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UNI goes UNO

Einblicke in das Reise-Tagebuch der Chemnitzer Studierenden, die vom 16. bis 22. März 2008 an der weltweit größten UN-Simulation in New York teilgenommen haben

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Bild 1: Die Chemnitzer "UNIgoesUNO"-Delegation. Bild 2: Die Studierenden zu Gast im German House, der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen. Bild 3: Den letzten Schliff holten sie sich in der Ständigen Vertretung der Vereinigten Arabischen Emirate bei der UN. Bild 4: Ein (fast) echtes Diplomatenleben - die Chemnitzer vertreten die Interessen der Vereinigten Arabischen Emirate. Bild 5: Heiße Diskussionen: Die Studierenden versuchen, großtmögliche Übereinstimmungen mit den Delegierten anderer Länder zu erreichen und dennoch ihre eigenen Ideen nicht zu vernachlässigen. Fotos: privat

Eine zwölfköpfige Studenten-Delegation der TU Chemnitz hat vom 16. bis 22. März 2008 in New York bei der National Model United Nations (NMUN)-Konferenz, der weltweit größten Simulation der Vereinten Nationen, die Interessen der Vereinigten Arabischen Emirate vertreten. Die Teilnehmer gewähren den Lesern von "Uni aktuell" Einblicke in ihr Reise-Tagebuch:

Die Tage vor der UN-Simulation: Welcome to New York (Sonntag, 16. März 2008)

Heute standen wir spät auf, um uns von dem letzten Rest des Jetlags zu erholen. Um 11 Uhr trafen wir einen alten Freund von mir, Leonard "Lenny" Cecere. Ich habe ihn auf einer Reise mit meinem Vater vor vier Jahren durch Verwandte kennen gelernt und wir blieben seitdem in Kontakt, da er sich sehr für die deutsche Kultur und Sprache interessiert. Er lebt in dritter Generation italienischer Einwanderer in Soho, Manhattan und ist somit - wie er selbst immer wieder betont - "born and raised" in New York. Lenny hat uns wirklich hoch interessante Hintergrundgeschichten über Downtown Manhattan erzählen können. Wir trafen uns mit ihm in seinem Viertel Soho und er führte uns durch Greenwich, Little Italy, Chinatown und das Regierungsviertel. Nach einem kurzen Besuch des Ground Zero spazierten wir - leider bei strömenden Regen - über die Brooklyn Bridge und kehrten schließlich im "Junior´s", einem typisch amerikanischen Restaurant, ein. Die Burger und Sandwiches dort waren sehr gut, aber der Käsekuchen mit Erdbeeren war einfach nur großartig! Nach einem abschließendem Team-Meeting teilte sich unsere Gruppe für den Rest des Tages auf für die individuelle Abendgestaltung.

(Johannes Kunath)

Kurz vorm NMUN-Start: Besuch im German House und bei der Friedrich-Ebert-Stiftung (Montag, 17. März 2008)

Am 17. März 2008 wurde uns in der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen - dem Deutschen Haus - von den vier Mitarbeitern Katharina Ahrendts, Thomas Gebauer und Thomas Fitschen sowie der Praktikantin Sophia Leukel ein Einblick in die Arbeit der Einrichtung gegeben. Frau Ahrendts, die als Moderatorin fungierte, begrüßte uns herzlich und gab eine kurze Einführung in das Deutsche Haus New York, in dem nicht nur die Ständige Vertretung der BRD bei der UN, sondern auch diverse andere deutsche Einrichtungen wie zum Beispiel der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), untergebracht sind. Anschließend informierte uns der Personalreferent Herr Gebauer über Praktika bei der Ständigen Vertretung. Das Auswärtige Amt möchte Studenten im Hauptstudium einen Einblick in seine Arbeitsweise ermöglichen. Neben guten Noten sind zeitliche und räumliche Flexibilität, aber vor allem auch die persönliche Motivation der Studenten die entscheidenden Faktoren bei einer Bewerbung. Anschließend berichtete uns Frau Leukel über ihre bisherigen Erfahrungen als Praktikantin. Hierbei war interessant zu erfahren, dass man schon sehr früh viel Verantwortung übertragen bekommt und beispielsweise Reden für Referenten verfassen oder Committee-Sitzungen besuchen darf. Schließlich gab uns der Rechtsreferent Herr Fitschen wertvolle Tipps zur praktischen Verhandlungsführung bei der Simulation. Dabei konnten wir von seiner jahrelangen Erfahrungen profitieren und lernten, Resolutionen in einen universalen Kontext zu verfassen um dann mit entsprechender Lobbyarbeit möglichst viele andere Länder "mit ins Boot zu holen." Abschließend wurde uns die Möglichkeit gegeben, Fragen an die Referenten zu stellen, die uns gerne und bereitwillig Auskunft gaben. Ein gelungener Besuch im "German House New York"!

Am frühen Abend wurden wir schließlich wieder im UNO-Viertel willkommen geheißen: Die Vertretung der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) hatte die Tore zu ihrem Büro im 22. Stock eines der zahlreichen Wolkenkratzer für uns geöffnet. Der Chef, oder wie man so schön sagt "Executive Director" Jürgen Stetten sowie Politikanalyst Volker Lehmann stellten uns in gemütlicher Bürostuhlrunde die Arbeit und Aufgabe der FES in New York vor: Akkreditiert mit dem Beobachterstatus für den Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen spezialisieren sich die vier Mitarbeiter besonders auf Fragen der Entwicklungspolitik bzw. Frieden und Sicherheit. Dazu richten sie zahlreiche Veranstaltungen und Konferenzen aus, zu denen Interessierte, Experten, aber besonders Diplomaten der UN gezielt eingeladen sind. Zusammen mit anderen Nichtregierungsorganisationen versucht die FES frische Ansichten und Anregungen aus dem politischen Umfeld an die Delegierten weiterzugeben. Bei frischem Wasser und Keksen schloss sich dann eine unterhaltsame und aufschlussreiche Diskussionsrunde an, bei der neben den Themen Entwicklungspolitik, Friedenseinsätze und dem internationalen Engagement der Vereinigten Arabischen Emirate besonders unsere eigene Motivation und Meinung zu den Vereinten Nationen zur Sprache kam. Wir bedanken uns auf diesem Wege noch einmal sehr herzlich bei den Referenten im German House und bei der FES.

Morgen wird es im Tagebuch erstmals Eindrücke von der NMUN-Eröffnungszeremonie geben. Wir erwarten einen durchaus interessanten und bekannten Gastredner...

(Friedemann Brause und Sebastian Czerniejewski)

Der Startschuss ist gefallen: hoher Besuch bei der Eröffnung der Konferenz (Dienstag, 18. März 2008)

Heute morgen 11 Uhr stand der letzte Termin zur Vorbereitung auf die NMUN 2008 auf dem Plan. Wir waren bei der Ständigen Vertretung der Vereinigten Arabischen Emirate bei der UN eingeladen, um die letzten Wissenslücken von einheimischen Diplomaten füllen zu lassen - und nicht nur unser Wissensdurst, auch der Hunger nach Essbarem wurde gestillt. Nach dem Gespräch wurde uns in einem prunkvoll eingerichteten Saal noch das interne Heimkino vorgeführt. Die Diplomaten nahmen sich viel Zeit für uns und schienen ebenso interessiert an unserem Projekt, wie wir an ihrer Arbeit. Für die Simulation vollends gewappnet, reihten wir uns in die Warteschlange am UN Headquarter ein und saßen bereits drei Stunden vor Beginn auf den vordersten Plätzen. Dies hatte einen besonderen Grund: Ban Ki-Moon, Generalsekretär der Vereinten Nationen, sowie der Präsident der 62. Generalversammlung, Srgjan Kerim, begrüßten uns herzlich. Für alle Anwesenden eine Sensation, denn noch nie hat ein Generalsekretär die Konferenz persönlich eröffnet. Der laute Beifall aller Studenten zeigt, wie groß die UNO-Begeisterung bei uns allen ist. Nach dem offiziellen Empfang mussten wir schnell zurück zum Sheraton-Hotel, um pünktlich unsere Committee-Sitzungen beginnen zu können, die bis 22 Uhr andauerten. Ein (fast) echtes Diplomatenleben! Im anschließenden Treffen unserer Delegation legten wir unsere Eindrücke von den ersten zwei Stunden Verhandlungen dar. Das Spektrum reichte von durchaus kritischen Stimmen bis zur freudigen Erwartung auf den Folgetag! Wir sind gespannt...

(Martin Jahns und Márta Varga)

Mitten in den Verhandlungen: die diplomatische Etikette wahren (Mittwoch, 19. März 2008)

Nachdem am Dienstag die ersten Diskussionen stattfanden und die Tagesordnungen der einzelnen Committees festgelegt wurden, begann heute unsere eigentliche Arbeit. Nach einem recht ruhigen Vormittag, an dem der letzte Blick in die Unterlagen geworfen wurde, befanden wir uns ab 14 Uhr inmitten von leidenschaftlich vortragenden Rednern, vor Fachvokabular strotzenden Arbeitspapieren und in knallharten Verhandlungen wieder. In den Ausschüssen konnten wir die Position der Vereinigten Arabischen Emirate vertreten und gleichgesinnte Staaten für die weitere Zusammenarbeit finden. Es gehört schon Mut dazu, sich vor mehr als 300 Anwesenden auf Englisch zu Wort zu melden und dabei die diplomatische Etikette zu wahren. Wir haben uns trotzdem getraut! Unser abendliches Evaluationstreffen zeigte, dass der Tag je nach Committee unterschiedlich gut verlaufend ist. Die Stimmung ist jedoch positiv und heiter - wir geben unser bestes "unser" Land würdig zu vertreten. Wir sind gespannt, was die Verhandlungen morgen mit sich bringen. Gute Nacht aus der Stadt, die niemals schläft.

(Franziska Knur und Kathrin Link)

Die heiße Phase: diplomatische Gespräche selbst in der Mittagspause (Donnerstag, 20. März 2008)

Heute war also der dritte Tag, und mittlerweile haben wir den Dreh raus. Die Verhandlungserfolge der letzten beiden Tage haben uns den nötigen Schwung und Mut gegeben, am wichtigsten Tag wieder voll anzupacken. Die vielen Ideen, die wir vorwiegend mit unseren Nachbarländern im Golfraum erarbeitet haben und die in unsere Arbeitspapiere gemündet sind, haben wir heute mit denen der anderen Länderregionen der Vereinten Nationen zusammenfließen lassen. Schließlich sollte es ja nicht das Ziel sein, sich krampfhaft Mehrheiten zu schaffen, sondern eine größtmögliche Übereinstimmung in den Ausschussfragen zu erreichen, sodass selbst die Mittagspause für diplomatische Gespräche unter den einzelnen Delegierten genutzt wurde. Aber der Tag bestand nicht nur aus intensiven Verhandlungen. Sechs verschiedene Fachvorträge zu den aktuellen Themen der Vereinten Nationen ermöglichten uns einen tieferen Einblick in die Arbeitsfelder der UNO. Die heiße Phase setzte allerdings erst nach dem Abendessen ein. Wortlaute wurden geändert, Kommata verschoben und Absätze gestrichen, bis sich die Delegierten am späten Abend erschöpft aber zufrieden in der eigens eingerichteten Lounge zurücklehnen konnten. Geschafft legen wir uns ins Bett, während kleine bunte Lämpchen noch bis in die Morgenstunden über dem Broadway funkeln.

(Anna Duleczus und Martin T. Teubner)

Der Tag der Resolutionen: ein Zeichen für erfolgreiche Verhandlungsführung (Freitag, 21. März 2008)

Harte und lange Verhandlungen am Vortag haben uns auch heute Morgen nicht davon abgehalten, zeitig aufzustehen und uns wie echte New Yorker Geschäftsleute unser Frühstück an einem der vielen kleinen Straßenstände zu kaufen. Mit Kaffee und Bagel in der Hand ging es dann schon um 8:30 Uhr in die ersten Sitzungen. In die Verhandlungen des Vortages stiegen wir direkt wieder ein, diesmal besonders darauf bedacht, dass die Position der Vereinigten Arabischen Emirate in den stetig verschmelzenden Arbeitspapieren nicht verloren ging. Die Arbeit unserer fleißigen Delegierten war heute besonders wichtig, da das Ende der Simulation näher rückte und somit fertige Resolutionsvorschläge für die Abstimmung erwartet wurden. Während der Verhandlungszeit wurden in vielen Ausschüssen bis zu 20 Arbeitspapiere diskutiert, die dank des unermüdlichen Einsatzes aller Delegierten auf sechs bis sieben - alle Interessen berücksichtigenden - Resolutionsvorschläge reduziert werden konnten. Diese Papiere mussten schließlich noch durch einen aufwändigen Abstimmungsprozess aller anwesenden Nationen mehrheitlich angenommen werden, was in einigen Komitees länger dauerte als erwartet. Letztendlich wurde die Mehrzahl der Papiere angenommen und damit zu Resolutionen. Ein Zeichen für die erfolgreiche Verhandlungsführung und Zusammenarbeit in den Commitees. Auch wir feierten dies gebührend, bei einem gemeinsamen echten amerikanischen Abendessen auf dem Time Square.

Für die meisten Delegierten ist die Arbeit damit getan. Nur unsere Vertreter der Generalversammlung und des ECOSOC werden morgen über alle Resolutionen der Unterausschüsse noch einmal abstimmen, diesmal im echten UN-Hauptquartier. Der für uns letzte offizielle Auftritt wird die Abschlusszeremonie, die von allen schon mit viel Spannung erwartet wird, da Preise für herausragende Leistungen verteilt werden. Zufriedene und satte Grüße aus dem Big Apple.

(Vera Keuper und Claudia Kirbach)

Das offzielle Ende: Are we an award winning team? (Samstag, 22. März 2008)

Lang schlafen und freie Vormittagsgestaltung - so entspannt kann ein Tag in New York beginnen. Die freie Zeit nutzend, widmeten sich die einen dem guten Zweck und unternahmen zum UN-Weltwassertag einen ausgedehnten Spaziergang im morgendlich kalten Central Park zur Unterstützung von Brunnenprojekten in Afrika, während sich andere der Anziehungskraft der Stadt und bis dato unterdrückten Konsumtrieben hingaben. Zwei Teammitglieder, Johannes und Vera, arbeiteten fleißig in der UNO und stimmten über ausgewählte Berichte und Resolutionen ab. Entspannt und gut gelaunt traten wir schließlich am Nachmittag im UN Hauptquartier zusammen, um der NMUN-Abschlussveranstaltung beizuwohnen. Zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand was kurz darauf geschehen sollte.

Bereits gestern Abend erhielten wir eine Auszeichnung für eines der besten Positionspapiere - der erste Award überhaupt für die TU Chemnitz! Aber damit nicht genug, überglücklich durften wir während der Zeremonie eine weitere Auszeichnung für herausragende Mitarbeit entgegen nehmen. Es ist unglaublich! Wir sind glücklich und stolz. Unsere Arbeit hat sich nicht nur gelohnt und wir haben enorm viel gelernt, nein, sie wurde auch offiziell ausgezeichnet. Beflügelt von solch erfreulichen Neuigkeiten gönnten wir uns in einem tollen thailändischen Restaurant ein, vor allem gesundes, Siegeressen. Im Anschluss durften wir als zweifache Gewinner auf dem Delegates Dance natürlich nicht fehlen.

In diesem Sinne verabschieden sich die Chemnitzer von ihrer Rolle als Diplomaten und werden wieder zu Studenten, jedoch um einiges Wissen und persönliche Erfahrungen reicher.
Bis bald an der Uni und "take care", wie man hier zu sagen pflegt...

(Janka Engbertz)

Weitere Informationen zur UN-Simulation und dem Projekt der Chemnitzer Studierenden: http://www.tu-chemnitz.de/nmun/

Katharina Thehos
18.03.2008

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