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Pressemitteilung vom 23.02.1998

Was Nagoya und Chemnitz voneinander lernen können


Was Nagoya und Chemnitz voneinander lernen können
Japanische Forscher suchen Kontakt zu Chemnitzer Uni

(Pressemitteilung 43/98)

Kontakte der Chemnitzer Uni nach Japan gibt es schon länger.
Schließlich hat sich auch im Fernen Osten schon herumgesprochen, daß
hier eine Elite-Uni steht. Jetzt freilich sind die Kontakte in ein
neues Stadium getreten: Die TU Chemnitz wird mit der Meidai-Uni im
japanischen Nagoya einen Vertrag über eine umfassende Kooperation
abschließen. Außerdem wird die TU ihre Zusammenarbeit mit dem
ebenfalls dort ansässigen National Industrial Research Institute
Nagoya (NIRIN) verstärken. Geplant sind dabei unter anderem der
Austausch von Mitarbeitern und Studenten und umfangreiche gemeinsame
Forschungsarbeiten. Außerdem soll ein Teil der Internetseiten der
Chemnitzer Uni ins Japanische übersetzt werden, damit sich auch
japanische Studenten über deren Vorzüge informieren können. Bisher
gibt es die Uniseiten nur in Deutsch und Englisch. Erfreulich dabei:
eine ganze Reihe Chemnitzer Ingenieurstudenten lernen zur Zeit an der
Uni Japanisch, bei Frank Bauer. Der gelernte Japanologe und gebürtige
Chemnitzer ist gerade von den olympischen Spielen in Nagano
zurückgekehrt - dort arbeitete er für eine deutsche Nachrichtenagentur
als Dolmetscher.

Angefangen hatte alles 1993. Damals reiste der Diplom-Physiker Herbert
Mucha, tätig am Lehrstuhl für Verbundwerkstoffe der Chemnitzer Uni,
für ein Jahr an die Uni Nagoya, forschte dort und lernte nebenbei auch
japanisch. Er war von dem Land, den Menschen, der Ausrüstung der Unis
begeistert: "Nagoya paßt gut zu Chemnitz. Die Provinz Aichi, in der
die Stadt liegt, ist das Zentrum der japanischen Autoindustrie. Das
gleiche gilt für Textilmaschinen - wer weiß schon, daß Toyata
ursprünglich mal als Textilmaschinenbauer angefangen hat." Seitdem hat
ihn das Land nicht mehr losgelassen, und vehement setzt er sich für
weitergehende Verbindungen ein.

Vorerst werden daran zwei Professuren aus dem Maschinenbau und der
Chemie beteiligt sein: der Lehrstuhl für Verbundwerkstoffe von Prof.
Dr. Bernhard Wielage und der Lehrstuhl Physikalische Chemie von Prof.
Dr. Günter Marx. Beide sind in den letzten Jahren durch die
Entwicklung von Faserformkörpern und von beschichteten
Hochleistungsverbundfasern bekannt geworden. Die Formkörper bestehen
zumeist aus hochfesten Kohlenstoffasern,  die in andere Materialen
eingebettet werden und diesen faszinierende Eigenschaften verleihen.
Sie sollen einmal in Fahrwerken, Hochleistungsbremsen, in Teilen der
japanischen Magnetschwebebahn (einem Konkurrenten unseres Transrapid)
und in Hitzeschilden für die Raumfahrt eingesetzt werden. Um dies
alles aushalten zu können, müssen die Fasern zuvor beschichtet werden.
Die Zusammenarbeit zwischen Nagoya und Chemnitz soll freilich nicht
auf dieses Gebiet  beschränkt bleiben: Der Prorektor für
Internationale Entwicklung der Universität der Anglist Prof. Dr. Josef
Schmied, ist zur Zeit dabei, auch andere Chemnitzer Wissenschaftler
mit einzubeziehen.

Noch im März wird Mucha erneut für einige Wochen nach Nagoya reisen.
Dabei wird er die neuesten Entwicklungen von Prof. Wielage und Prof.
Marx im Gepäck haben. Eine in Japan entwickelte neue Technik
ermöglicht es nämlich, die Chemnitzer Fasern mit bisher nicht
gekannter Schnelligkeit und Präzision zu untersuchen. Dabei werden die
Proben mit elektrisch geladenen Atomen des Metalls Gallium beschossen
und anschließend mit einem Transmissions-Elektronenmikroskop
betrachtet. Weitere Verbesserungen an den in Chemnitz entwickelten
Verbundwerkstoffen werden dann noch leichter möglich sein.

Unterstützt wird die Zusammenarbeit zwischen den Unis Chemnitz und
Nagoya übrigens vom allmächtigen MITI, dem japanischen Ministerium für
internationalen Handel und Industrie, und von der AIST, der Agentur
für industrielle Forschung und Technologie, die in der Vergangenheit
den beispiellosen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Aufstieg
Japans gesteuert haben. Langfristig ist auch an eine Zusammenarbeit
zwischen den beiden Städten gedacht, die vielleicht sogar in eine
Städtepartnerschaft münden könnte. Davon könnten vor allem die vielen
High-Tech-Firmen profitieren, die sich in den letzten Jahren in und um
Chemnitz gegründet haben, finden sie doch so einen leichteren Zugang
zum japanischen Markt. Und auch als Touristen dürften Japaner im
Erzgebirge schon bald verstärkt auftreten. Schon jetzt ist die Region
dort so bekannt, das im April in der Nähe der Olympiastadt Nagano ein
Museum für erzgebirgische Volkskunst eröffnet wird. Sogar den
legendären Trabant werden die Japaner wohl bald mit eigenen Augen
bestaunen können: in einem Automuseum in Nagoya.

Weitere Informationen: Technische Universität Chemnitz, Fakultät für
Maschinenbau und Verfahrenstechnik,  Erfenschlager Straße 73, 09107
Chemnitz, Dipl.-Phys. Herbert Mucha, Telefon (03 71) 5 31-53 85, Fax
(03 71) 5 31-61 79, E-mail: hinoya.d@wsk.tu-chemnitz.de