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Handbewegungen aus sprachwissenschaftlicher Perspektive

Prof. Dr. Ellen Fricke, Inhaberin der Professur Germanistische Sprachwissenschaft, etabliert die Gestenforschung an der TU Chemnitz – Weiterbildungsangebote für Studierende und Wissenschaftler

  • Prof. Dr. Ellen Fricke war als Gestenexpertin beim „Mercedes-Benz Future Talk“ zu Gast. Foto: Mercedes Benz

Ein Wink mit der Hand und das fahrerlose Auto bleibt stehen; ein Fingerzeig und der Roboterarm ändert seine Bewegung – in den Forschungsabteilungen von Automobilkonzernen geht es aktuell immer häufiger um die Frage, wie sich die Menschen künftig mit autonomen Fahrzeugen und Robotern verständigen können. Das war auch das Thema des „Mercedes-Benz Future Talks“, zu dem im Juli 2014 unter anderem Prof. Dr. Ellen Fricke als Expertin eingeladen war. Die Inhaberin der Professur Germanistische Sprachwissenschaft der Technischen Universität Chemnitz traf dort auf Roboterforscher und Psychologen sowie Mitarbeiter der Konzernforschung.

„Wenn man Gesten als eine Möglichkeit betrachtet, mit autonomen Maschinen und fahrerlosen Autos in Zukunft zu kommunizieren, dann ist es natürlich sinnvoll, bei den menschlichen Gesten des Alltagsgebrauchs anzusetzen. Aber wie soll eine Maschine unterscheiden, ob die Geste sich an einen anderen Menschen wendet oder ob sie sich an die Maschine wendet? Das ist ein großes Problem“, umreißt Fricke ein Thema, das bei der Veranstaltung in Berlin diskutiert wurde. „Das heißt, man muss darüber nachdenken, ob man nicht künstliche Gesten schafft. Wie wirken dann aber wiederum solche Konstruktgesten zurück auf die zwischenmenschliche Kommunikation?“, so die Chemnitzer Wissenschaftlerin weiter. Prof. Fricke betont, dass nicht nur ein Lexikon der Robotergesten gebraucht werde, sondern als allererster Schritt eine umfassende digitale Datenbank menschlicher Gesten des Alltagsgebrauchs. „Diese kann als Ausgangpunkt für eine Konstruktion von Gesten dienen, die sich an autonome Roboter richten“, so Fricke. Das Echo auf den Future-Talk habe gezeigt, dass diese Themen brandaktuell und stark nachgefragt sind.

„Das Forschungsfeld der multimodalen Kommunikation ist erst vor etwa 15 Jahren aufgekommen und in den vergangenen fünf Jahren exponentiell gewachsen. Es gibt inzwischen einen sehr großen Bedarf, aber nur wenig Expertise“, sagt Fricke. In Deutschland gebe es nur vier Standorte, an denen Gestenforschung mit sprachwissenschaftlicher Perspektive betrieben wird. „Einer davon ist Chemnitz, wo wir gerade dabei sind, Gestenforschung als Bestandteil einer umfassenden `Arbeitsstelle Sprechwissenschaft – Gestenforschung – Praktische Rhetorik´ zu etablieren“, so Fricke. Diese ist am Institut für Germanistik und Kommunikation angesiedelt und stärkt das universitäre Forschungsschwerpunktfeld „Faktor Mensch in der Technik“. Die Germanisten arbeiten dabei multidisziplinär zum Beispiel mit Wissenschaftlern der Fakultät für Maschinenbau zusammen.

Die Aktivitäten des Arbeitsstellenteils Gestenforschung reichen von Lehrveranstaltungen über Forschungsprojekte bis zur wissenschaftlichen Weiterbildung. „Studierende werden im Rahmen bestehender Curricula theoretisch und empirisch in die Analyse von Hand- und Körperbewegungen eingeführt. Außerdem bilden wir interne und externe Wissenschaftler nach Bedarf in Gesten- und Interaktionsanalyse aus“, sagt Dr. Jana Bressem, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur Germanistische Sprachwissenschaft, die zum Beispiel am 4. und 5. August 2014 eine Weiterbildung unter dem Titel „Praktische Einführung in die linguistische Gestenforschung“ geleitet hat. Diese richtete sich an Wissenschaftler und Studierende gleichermaßen.

Bereits seit Mai und noch bis Oktober 2014 läuft zudem ein wissenschaftliches Weiterbildungsangebot an der Moscow State Linguistic University, bei dem Dr. Bressem einen E-Learning-Kurs zum Thema „Introduction to ELAN: Eudico Linguistic Annotator“ durchführt, in dem Studierende in den Umgang mit einer Software eingeführt werden, die speziell für die Analyse von Körperbewegungen entwickelt wurde. Doch die Sprachwissenschaftler setzen auch noch frühzeitiger an: Seit 2013 gehört ihr Vortrag „Verstehste die Geste?“ zum Repertoire des „Tags der offenen Tür“, bei dem Studieninteressenten adressiert werden.

Weitere Informationen zur Gestenforschung an der TU Chemnitz: http://www.tu-chemnitz.de/phil/ifgk/germanistik/gestenforschung

Kontakt: Prof. Dr. Ellen Fricke, Telefon 0371 531-32895, E-Mail ellen.fricke@phil.tu-chemnitz.de, und Dr. Jana Bressem, Telefon 0371 531-32992, E-Mail jana.bressem@phil.tu-chemnitz.de

Katharina Thehos
07.08.2014

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