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Identität - Autonomie - Unabhängigkeit

Zu Besuch in Chemnitz: Flämischer Politikwissenschaftler brachte das politische System Belgiens näher und zog dabei Parallelen zu anderen Regionen in der Europäischen Union

Regierungslehre aus erster Hand: Im Rahmen der von Prof. Dr. Gerd Strohmeier (Professur Europäische Regierungssysteme im Vergleich) angebotenen Vorlesung "Regierungssysteme im Vergleich" referierte der flämische Politikwissenschaftler Dr. Dirk Rochtus am 17. April 2014 über sein Heimatland und die jüngsten Autonomiebestrebungen. Dabei verdeutlichte der ehemalige externe Berater des Europarates und Vize-Kabinettchef des flämischen Regionalministers für Auswärtige Angelegenheiten die Komplexität und Einzigartigkeit des belgischen Regierungs- und Parteiensystems. So müsse die Aufteilung des Landes in einerseits Regionen und andererseits Gemeinschaften beachtet werden. Diese zwei föderalen Entitäten seien partikular zu betrachten, denn die "Regionen", die das Land nach territorialen Gesichtspunkten unterteilen, entsprechen keineswegs gleichzeitig den "Gemeinschaften", die dagegen die Bevölkerung Belgiens in französisch-, niederländisch- oder deutschsprachige Kollektive einteilt. "Dabei ist Belgien kein zwei- oder dreisprachiges Land, sondern vielmehr ein Land mit zwei oder drei Sprachen", so Rochtus weiter. In seinen Ausführungen beantwortete er die - von einem Studierenden gestellte - "Moreno"-Frage, bei der es um die subjektive Wahrnehmung der regionalen bzw. nationalen Identität eines Einzelnen geht.

In seinem Vortrag gab Dr. Rochtus weiterhin Einblicke in die Wirtschaft, Weltanschauung und die Parteienlandschaft der Gebiete Flandern, Wallonien und Brüssel. Außerdem offenbarte er den anwesenden Studierenden seine persönliche Einschätzung zur Zukunft Belgiens und zog dabei immer wieder einen Vergleich zu Schottland und Katalonien. Es habe sich durchaus eine gewisse Instabilität des Nationalstaats in Folge der hohen Souveränität der einzelnen drei Teilgebiete Belgiens entwickelt. Dadurch könne eine Zunahme der Wählerstimmen für rechtsgerichtete Parteien und somit auch des Zuspruchs für sogenannte Separatisten, die eine Aufsplitterung Belgiens anstreben, verzeichnet werden. Doch die Bevölkerung identifiziere sich mehrheitlich mit Belgien und biete damit den Radikalen keine Grundlage für die Durchsetzung ihrer Bestrebungen. Es sollte jedoch abgewartet werden, wie die Regional-, Föderal- und Europawahlen am 25. Mai ausgehen. Abschließend resümierte Rochtus, dass sich Flandern durch eine ähnlich starke Autonomiebewegung wie Schottland und Katalonien auszeichnet, die Unabhängigkeitsbestrebungen dieser beiden Regionen jedoch wesentlich stärker als in Flandern ausgeprägt sind.

(Autoren: Markus Lorenz und Carolin Wunderlich)

Katharina Thehos
17.04.2014

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