Universelle Steuerplattform gegen die Datenflut
Chemnitzer Forscher wollen die Sensordaten im Auto zentral verarbeiten - Erste Forschungsergebnisse werden vom 16. bis 20. April 2007 auf der Hannover Messe vorgestellt
Projektleiter Daniel Kriesten (l.) und Peter Wolf analysieren die Datenübertragung zwischen zwei Funkmodulen. Foto: Daniel Froß |
Sie möchten ein neues Auto ohne Steuergeräte kaufen? Unmöglich! In einem ganz normalen Pkw befinden sich mindestens zehn dieser Geräte. Und in moderne Luxuslimousinen sind bereits mehr als 70 Steuergeräte eingebaut. Sie alle verarbeiten pausenlos Daten, die von Sensoren geliefert werden. Die Steuergeräte sorgen zum Beispiel dafür, dass das Licht automatisch bei Dämmerung zugeschaltet wird oder starten den Scheibenwischer, wenn es regnet. So vielfältig wie die Funktionen, die gesteuert werden müssen, ist auch die dahinterstehende Technik. "Was den Herstellern von Steuer- und Sensortechnik bisher fehlt, ist eine universelle Steuerplattform mit standardisierten Schnittstellen zur zentralen Verarbeitung der umfangreichen Sensordaten", sagt Prof. Dr. Ulrich Heinkel von der Professur Schaltkreis- und Systementwurf der TU Chemnitz. Viele der heute im Auto eingesetzten Steuergeräte seien noch nicht einmal aufeinander abgestimmt und erfüllen Doppelfunktionen.
Mit einer so genannten "Generalisierten Plattform zur Sensordatenverarbeitung" wollen die Forscher der TU Chemnitz die Datenflut im Auto endlich in den Griff bekommen. Seit April 2006 arbeiten sie an einem flexiblen System zur Erfassung und zentralen Speicherung von Sensordaten. Das Bundesforschungsministerium fördert die Nachwuchsforschergruppe innerhalb des "InnoProfile-Projekts" mit 2,1 Millionen Euro. Erste Ergebnisse stellen die Chemnitzer vom 16. bis 20. April 2007 auf der Hannover Messe vor.
Auf dem Stand "Forschung für die Zukunft" (Stand A34 und C39) in der Halle 2 zeigen sie einen "Car-to-Roadside-Demonstrator". Damit ist eine drahtlose Datenübertragung zwischen dem Fahrzeugcockpit und einem am Straßenrand positionierbaren Gerät ("Roadsite-Unit") möglich. Beispielsweise können dem Fahrzeugführer Daten über die aktuelle Verkehrssituation (z.B. Richtgeschwindigkeit und Verkehrslage) übermittelt werden. "Ein Verbund solcher Roadside-Units ermöglicht eine geschlossene, schnelle und hochgenaue Verkehrsdatenerhebung. Fahrzeugführer könnten innerhalb kürzester Zeit über veränderte Verkehrsverhältnisse informiert werden und entsprechend reagieren", versichert Projektleiter Daniel Kriesten.
Die neue Plattform soll übrigens flexible Schnittstellen enthalten, damit bereits im Auto vorhandene Sensoren angebunden werden können, ohne dass ein kostenintensives Redesign erforderlich wird. Daher wollen die Forscher neben den Schnittstellen CAN-Bus, MOST und FlexRay auch weitere standardisierte drahtlose (UMTS, Bluetooth) und drahtgebundene Übertragungsverfahren (z.B. USB, Firewire) in die generalisierte Plattform einbinden. "Zukünftig werden die Sensordaten quasi in einer Blackbox zentral gesammelt und für die Auswertung zur Verfügung gestellt. Die flexible Architektur des Steuergerätes spart nicht nur enorme Herstellungs-, Entwicklungs- und Wartungskosten beim Automobil, sondern bietet auch ein breites Anwendungsfeld für andere Industriezweige, schließlich verfügen auch immer mehr Gebäude und Produktionsanlagen über automatisierte Systeme", erläutert Informationstechniker Kriesten.
Maßgeblich im Projekt unterstützt werden die sieben Nachwuchsforscher der TU Chemnitz von kleinen und mittleren Unternehmen aus der Region - darunter der Softwareanbieter Unicontrol Frankenberg, der Automobilelektronikhersteller Prettl Elektronik Radeberg sowie die Sensorspezialisten GEMAC Chemnitz und i2s Dresden. Der Wissenstransfer läuft bereits auf Hochtouren: "Die beteiligten Unternehmen überführen unsere Forschungsergebnisse sofort in ihre Produkte", berichtet Prof. Heinkel.
Weitere Informationen erteilt Daniel Kriesten, Telefon (03 71) 5 31 - 33 058, E-Mail daniel.kriesten@etit.tu-chemnitz.de
Mario Steinebach
04.04.2007