Mathematische Modelle zur Eindämmung der Corona-Ausbreitung
Professur Algorithmische und Diskrete Mathematik sowie Professur Regelungstechnik und Systemdynamik der TU Chemnitz sind Mitglied eines mitteldeutschen Forschungskonsortiums, das dynamische Simulationsmodelle entwickelt
Die Corona-Krise erfordert weit mehr als medizinische Antworten. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat deshalb die Initiative auch in anderen Forschungsbereichen ergriffen, vielversprechende Projekte mit Bezug zur aktuellen Pandemie zu fördern. Zusätzliche Mittel wurden deshalb kurzfristig auch für ausgewählte Teams von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur Verfügung gestellt, die mit mathematischen Methoden Lösungen für die komplexen Zusammenhänge der Corona-Pandemie suchen. Die geförderten Teams forschen bereits erfolgreich an themenverwandten Fragen und wenden nun ihre Expertise auf zentrale Themen der Corona-Krise an. Unter ihnen sind auch Forschende der Technischen Universitäten Chemnitz und Ilmenau, die gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme in Magdeburg im Rahmen des Projektes „KONSENS“ die Virusausbreitung berechnen. Mit Computersimulationen, die speziell auf die Gegebenheiten innerhalb Deutschlands zugeschnitten sind, wollen sie Vorhersagen über das Infektionsgeschehen ableiten. Deshalb greift das Konsortium zur Parametrisierung der dynamischen Simulationsmodelle unter anderem auch auf Daten des Robert-Koch-Instituts zurück. Anhand dieser Simulationsmodelle können verschiedene Eindämmungsszenarien getestet werden. Mitglieder des mitteldeutschen Konsortiums sind wiederum Teil eines Expertennetzwerks, in welchen die Szenarien wichtige Beiträge zur Diskussion von Maßnahmen zum Einbremsen der Ausbreitung des Corona-Virus liefern sollen.
Das Ausbreitungsgeschehen in der Corona-Pandemie verstehen
Die Professur Regelungstechnik und Systemdynamik der TU Chemnitz unter Leitung von Prof. Dr. Stefan Streif hat bereits einen vielversprechenden mengenbasierten Ansatz zur Analyse dynamischer Systeme entwickelt. „Dieser erlaubt vorab einzuschätzen, unter welchen Voraussetzungen an die Steuerungsparameter das System ausgehend von einer Menge möglicher Ausgangspunkte in gewisse Schranken gezwungen werden kann“, sagt Streif. „Dies soll in Kombination mit in Chemnitz und Ilmenau entwickelten Optimierungsverfahren und den Modellreduktionsverfahren des beteiligten Max-Planck-Instituts den nutzbringenden Einsatz erweiterter SEIR-Modelle, die speziell auf das Corona-Infektionsgeschehen ausgerichtet sind, ermöglichen“, fügt Prof. Dr. Christoph Helmberg, Inhaber der Professur Algorithmische und Diskrete Mathematik der TU Chemnitz, hinzu. Als SEIR-Modell wird in der mathematischen Epidemiologie ein Ansatz zur Beschreibung der Ausbreitung von ansteckenden Krankheiten beschrieben.
Im Projekt „KONSENS“ wird noch ein weiterer Ansatz verfolgt: „Das Konsortium untersucht an Hand graphenbasierter Ausbreitungsmodelle, durch Reduktion welcher Verbindungen zwischen den Personen die Virusausbreitung mit möglichst geringen Eingriffen hinreichend effektiv gebremst werden kann“, sagt Helmberg. Eine wesentliche Forschungsfrage sei dabei, inwieweit Eigenwerte und Eigenvektoren geeigneter Matrixdarstellungen der Graphen globale Übertragungsaspekte nutzbringend wiederspiegeln.
Weitere Informationen erteilen Prof. Dr. Stefan Streif, Telefon 0371 531-31899, E-Mail stefan.streif@etit.tu-chemnitz.de, sowie Prof. Dr. Christoph Helmberg, Telefon 0371 531-34122, E-Mail helmberg@mathematik.tu-chemnitz.de.
Mario Steinebach
29.06.2020