Wenn die Windschutzscheibe mehr als Durchblick bietet
Nachwuchsforschergruppe der TU Chemnitz wird mit 750.000 Euro gefördert und untersucht Fahrassistenzsysteme für ältere Menschen
Finstere Nacht, strömender Regen - Verhältnisse, die auch für junge Autofahrer unangenehm sind, stellen für Senioren eine noch größere Herausforderung dar. Dass ältere Fahrer trotz körperlicher Einschränkungen in solchen Situationen sicher unterwegs sein können, hat sich eine neue Nachwuchsforschergruppe der Technischen Universität Chemnitz zum Ziel gesetzt. Sechs junge Wissenschaftler aus den Professuren Digital- und Schaltungstechnik, Nachrichtentechnik, Allgemeine Psychologie und Arbeitspsychologie sowie Arbeitswissenschaft widmen sich in den nächsten zweieinhalb Jahren dem Thema "Visuelle Fahrassistenzsysteme zur Kompensation körperlicher Degradation älterer Menschen" (ViFa 65plus). Gefördert wird das Vorhaben mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Freistaates Sachsen in Höhe von rund 750.000 Euro.
"Unser Ziel ist, die Individualmobilität älterer Menschen ab 65 zu unterstützen. Auch Senioren sollen trotz abnehmender körperlicher Leistungsfähigkeit - etwa durch die Einschränkung der Sehleistung - weiterhin auch nachts oder bei schlechten Witterungsbedingungen sicher fahren können", erklärt Prof. Dr. Gangolf Hirtz, Inhaber der Professur Digital- und Schaltungstechnik und Sprecher der Nachwuchsforschergruppe. Dies spiele vor dem Hintergrund des demografischen Wandels vor allem in ländlichen Gebieten eine immer größere Rolle. Die Wissenschaftler untersuchen, ob eine kontaktanaloge Einblendung von Fahrbahnmarkierungen in die Windschutzscheibe die Verkehrssicherheit älterer Fahrer erhöht. Dabei werden zusätzliche Informationen im Sichtfeld des Fahrers dargestellt. Diese und die reale Szenerie überdecken sich. "Das Prinzip der kontaktanalogen Einblendung gibt es heute in der Praxis noch nicht. Wir simulieren die Funktionsweise in einem Testaufbau", so Hirtz. Außerdem ist eine Nachstellung im Testfahrzeug Carai der Professur Nachrichtentechnik geplant. Die Nachwuchsforschergruppe wird Erkenntnisse erarbeiten, ob die Entwicklung eines solchen Fahrassistenzsystems lohnenswert ist.
"Das Projekt leistet auch einen wichtigen Beitrag für die Zukunftsfähigkeit der sächsischen Automobilwirtschaft", sagt Hirtz und erklärt: "Sächsische und vor allem Chemnitzer Unternehmen haben einen großen Anteil an der Entwicklung von Fahrassistenzsystemen in Deutschland. Mit zukunftsträchtigen Ideen und Untersuchungen können wir weitere Anstöße für diese Branche geben." In dem Projekt arbeiten Ingenieur- und Humanwissenschaftler fachübergreifend zusammen und beziehen ältere Fahrer ab 65 Jahren ein. Geplant ist auch eine Zusammenarbeit mit dem Geriatrienetzwerk Sachsen, das vom Sächsischen Sozialministerium initiiert wurde.
Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Gangolf Hirtz, Telefon 0371 531-24330, E-Mail g.hirtz@etit.tu-chemnitz.de.
Katharina Thehos
10.10.2011