Ran ans Brett: "Wir spielen Stadtwerke"
Studenten und Mitarbeiter der Chemnitzer Universität sowie Experten der Stadtwerke Chemnitz und des Gründernetzwerkes SAXEED entwickelten ein Unternehmensplanspiel
Kaffee und Taschenrechner sind erlaubt: Bei diesem Brettspiel wird nicht nur gewürfelt. Foto: Stephan Schnorr |
Wirtschaftliche Entscheidungen transparent machen - das wollen Karl Gerhard Degreif, Vorstand der Stadtwerke Chemnitz AG, und Prof. Dr. Friedrich Thießen, Inhaber der Professur Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre der Technischen Universität Chemnitz gemeinsam mit Markus Braun vom südwestsächsischen Gründernetzwerk SAXEED. Der Idee folgend, dass ökonomische Zusammenhänge besonders gut auch spielerisch erlernt werden können, wurde gemeinsam mit einer international zusammengesetzten Gruppe Chemnitzer Studierender das Spiel entwickelt. Das Besondere ist, dass es ohne jede Elektronik auskommt. Es ist ein klassisches Brettspiel. Die notwendigen, relativ einfachen Berechnungen lassen sich auf einem kleinen Zettel erstellen, den beim Spiel jede Gruppe vor sich liegen hat. "Das klassische Brettspiel war uns ganz wichtig. Wenn man die Entscheidungen, die man getroffen hat, physisch vor Augen sieht, prägen sich die Zusammenhänge viel besser ein", so Prof. Thießen.
Ziel des Spiels ist es, ein Stadtwerk über zehn Spielrunden zu steuern und dabei besser zu sein als der Konkurrent. Jede Spielgruppe entscheidet sich für den Bau von Kraftwerken und produziert in der Folge Strom. Dabei geht es vor allem um die Gewinn- und Verlustrechnung. Nebenbei muss die Liquiditätslage ständig im Auge behalten werden. Kreditaufnahme ist nicht gestattet. Die gekauften Kraftwerke spiegeln sich in einem Haufen Spielsteine wieder, welche auf Felder deponiert werden, die die Aktivseite der Bilanz darstellen. Jährlich werden Abschreibungen vorgenommen, welche den Steinhaufen verringern. "Man kann direkt sehen, was man entschieden hat", sagte Markus Braun von SAXEED.
Es müssen die Betriebskosten beachtet werden, auch Rohstoffkosten schlagen zu Buche. Auch die aktuelle Diskussion um Klimaschutzziele fließt ein: Von der Regulierungsbehörde müssen - je nach Kraftwerkstyp - CO2-Zertifikate gekauft werden. Und man muss nicht zuletzt die Preise für den produzierten Strom festlegen, die man von seinen Kunden verlangt. Wenn dann die Entscheidungen des Konkurrenten vorliegen, erkennt man, wie die Nachfrage reagiert. Dann kommt die Stunde der Wahrheit. Die Kontrahenten kalkulieren ihren Absatz, berechnen den Gewinn oder den Verlust und überprüfen die Kassenlage.
"Fast jeder, der das Spiel zum ersten Mal spielt, macht Fehler und erkennt, dass er wichtige Zusammenhänge nicht beachtet hat. In der nächsten Runde kann er dann vielleicht einiges besser machen", berichtet Thießen. Aber auch der Zufall spielt eine Rolle: Plötzlich steigen unerwartet die Gaspreise oder die Entwicklung neuer Technologien führt zu produktiveren Kraftwerken. Durch die Ausführung als Brettspiel werden den Spielern nicht nur die Vorgänge und Entwicklungen auf den Strommärkten konkret vor Augen geführt, der multisensorische Ansatz mit im wahrsten Sinne des Wortes "greifbaren" Ergebnissen erleichtert das Lernen und Verstehen ebenso wie die Diskussion der Spielentscheidungen in der Gruppe.
Das Brettspiel wird künftig bei der Stadtwerke Chemnitz AG eingesetzt. Praktikanten und Auszubildende werden so spielerisch an grundlegende betriebswirtschaftliche und energiewirtschaftliche Zusammenhänge herangeführt.
Weitere Informationen erteilt Markus Braun, Telefon 0371 531 19906, E-Mail markus.braun@wirtschaft.tu-chemnitz.de
Mario Steinebach
26.02.2009