Verkörperte Technologien im öffentlichen Raum erlebbar gemacht
Sonderforschungsbereich Hybrid Societies der TU Chemnitz transformierte Perspektiven und Performances aus Wissenschaft, Kultur, Medien und Gesellschaft zu einem außergewöhnlichen Ereignis der Wissenschaftskommunikation – Aufzeichnung verfügbar
Die Wissenschaftskommunikation hat in den vergangenen zwei Jahren – auch unter Eindruck der Pandemie-Erfahrung – enorm an Aufmerksamkeit und Relevanz gewonnen. Ausdruck davon sind auch mehrere Empfehlungen und Standpunktpapiere, die 2021 veröffentlicht wurden. Darunter die Handlungsempfehlungen, die im Rahmen der Denkfabrik „Factory Wisskomm“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) entstanden sind, sowie ein Positionspapier des Wissenschaftsrats (WR). Ein wesentlicher Aspekt in diesen Papieren beinhaltet ein verstärktes Erklären und Sichtbarmachen von Forschung in der Gesellschaft. Der Sonderforschungsbereich (SFB) „Hybrid Societies“ der TU Chemnitz leistet bereits wichtige Beiträge zum Erklären der eigenen Forschung, darunter im Rahmen des Podcasts „Mensch, Maschine, Miteinander“. Ein weiteres Format, um die eigenen Themen und Ansätze in die Gesellschaft zu bringen und dort zum Dialog anzuregen, gestaltete der SFB am 10. November 2021 in Form eines öffentlichen Themenabends über digitale Technologien im Alltag. Die Veranstaltung fand mit reduzierter Teilnehmerinnen- und Teilnehmerzahl und unter strengen Hygieneauflagen im Museum Gunzenhauser in Chemnitz statt. Um möglichst vielen Menschen eine Teilhabe zu ermöglichen, wurde die Veranstaltung zusätzliche live über den YouTube-Kanal der TU Chemnitz gestreamt.
Die Veranstaltung fand als Beitrag zum Projekt „Chemnitz liest Asimov – Entdecken – Auseinandersetzen – Weiterdenken“ der TU Chemnitz und des SFB statt. Die TU Chemnitz hatte mit ihrem Konzept erfolgreich eine Förderung des Stifterverbands eingeworben. Im Rahmen dieses Programms wird es auch weitere Lesungen mit zeitgenössischen Science-Fiction-Autorinnen und -Autoren geben. Der Themenabend wurde federführend vom Museum Gunzenhauser und dem SFB „Hybrid Societies“ organisiert.
Impulse aus Wissenschaft, Medien, Kunst und Kultur beleuchteten das Themenfeld „Mensch und Technik“ aus zahlreichen Perspektiven
Die Ausstellung „ubuntu – the other me“ des in Chemnitz geborenen Digital-Künstlers Simon Weckert bot im Museum Gunzenhauser den außergewöhnlichen Rahmen für einen inhaltlich breit aufgefächerten Themenabend. Zahlreiche Impulse zum Leben in einer Zukunft allgegenwärtiger digitaler Technologien lieferte die Münchner Autorin Theresa Hannig mit einer Lesung aus ihrem preisgekrönten Roman „Die Optimierer“. Impulse, die in der anschließenden Podiumsdiskussion aufgegriffen wurden – moderiert von Ingmar Rothe, Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Wissenschaftskommunikator am SFB.
Mit der Autorin und dem Moderator diskutierten: Simon Weckert, Prof. Dr. Dagmar Gesman-Nuissl, Inhaberin der Professur für Privatrecht und Recht des geistigen Eigentums an der TU Chemnitz, und Heiko Weckbrodt, freier Wissenschaftsjournalist und Blogger aus Dresden. Vor dem Hintergrund der Koalitionsverhandlungen wurde durchaus kontrovers diskutiert – zum Beispiel die Frage, wie viel Regulierung eine zukunftsträchtige Digitalstrategie vertrage beziehungsweise benötige. Simon Weckert, der in der Vergangenheit u. a. mit seinen Google-Hacks auf sich aufmerksam machte, schloss die Diskussion mit einem Wunsch, den ähnlich schon der Science-Fiction-Autor Isaac Asimov formulierte: Die Prämisse sollte sein, dass der Computer dem Menschen dient und nicht anders herum.
Prof. Dr. Bertolt Meyer von der TU Chemnitz machte Verschmelzung von Mensch und Technik erlebbar
Bis hierhin war schon deutlich geworden, welche Gefahren, aber auch welche Potenziale in verkörperten digitalen Technologien liegen. Prof. Dr. Bertolt Meyer, Inhaber der Professur für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie sowie DJ, zeigte dieses Potenzial in einer Thought-Cotrolled Music Performance. Meyer kann per Interface die bionische Prothese, die seinen linken Unterarm ersetzt, direkt an vorwiegend analoge Syntheziser anschließen. Je nachdem, an welchen Port am Syntheziser das Interface („Syn Limb“) gekoppelt ist, kann er Sound-Parameter direkt über seine Prothese steuern und verändern. Meyer kontrolliert, so sagt er, seine Sounds „ohne den Umweg über den Muskel“ nehmen zu müssen. Die Performance von Prof. Meyer ist im YouTube-Kanal der TU Chemnitz als Aufzeichnung verfügbar.
Dass sich das Format bewährt, zeigte sich schon vor dem eigentlichen Abend. Bereits zwei Tage zuvor waren die verfügbaren Plätze reserviert, so dass zahlreiche Anfragen abgelehnt werden mussten. Eine vollständige Aufzeichnung des Abends ist im YouTube-Kanal der TU Chemnitz verfügbar.
(Autor: Ingmar Rothe, Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Wissenschaftskommunikator am SFB „Hybrid Societies“)
Multimedia:
Matthias Fejes
24.11.2021