbys zu pflegen? Etwa, mit dem Fahrrad quer durch die Welt zu fahren und am 600 Kilometer langen FichKona Radmarathon teilzunehmen?
Ich überlege mir oft, wie meine Lebenszeit-Bilanz aussähe, wenn ich heute Abend von der Welt verschwinden müsste. Da würde ich mich ärgern, wenn ich nicht maximal viel Zeit mit Themen verbracht hätte, die mich interessieren - wie Informatik und Philosophie - und mit Tätigkeiten, die mir so unmittelbare Zufriedenheit vermitteln, wie wenn ich aus eigener Kraft die Welt erkunden kann. Für mich ist das Rad dafür das perfekte Vehikel.
Was machen Sie zurzeit beruflich?
Ich bin Junior Researcher am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz am Forschungsbereich Wissensmanagement in Kaiserslautern. Im Forschungsprojekt THESEUS MEDICO untersuche ich im Rahmen meiner Dissertation die Frage, wie sich abstraktes Wissen über die Medizin mit Objekterkennungsverfahren für medizinische Bilder kombinieren lässt.
Inwieweit kommen Ihnen Ihre Studienerfahrungen dabei zugute? Hilft die Philosophie?
Die formalen Systeme, die verwendet werden, um Wissen zu repräsentieren, sind zum Teil sehr von der Philosophie und Kognitionswissenschaft her motiviert und aufgebaut. Hier durch das Philosophiestudium einen gewissen Überblick zu haben, ist ein Vorteil.
Multitasking scheint Ihnen zu liegen. Könnten Sie sich vorstellen, zurück an die Uni in Forschung und Lehre zu gehen?
Ein bisschen Lehre mache ich zwar nebenbei immer noch. Unter anderem betreue ich einen Informatik-Diplomanden der TU Chemnitz, der gerade hier am DFKI seine Diplomarbeit schreibt. Mein Hauptinteresse liegt aber in der reinen Forschung. Ich sehe meine Zukunft deshalb im Moment eher an einem außeruniversitären Forschungsinstitut.
Vielen Dank für das Gespräch.
Katharina Thehos
26.09.2008