Passen Moral und Wirtschaft zusammen?
Josef Arweck untersuchte in seiner Dissertation an der TU Chemnitz den Zusammenhang von gesellschaftlicher Verantwortung und der Reputation von Unternehmen
"Es ist und bleibt die primäre Aufgabe der Wirtschaft, Güter und Dienstleistungen bereitzustellen sowie Profite zu machen. Doch ist dabei ein anständiges Verhalten gegenüber Mitarbeitern, Lieferanten und der Umwelt geboten - zum eigenen Vorteil der Unternehmen", sagt Dr. Josef Arweck, der an der Technischen Universität Chemnitz im Fach Politikwissenschaft promoviert wurde. In seiner Dissertation beschäftigte er sich mit dem Thema "Gesellschaftliche Verantwortung und Reputation von Unternehmen. Eine theoretische und empirische Analyse". Arweck ist als Leiter der Internen Kommunikation bei Porsche tätig. Betreut wurde die mit "magna cum laude" bewertete Arbeit von Prof. Dr. Gerd Strohmeier, Inhaber der Professur Europäische Regierungssysteme im Vergleich. "Die Dissertation von Josef Arweck ist eine hoch interessante, praxisrelevante und interdisziplinär angelegte Arbeit, die sich unter anderem im Schnittfeld der Politikwissenschaft und der Kommunikationswissenschaft bewegt. Durch ihre strikte Praxisorientierung passt sie hervorragend zur Ausrichtung meiner Professur", sagt Strohmeier und ergänzt: "Es freut mich sehr, dass Personen in führenden Funktionen aus der Praxis hier promovieren und dabei zu einem äußerst wertvollen Gedankenaustausch beitragen." Die Dissertation ist im Cuvillier Verlag erschienen. "Der Wettbewerb zwischen Unternehmen nimmt zu - als einziges Unterscheidungsmerkmal bleibt der gute Ruf einer Marke, die Reputation", sagt Arweck und ergänzt: "Früher erwartete man von den Unternehmen qualitativ hochwertige Produkte. Heute stehen sie auch in der Verantwortung für saubere Herstellungsprozesse, Klimaschutz und Sozialstandards an den einzelnen, weltweit verteilten Produktionsstandorten - und das nicht nur in den eigenen Werken, sondern auch denen der Zulieferbetriebe und deren Lieferanten und Sublieferanten. Moralische Korrektheit wird zunehmend zum Kaufargument."
Um den Status quo des Themas in der deutschen Wirtschaft zu untersuchen, befragte Arweck die Kommunikationsverantwortlichen der insgesamt 160 Unternehmen, die in den Aktienindizes DAX, SDAX, MDAX und TecDAX gelistet sind. "Die Resonanz war mit einem Rücklauf von 43 Prozent sehr zufriedenstellend. Gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, heißt für die Befragten in erster Linie, mit den eigenen Mitarbeitern verantwortungsvoll umzugehen. Danach folgt, nach ethisch-moralischen Werten zu handeln und Verantwortung für die Region und den Standort zu zeigen", berichtet Arweck und ergänzt: "Die Motivation dafür ist zweigeteilt: Zum einen geht es darum, den Unternehmenserfolg zu sichern, Mitarbeiter zu motivieren, die eigene Reputation zu verbessern. Zum anderen gibt es eher idealistische Gründe wie Tradition, Unternehmenskultur und Moral." Die Analyse zeige auch, dass die Kommunikationschefs das Potenzial unternehmerischer Verantwortung erkannt hätten. Nichtsdestotrotz würden in der Realität weiter Spenden und Sponsoring dominieren. "Der strategische Fokus, Verantwortungsübernahme mit wirtschaftlichen Vorteilen zu verbinden, ist in der Praxis noch unterentwickelt. Deutlich wird aber, dass weniger ein Erkenntnis- als ein Umsetzungsproblem vorliegt", so Arweck. Moral und Wirtschaft passen jedenfalls - so ein Ergebnis der Dissertation - durchaus zusammen.
Echte Verantwortung könne ein Unternehmen jedoch nur in seinem Kerngeschäft und entlang seiner Wertschöpfungskette wahrnehmen. "Verantwortungsübernahme als Marketing-Gag zu inszenieren, kann im Einzelfall die Markenidentität stärken, greift aber zu kurz. Mangels Glaubwürdigkeit kann es sich für Unternehmen sogar kontraproduktiv entwickeln", so Arweck. Die Verantwortungsübernahme entlang der eigenen Wertschöpfungskette beginnt beim Einkauf mit einem fairen, kooperativen Umgang mit Lieferanten über eine umweltfreundliche Logistik und eine ressourcenschonende Produktion bis hin zum Vertrieb und Kundendienst.
"Aufgrund einer hohen Unzufriedenheit mit bestehenden Ansätzen zur Evaluation von Kommunikationsarbeit zeigte sich bei den befragten PR-Chefs eine große Aufgeschlossenheit gegenüber einem neuen Instrument. Mehr als 60 Prozent von ihnen halten Reputation dabei für eine sinnvolle Mess- und Steuerungsgröße", so Arweck. Er hatte es sich in seiner Dissertation zum Ziel gesetzt, ein Instrument zu entwickeln, das Reputation ermitteln kann und Aufschluss über das Zustandekommen gibt. Dazu verwendete er Indikatoren für die Reputation, die in der DAX-Umfrage auf Zustimmung gestoßen waren. Untersuchungsgegenstand für den Praxistest des Instruments war die Initiative Perspektive-Deutschland. An dieser zweiten Befragung beteiligten sich 64 von 163 kontaktierten Journalisten. Überprüft wurden die Ergebnisse durch eine quantitative und qualitative Medienresonanzanalyse. "In methodischer Hinsicht erfüllt das Instrument die von den PR-Chefs genannten Anforderungen. Es hat sich - nicht zuletzt dank der Bestätigung durch die Medienresonanzanalyse - als geeignet für die praktische Nutzung in der Kommunikationsarbeit erwiesen", so Arweck.
Bibliographische Angaben: Arweck, Josef: Gesellschaftliche Verantwortung und Reputation von Unternehmen. Eine theoretische und empirische Analyse, Göttingen 2011. 396 Seiten, Cuvillier Verlag, ISBN 978-3-869-55903-2, Preis: 57 Euro.
Weitere Informationen erteilt Dr. Josef Arweck, E-Mail arweck@web.de.
Katharina Thehos
13.12.2011