Mehr Überblick für Autofahrer
Interdisziplinäres Zentrum für Fahrerassistenzsysteme der TU Chemnitz entwickelt eine LED-Leiste, die Autofahrer bei kleinstmöglicher Ablenkung bestmöglich informiert
Beim "Tag der offenen Tür" am 8. Januar 2009 erklärte Mathias Keil (r.), Mitarbeiter der Professur Arbeitswissenschaft, Gymnasiasten aus Chemnitz und Annaberg-Buchholz die LED-Leiste, die den Fahrer beispielsweise bei der Früherkennung von Fußgängern bei Nacht oder schlechter Sicht unterstützt. Foto: TU Chemnitz/Wolfgang Thieme |
"In 500 Metern rechts abbiegen", tönt das Navigationsgerät, während im Autoradio Staus verlesen werden und der Bordcomputer vor Glatteis warnt. Hinweise zur Navigation und auf Verkehrszeichen, Nachrichten über Staus, Straßenverhältnisse und Ampelphasen, Unterstützung für einen Spurwechsel und Warnungen vor Fußgängern und Fahrradfahrern im toten Winkel oder am Straßenrand in der Dunkelheit - mit Hilfe von Bordcomputern, Navigationssystemen, Sensoren und Kameras können einem Autofahrer heute zahlreiche Informationen zur Verfügung stehen, die ihm zu einer sicheren Fahrt verhelfen sollen. Doch wie lassen sich all diese Daten darstellen, ohne dass der Fahrer vom Verkehrsgeschehen abgelenkt wird? Mit dieser Frage beschäftigen sich Wissenschaftler der Professuren Nachrichtentechnik, Arbeitswissenschaft sowie Allgemeine und Arbeitspsychologie im Interdisziplinären Zentrum für Fahrerassistenzsysteme (I-FAS) an der TU Chemnitz. Sie haben eine LED-Leiste entwickelt, die am unteren Rand der Frontscheibe angebracht wird und sich über den gesamten frontalen Sichtbereich des Fahrers ausdehnt.
"Bisher werden zur Präsentation visueller Hinweise und Warnungen meistens so genannte Head-Down-Displays eingesetzt, die in der Mittelkonsole, also neben dem Tachometer, integriert sind", erklärt Philipp Lindner, Wissenschaftlicher Mitarbeiter unter Prof. Dr. Gerd Wanielik an der Professur für Nachrichtentechnik, und ergänzt: "Zunehmend werden auch Head-Up-Displays verwendet, bei denen Informationen auf die Frontscheibe projiziert werden." Diese lenken Studien zufolge den Fahrer weniger ab, sind jedoch technisch aufwändig und können bisher nur in einem kleinen Bereich des Fahrerblickfeldes dargestellt werden. Die Vorteile der neu entwickelten LED-Leiste: Sie deckt halbkreisförmig einen Blickbereich von rund 135 Grad ab und ermöglicht dadurch eine Darstellung von Warnhinweisen direkt an der Blickachse zwischen dem Auge des Fahrers und dem Ziel - etwa bei Nacht ein schwer erkennbarer Fußgänger am Straßenrand. Durch ihre Höhe von weniger als zehn Zentimetern werden keine wichtigen Informationen aus dem Verkehrsgeschehen verdeckt.
Die Leiste setzt sich aus neun Modulen zusammen, die jeweils mit 256 Leuchtdioden (LED) bestückt sind. Jede einzelne LED kann 27 Farben und Graustufen in acht Helligkeitsstufen darstellen. Warnhinweise werden in Form von Symbolen eingeblendet; mit der Suche nach den optimalen Symbolen und deren Darstellung beschäftigen sich die Forscher der Professur Arbeitswissenschaft unter Leitung von Prof. Dr. Birgit Spanner-Ulmer. In einer Laborstudie haben die Wissenschaftler des I-FAS unter der Leitung von Prof. Dr. Josef Krems, Professur für Allgemeine und Arbeitspsychologie, das System für die Warnung vor Fußgängern in der Dunkelheit getestet. Auf Basis der Ergebnisse verbessern sie derzeit das optische Design und überarbeiten die Darstellung in einigen Punkten - beispielsweise soll die Position eines Fußgängers durch die Anzeige der Fahrbahnbegrenzung besser abgelesen werden können und die Größe der dargestellten Symbole einen Hinweis auf die Entfernung von Personen zum Fahrzeug erlauben.
"Nach der videobasierten Untersuchung im Labor evaluieren wir die LED-Leiste im Fahrsimulator und im Feld", berichtet Lindner. Dafür steht den Wissenschaftlern vor allem das Versuchsfahrzeug carai der Professur Nachrichtentechnik zur Verfügung. "Um auch Daten über die Aufmerksamkeit des Fahrers mit den Informationen aus dem Fahrzeugumfeld zu fusionieren, setzen wir bei den Untersuchungen unter anderem ein Eye-Tracking-System ein", so Lindner. In dem Versuchsfahrzeug carai, einem VW Touran, arbeiten Bildverarbeitung, Laser- und Radartechnik gemeinsam an der Erfassung und Erkennung der Fahrzeugumgebung. Die Chemnitzer Forscher beteiligen sich mit diesem Fahrzeug auch an Projekten zur verlässlichen Registrierung von Personen im Fahrzeugumfeld. "Die neu entwickelte LED-Leiste stößt vor allem bei Fahrzeugfirmen auf Interesse, die selber in dieser Richtung forschen - beispielsweise Volkswagen und Volvo", berichtet Lindner.
Das Interdisziplinäre Zentrum für Fahrerassistenzsysteme im Internet: http://www.i-fas.de
Weitere Informationen erteilt Philipp Lindner, Telefon 0371 531-35148, E-Mail philipp.lindner@etit.tu-chemnitz.de.
Katharina Thehos
14.01.2009