Alles live: Abstimmung und Umfragen im Hörsaal
Professur für E-Learning und Neue Medien interagiert in der Vorlesung mit Hilfe von Audience Response Systemen mit dem Publikum
Prof. Dr. Günter Daniel Rey, Inhaber der Professur für E-Learning und Neue Medien an der Technischen Universität Chemnitz, sucht in seinen Vorlesungen die Interaktion mit den Zuhörern. Für Live-Abstimmungen nutzt er ein sogenanntes Audience Response System, das seine Präsentationssoftware mit den Smartphones, Tablets oder Notebooks seiner Zuhörerinnen und Zuhörer vernetzt. Für „Uni aktuell“ erläutert er den Einsatz dieser neuen Werkzeuge.
Warum haben Sie entschieden, während Ihrer Lehrveranstaltungen Live-Umfragen oder Abstimmungen in Ihre Präsentation mit Hilfe geeigneter Softwarewerkzeuge zu integrieren?
Ich halte es für immens wichtig, auch in Vorlesungen mit den Studierenden zu interagieren. In früheren Lehrveranstaltungen habe ich die Erfahrung gemacht, dass meist nur wenige Studierende auf meine Fragen geantwortet haben. Um auch die anderen Studierenden stärker einzubinden, habe ich nach einem Tool Ausschau gehalten, welches sich einfach in eine Präsentationssoftware wie PowerPoint integrieren lässt. Dafür eignen sich Audience Response Systeme wie ParticiPoll. Meine früheren Kollegen an der Universität Würzburg nutzten damals noch die sogenannten Clickers in ihren Vorlesungen. Dies sind Antwortgeräte, die von Studierenden individuell genutzt werden, um zügig und anonym auf Multiple-Choice-Fragen zu antworten, die in Lehrveranstaltungen präsentiert werden. Da heutzutage nahezu jeder Student ein Notebook, Tablet oder Smartphone mit in die Vorlesung bringt, müssen diese separaten Antwortgeräte nicht mehr zu Beginn der Sitzung verteilt und am Ende wieder eingesammelt werden. Mittlerweile gibt es Tools, die diese Geräte mit der Präsentationssoftware des Vorlesenden verbinden können.
Wie läuft denn solch eine Live-Abstimmung genau ab?
Nachdem ich in PowerPoint die Verbindung mit dem sogenannten ParticiPoll-Server durch Eingabe meiner E-Mail-Adresse und eines Passwortes hergestellt habe, kann die Präsentation gestartet werden. Zunächst stelle ich einige Folien vor, etwa zu einer empirischen Studie. Im Anschluss erhalten die Studierenden auf einer separaten Folie eine Multiple-Choice-Frage zu dieser Studie. Die Frage bezieht sich beispielsweise auf die Interpretation der Ergebnisse oder auf Kritik an der Studie. Alle Fragen können durch Eingabe eines Hyperlinks oder durch Einscannen des QR-Codes, den ich auf den entsprechenden Folien integriert habe, mit den mobilen Endgeräten der Lernenden beantwortet werden. Durch einen Zähler auf den Vorlesungsfolien sehen die Studierenden und ich, wie viele Personen sich bereits an der Abstimmung beteiligt haben. Nach dem von mir festgelegten Ende der Abstimmung werden die Ergebnisse durch ein Säulendiagramm visualisiert und danach ausführlich besprochen. In meiner Statistik-Vorlesung blende ich beispielsweise zur Besprechung der Rechenaufgaben mittlerweile auch immer den Lösungsweg und die entsprechenden Formeln auf den Folien ein.
Kommt der Einsatz des Tools bei Ihren Studierenden gut an?
Ja, laut den bisherigen Lehrevaluationen werden die Abstimmungen als positiv wahrgenommen und von etlichen Studierenden explizit lobend hervorgehoben. Daher habe ich mich im letzten Wintersemester dazu entschlossen, die Anzahl an Abstimmungen auf meist drei bis vier Fragen pro Sitzung zu erhöhen. Ergänzend zu diesen Fragen nutze ich seit diesem Semester nach allen vier bis fünf Sitzungen das Lernspiel „kahoot!“ zur Wiederholung der Vorlesungsinhalte. Bei diesem kompetitiven Lernspiel werden hintereinander mehrere Multiple-Choice-Fragen gestellt, welche die Studierenden ebenfalls mit ihren eigenen mobilen Endgeräten beantworten können. Nach jeder Frage werden Punkte vergeben. Je schneller man richtig antwortet, desto mehr Punkte erhält man. Die Studierenden können fortlaufend sehen, auf welchem Rangplatz sich ihr anonym wählbares Pseudonym befindet. Ein solches Lernspiel lässt sich beispielsweise an die Forschung zu digitalen Lernspielen in meiner Professur anknüpfen.
Traten beim Einsatz des Tools Schwierigkeiten auf?
Ich nutze das Tool ParticiPoll seit knapp vier Semestern. Größere technische Schwierigkeiten sind erst einmal aufgetreten als der Server nicht erreichbar war und die Abstimmungen in der Sitzung somit nicht durchgeführt werden konnten. Kleinere technische Schwierigkeiten wie etwa geringfügige Verzögerungen bei der Visualisierung der Abstimmungsergebnisse von wenigen Sekunden kommen häufiger vor, beeinträchtigen den Einsatz des Tools in der Lehre jedoch nicht. Weit wichtiger als die technischen Schwierigkeiten sind meines Erachtens die didaktischen Herausforderungen, die sich durch den Einsatz dieser Abstimmungen ergeben. Zu welchen Vorlesungsinhalten sollen Fragen präsentiert werden und worauf zielen diese Fragen ab? Wie ausführlich sollten die gestellten Fragen im Anschluss besprochen werden?
Wo können sich Interessenten an derartige Interaktionslösungen in die Thematik einlesen?
Zu diesem Thema gibt es erfreulicherweise erste Erkenntnisse aus Lehr-Lernstudien sowie aus zwei im Jahr 2016 erschienenen Metaanalysen zu Audience-Response-Systemen auf die ich auch in meiner Vorlesung „Lehren und Lernen mit Medien II“ eingehe. Viele Studien findet man mittels der Suchbegriffe „clicker“, „mobile polling“, „electronic voting system“, „individual response evice“, „personal response system“ oder eben „audience response system“. Natürlich helfe auch ich Interessenten gern weiter. Ein Mail an guenter-daniel.rey@phil.tu-chemnitz.de reicht aus.
Vielen Dank für das Gespräch.
Mario Steinebach
14.12.2016