Ingenieurland Sachsen in Gefahr
Die Technischen Universitäten des Freistaates fordern als Voraussetzung für deren nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit eine weitgehende Autonomie der Hochschulen in Finanzfragen, Personalangelegenheiten und bezüglich der Organisationsstrukturen
Prof. Dr. Klaus Jürgen Matthes, Rektor der TU Chemnitz, Prof. Dr. Hermann Kogenge, Rektor der TU Dresden, und Prof. Dr. Carsten Drebenstedt, Prorektor für Forschung der TU Bergakademie Freiberg, (v.l.) stellten sich während der Pressekonfernenz an der TU Dresden den Fragen der Journalisten. Foto: Mario Steinebach |
(Gemeinsame Presseerklärung der TU Dresden, der TU Chemnitz und der TU Bergakademie Freiberg)
Eine erste Auswertung der Ergebnisse der Exzellenzinitiative zeigt, dass insgesamt in den klassischen ingenieurwissenschaftlichen Bereichen sehr wenige Anträge erfolgreich waren. Dies trifft auch auf die Anträge der drei Technischen Universitäten in Sachsen zu. Damit stellt sich die Frage, welche Bedeutung den klassischen Ingenieurwissenschaften künftig beigemessen wird. Darüber hinaus ist das Abschneiden der ostdeutschen Universitäten insgesamt unbefriedigend.
Die Ursachen dafür, dass kein Antrag der drei Technischen Universitäten Sachsens für Exzellenzcluster und Graduiertenschulen in den klassischen ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen in die engere Wahl kam, liegen auch in den vom Freistaat vorgegebenen Rahmenbedingungen, die nach Auffassung der Technischen Universitäten kritisch unter die Lupe genommen und intensiv diskutiert werden müssen.
Die Rektoren der drei Technischen Universitäten Sachsens fordern deshalb die Sächsische Staatsregierung auf, schnellstmöglich die Novellierung des Sächsischen Hochschulgesetzes auf den Weg zu bringen und damit Rahmenbedingungen zu schaffen, die die nationale und internationale Konkurrenzfähigkeit der Ingenieurwissenschaften im Freistaat sichern und damit gleichzeitig die Chancen in der zweiten Bewerbungsrunde im Rahmen der Exzellenzinitiative erhöhen.
In der Koalitionsvereinbarung der Sächsischen CDU und SPD heißt es: "Die Koalitionspartner wollen Forschungsleistungen auf Spitzenniveau, die sich im weltweiten Wettbewerb um Investoren und kluge Köpfe behaupten können." Auf ihrer gemeinsamen Pressekonferenz in Dresden bekräftigten die Rektoren der drei Technischen Universitäten, dass sie diesen Anspruch von CDU und SPD voll unterstützen und die Umsetzung einfordern.
Voraussetzung für die nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit ist aus Sicht der Technischen Universitäten Sachsens weitgehende Autonomie der Hochschulen in Finanzfragen, Personalangelegenheiten und bezüglich der Organisationsstrukturen.
Konkret müssen dafür kurzfristig folgende Punkte umgesetzt werden:
1. Den Hochschulen sind Globalhaushalte zur eigenen Bewirtschaftung zuzuweisen. Die Stellenplanbindung ist aufzuheben. Um Planungssicherheit zu erhalten, sind mehrjährige Pakte mit der Landesregierung vorzusehen. Die Möglichkeit, wirtschaftliche Unternehmen errichten, übernehmen oder sich daran beteiligen zu dürfen, ist den Hochschulen einzuräumen. Der Modellversuch zur ergebnisorientierten Selbststeuerung an der TU Dresden sollte aufgrund nachgewiesener Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit sofort in den Dauerbetrieb überführt und auf alle Hochschulen ausgeweitet werden.
2. Zuständigkeiten in Personalangelegenheiten sind den Hochschulen zu übertragen. Dies betrifft insbesondere die Dienstvorgesetzteneigenschaft und die Zuständigkeit für Berufungsverfahren.
3. Die Übertragung von Zuständigkeiten in Grundstücks- und Bauangelegenheiten an die Hochschulen, die Bauherreneigenschaft ist zu ermöglichen.
4. Den Hochschulen sind Möglichkeiten zu eröffnen, eigene Einnahmen zu erzielen und diese für die Erledigung ihrer Aufgaben verwenden zu können.
5. Wie in fast allen anderen Bundesländern sind auch in Sachsen unverzüglich rechtliche Voraussetzungen zur adäquaten Umsetzung der Nachwuchsförderung über Juniorprofessuren zu schaffen.
6. Die Hochschulen müssen sowohl ihre Binnenorganisation als auch die Gestaltung ihrer internen Steuerung selbst bestimmen können.
7. Zur Weiterentwicklung des Hochschulwesens insgesamt ist den Hochschulen durch eine Öffnungsklausel im Sächsischen Hochschulgesetz die Möglichkeit einzuräumen, entsprechend ihrer speziellen Bedürfnisse und ihrer Profile in eine andere Rechtsform überführt zu werden.
8. Seitens der drei Technischen Universitäten wird eine Festsetzung des Besoldungsdurchschnitts auf höherem Niveau erwartet. Der vom SMWK benannte voraussichtliche Besoldungsdurchschnitt für Professoren behindert die Hochschulen, Spitzenwissenschaftler zu gewinnen. Mit dem benannten Wert liegt Sachsen hinter Sachsen-Anhalt bundesweit auf dem letzten Platz.
Die Forderungen der Technischen Universitäten in Sachsen nach einer modernen Hochschulpolitik sind kein Selbstzweck. Nur wenn die Bedingungen im Freistaat so gestaltet werden, dass die Technischen Universitäten im nationalen und internationalen Wettbewerb erfolgreich agieren können, können sie den gesellschaftlichen Auftrag zur Entwicklung der Wissenschaften durch Forschung, Lehre und Weiterbildung für den Freistaat Sachsen auch künftig optimal erfüllen. Wird die Novellierung des Sächsischen Hochschulgesetzes nicht schnell genutzt, die Hochschulen wieder konkurrenzfähig zu machen, dann ist der traditionell gute Ruf des Ingenieurstandortes Sachsen ernsthaft in Gefahr.
Mario Steinebach
27.01.2006