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Weltpolitik kann so spannend sein

Einblicke in das Reise-Tagebuch der Chemnitzer Studierenden, die vom 20. bis 24. März 2007 an der weltweit größten UN-Simulation in New York teilnehmen

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Bild oben: Blick von der Fähre auf die Skyline von Manhattan. Bild in der Mitte: Botschafter auf Zeit: Diese 13 Studierenden der TU Chemnitz vertreten die Interessen von Vietnam bei der größten UN-Simulation der Welt. Bild unten: Winter in Chinatown. Fotos: privat

Eine dreizehnköpfige Studenten-Delegation der TU Chemnitz vertritt vom 20. bis 24. März 2007 in New York bei der National Model United Nations-Konferenz, der weltweit größten Simulation der Vereinten Nationen, die Interessen von Vietnam. Die Teilnehmer gewähren den Lesern von "Uni aktuell" Einblicke in ihr Reise-Tagebuch:

Die Tage vor der UN-Simulation: Welcome to New York (Sonntag, 18. März 2007)

Willkommen in der verrücktesten, geräuschvollsten und tollsten Stadt der Welt! Fast alle Delegierten haben nun ihren Weg ins Marriott Hotel am Times Square gefunden und sind bereit, das internationale Parkett zu betreten. Die ersten Eindrücke der Stadt sind vielfältig und waren nicht immer positiv. Wohnhaft in Greenwich Village schon eine Woche zuvor wurde ich Zeugin einer Schießerei, bei der vier Menschen getötet wurden. Auch Feuerwehreinsätze, Verkehrsunfälle und Ratten, die einem fast über die Füße laufen, sind kein seltenes Bild. Aber dann stellt man sich in einen Fahrstuhl und fährt die unendlichen Etagen der Hochhäuser hinauf und es eröffnet sich ein Meer an Gebäuden, die zusammen ein architektonisches und organisatorisches Meisterwerk ergeben. Genau das ist es, was Manhattan und New York so unvergleichlich zu anderen Städten macht. Die New Yorker Bevölkerung ist ebenso vielfältig. Immer hilfsbereit und 24 Stunden aktiv, prägen die Menschen das Stadtbild genauso wie die berühmten gelben Taxis. Auch wenn ich hier schon eine Woche verbringen durfte, so ist mein Durst nach mehr New York noch längst nicht gestillt. So viele Museen und Stadtviertel warten noch darauf, besichtigt zu werden. Ich freue mich auf die kommende Woche und wünsche unserer Delegation eine unvergessliche Zeit im Big Apple!

(Bertine Stelzer)

Entdeckungstour durch New York City (Montag, 19. März 2007)

Nachdem alle ihre Hotelzimmer gefunden und die erste Nacht neben den Hochhäusern verbracht hatten, ging am Morgen jeder seinen Weg, um den Big Apple näher kennen zu lernen. Manche machten eine Tour mit der Fähre von Manhatten nach Staten Island und zurück. Andere besuchten neben Chinatown auch Little Italy und es zeigte sich, dass man nicht nur innerhalb der UN von Stockwerk zu Stockwerk auf ein neues Land triftt. New York ist die Stadt der Vielfalt. Sonnenschein und ein Kaffee ließen uns kurz das Gefühl von Urlaub geben bis es weiter mit den Vorbereitungen ging. Am Abend traf sich die Delegation bei der Friedrich Ebert Stiftung. In dem neuen Büro konnten wir nicht nur eine schöne Aussicht genießen, sondern erfuhren mehr über die Kommunikation zwischen dem Verbindungsbüro der FES und der UNO. Durch Seminare und Öffentlichkeitsarbeit wird versucht die Aufmerksamkeit für internationale Themen zu stärken und verschiedene Perspektiven zur Diskussion zu bringen. Nach dem informativen Gespräch mit den Mitarbeitern der Stiftung zog es alle wieder in verschiedene Richtungen von Manhattan.

(Nadine Pflug)

Der erste Tag: Dienstag, 20. März 2007

Die Konferenz beginnt. Nachdem wir am Vormittag die letzten offenen Fragen vom vietnamesischen UN-Botschafter beantwortet bekommen und uns im American Jewish Committee über die aktuelle Situation im Nahen Osten und der jüdischen Gemeinde in den USA informiert haben, begann die Eröffnungsveranstaltung der National Model United Nations 2007 im UN Hauptquartier um 17 Uhr im Sitzungssaal der Generalversammlung. Dort wurde die Konferenz offiziell eröffnet. In diesem Jahr nehmen 120 Delegationen aus der ganzen Welt teil, die sich am Abend zum ersten Mal in ihren Comittees getroffen haben, um die Agenda für die Sitzungen zu beschließen. Damit endete auch dieser ereignisreiche Tag und die gesamte Chemnitzer Delegation freut sich auf die kommenden Tage.

(Robert Gnauck)

Der zweite Tag: Mittwoch, 21. März 2007

Die Sonne kitzelte unsere kalten, aber ambitionierten Köpfe auf dem morgendlichen Spaziergang zum "Deutschen Haus" in New York. Empfangen wurden wir von den freundlichen Mitarbeitern. Während eines umfangreichen "Gummibären Caterings" stellte die Pressereferentin uns und anderen deutschen Delegationen die Rolle Deutschlands als weltpolitischer Akteur in den Vereinten Nationen dar. Auf schwierige Fragen gab es zum Teil diplomatische Antworten. Wir wurden ermutigt, uns nicht von realpolitischen Zwängen leiten zu lassen und unseren Idealismus in der Simulation zu bewahren.
Nach einem opulenten Mahl in einer der vielen New Yorker Delis waren wir gestärkt, um die 2. Runde der Sessions zu beginnen. Aufgrund unserer guten Vorbereitung unter der Leitung von Faculty Advisor Nadine Mensel schafften wir es auch, uns gegen konkurrenzstarke amerikanische Delegationen durchzusetzten. Wir brachten erfolgreich unsere Positionen in die Verhandlungen ein. Als sich dann 22.30 Uhr das letzte Meeting seinem Ende neigte, fielen auch dem tapfersten Delegierten langsam die Augenlieder zu. Ein arbeitsreicher Tag ist nun zu Ende - und die Welt weiß, wo Chemnitz liegt.

(Alexander Sustal & Hannes Harnack)

Der dritte Tag: Donnerstag, 22. März 2007

Was für ein Tag! Die NMUN ist drei Tage alt, und die diplomatischen Bemühungen nähern sich ihrem Höhepunkt. Neun Stunden Verhandlungen brachten so einige Überraschungen hervor: Alex und Hannes als Delegierte des Komitees zu den Rechten der Palästinenser konnten das himmlische Ergebnis verkünden, dass über den israelischen Schutzwall so bald wie möglich eine palästinensische Friedensbrücke gebaut werden soll. Selten war eine UNO-Simulation näher an der Realität! Das zeigt sich auch beim nuklearen Friedensschluss zwischen Iran und Israel und deren gemeinsamen Bestreben, den nahen Osten zur atomwaffenfreien Zone zu erheben.
Doch wir Vietnamesen mussten in der Weltgesundheitsorganisation auch die harten Bandagen der diplomatischen Wirklichkeit kennen lernen. Eben noch befanden sich unsere Delegierten Maxi und Claudia auf dem aufsteigenden Ast der erfolgreichen Resolutionsschreibung, da mussten sie spüren, wie es ist, wenn man als Entwicklungsland von den Vereinigten Staaten abhängt. Nach einem persönlichen Besuch der US-amerikanischen Delegation mussten sie einsehen, dass man nicht "frei nach sozialistischer Schnauze" agieren kann und vietnamesische Anti-Aids-Politik mit amerikanischen Handelsinteressen doch nur schwer zu vereinbaren ist.
Die in New York gesammelten Erfahrungen sind hervorragend. Aber die weltgrößte Simulation der Vereinten Nationen ist leider noch ein Stück von den wirklichen Diplomaten entfernt, die sechs Avenues weiter Richtung East River verhandeln.

(Torsten Menzel)

Der vierte Tag: Freitag, 23. März 2007

Nach vier Tagen harter diplomatischer Verhandlungen drehte es sich heute darum, die letzten Zweifler dazu zu bewegen, den von Vietnam unterstützten Resolutionen zuzustimmen. Am Nachmittag ging es direkt über zur Voting Procedure. In der Weltgesundheitsorganisation wurde über alle 16 Resolutionsentwürfe fast drei Stunden abgestimmt. Während dieser langwierigen Prozedur durfte kein Delegierter den Raum verlassen - auch nicht, um sich nur kurz frisch zu machen. Selbst die größten Plaudertaschen mussten sich die ganze Zeit in Schweigen hüllen, da jegliche mündliche Kommunikation zwischen den Delegierten verboten war. Manche Resolutionen enthielten aber auch realitätsfremde Aspekte: In der Conference on Disarmement zum Beispiel schloss sich Iran mit Israel zusammen, um eine atomwaffenfreie Zone zu bilden. Am Ende waren jedoch alle mit ihren Leistungen zufrieden und feierten ihre Erfolge in den New Yorker Bars.

(Lena Förster und Claudia Kamke)

Der letzte Tag: Samstag, 24. März 2007

Nur in der Generalversammlung fand heute noch reguläre Komiteearbeit statt. Die Delegierten tagten dazu ausnahmsweise in einem Konferenzraum des altehrwürdigen UN-Gebäudes. Die Vertreter aller Mitgliedsstaaten konnten sich durch kurze Berichte ein Bild über die Abläufe und Ergebnisse in den übrigen Ausschüssen machen. Danach wurde über weltpolitisch bedeutsame Resolutionen abgestimmt.
Es war nett zu beobachten, wie sich die bisher so disziplinierten Diplomaten auf Probe nach Ende der Arbeitswoche plötzlich in neugierige Touristen verwandelten, die den UNO-Souvenir-Shop plünderten. Außerhalb der UNO waren die Sicherheitsvorkehrungen verschärft, um die richtigen Diplomaten, die sich zur Sicherheitsratssitzung zusammenfanden, zu schützen. Parallel zu unserer "Closing Ceremony", bei der herausragende Delegationsarbeit durch Awards ausgezeichnet wurde, tagte der Sicherheitsrat, um über neue Sanktionen gegenüber dem Iran zu entscheiden. Und auch wenn die Abschlussrede unserer Generalsekretärin mit tosendem Applaus bejubelt wurde, wurden uns gleichzeitig die Grenzen der Diplomatie am letzten Tag bewusst.
Inoffiziell trafen sich die Chemnitzer Vietnamesen danach noch im Restaurant Thái Son in Chinatown, um die erfolgreiche Woche authentisch abzuschließen.

(Anna Avramova, Elisabeth Grießl, Lena Förster)

Die Pressestelle der TU Chemnitz dankt auch im Namen der Leser von "Uni aktuell" den Autoren des Tagebuches der UN-Simulation, an dem jede Nacht im Hotel geschrieben wurde. Wir freuen uns schon heute auf den Bericht von der UN-Simulation 2008 ...

Weitere Informationen zur UN-Simulation und dem Projekt der Chemnitzer Studierenden: http://www.tu-chemnitz.de/nmun/

Mario Steinebach
21.03.2007

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