Weltweit erster 3D-gedruckter Beton-Schwibbogen kommt aus Chemnitz
Erzgebirgische Tradition trifft Zukunftstechnologie: Forschungsteam der TU Chemnitz und des Steinbeis-Innovationszentrums FiberCrete stellten mit Robotern Schicht für Schicht einen Schwibbogen aus faserbewehrtem Beton her
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Enrico Rudolph vom Forschungsbereich "Leichtbau im Bauwesen" untersucht nach der Fertigung der Schwibbögen im Roboter-Komplex die Qualität des Schichtaufbaus des 3D-Betondrucks. Foto: Susanne Viertel -
Übrigens: Die TU Chemnitz verfügt auch über einen hölzernen Schwibbogen, der den historischen Böttcher-Bau der Universität zeigt. Hergestellt wird dieser Schwibbogen von der Firma Kunstgewerbe TAULIN in Oberwiesenthal/Erzgebirge und ist im Unishop erhältlich. Foto: Susann Serfling
Das Team des Forschungsbereichs „Leichtbau im Bauwesen“ am Institut für Strukturleichtbau der Technischen Universität Chemnitz fertigte den weltweit ersten Schwibbogen mittels 3D-Betondrucktechnologie. Der 120 Zentimeter breite, 60 Zentimeter hohe und 14 Kilogramm schwere Schwibbogen wurde in einem additiven Fertigungsverfahren mit Hilfe von zwei Robotern und auf Basis einer speziellen Rezeptur hergestellt.
Zwei Roboter übernehmen den 3D-Betondruck
In diesem etwas ungewöhnlichen Referenzbauteil eines Forschungsprojektes steckt das Knowhow langjähriger Forschung. Seit über fünf Jahren befasst sich der Bereich „Leichtbau im Bauwesen“ unter Leitung von Prof. Dr. Sandra Gelbrich mit der Entwicklung additiver Fertigungstechnologien zur effizienten Herstellung leichtbaugerechter Betonelemente mit Faserverstärkung. „Dank der Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Sächsischen Aufbaubank und der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen konnten wir wichtige wissenschaftliche Grundlagen hinsichtlich Material- und Technologieentwicklung schaffen, die nun in mehreren anwendungsnahen Forschungsprojekten in die Praxis umgesetzt werden“, berichtet Gelbrich. „Basis für den 3D-Betondruck ist ein Komplex aus zwei Robotern. Der erste Roboter generiert den Materialaustrag über die Betonextrusion, wobei wir hier durch die Nutzung verschiedener Düsen sehr flexibel sind. Die Betonfördereinheit besteht aus einer speziellen Mischpumpe und einer Förderschnecke mit Behälter. Der zweite Roboter kann durch den Einbau verschiedener Werkzeuge beispielsweise zum Fräsen, zum Verlegen von Fasersträngen oder für das Positionierung von Ankern genutzt werden“, fügt Gelbrich hinzu.
Software zerlegt das Design in mehrere Schichten
Bevor die Roboter ans Werk gehen können, kommt im Rahmen der Fertigungsplanung eine spezielle Software zum Einsatz, mit der verschiedene Designvarianten fertigungsgerecht gestaltet werden können. „Mit dieser Software erfolgt die Erstellung und das parametrische Aufbereiten der Geometrien, die Zerlegung dieser Geometrien in Einzelschichten und die Bahnplanung für die Roboter. Darauf aufbauend werden die finalen Roboterbefehle abgeleitet“, erläutert Enrico Rudolph, Leiter der Arbeitsgruppe „Additive Leichtbautechnologien“ am Forschungsbereich „Leichtbau im Bauwesen“.
Steinbeis-Innovationszentrums FiberCrete entwickelte Betonrezeptur
Die Idee, Schwibbögen als Referenzbauteil zu drucken, setzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam mit dem Steinbeis-Innovationszentrums FiberCrete in Chemnitz um, das die geeignete faserbewehrte Betonrezeptur entwickelte. „Dabei kommt es auf die richtige Mischung an, die während der Förderung pumpfähig sein, aber nach dem Austrag schnell ansteifen muss, um den Aufbau mehrerer Schichten zu gewährleisten“, so Henrik Funke, Forschungs- und Entwicklungsleiter von FiberCrete. Weitere Produktentwicklungen im Bereich 3D-Betondruck seien in Vorbereitung. „Denn durch die Entwicklung automatisierter additiver Technologien zur effizienten Fertigung können wichtige Weichen für den Wandel der Baubranche in naher Zukunft gestellt werden“, sagt Gelbrich.
Hintergrund: Erzgebirgischer Schwibbogen
Der Schwibbogen oder Lichterbogen ist ein dekoratives Element der Weihnachtszeit, der vielerorts die Fensterbänke der Häuser ziert. Dabei symbolisieren die Kerzen die besinnliche Atmosphäre – eine alte Tradition, die im 18. Jahrhundert im Erzgebirge ihren Ursprung fand.
Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Sandra Gelbrich, Telefon 0371 531-32192, E-Mail sandra.gelbrich@mb.tu-chemnitz.de
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Mario Steinebach
07.12.2021