Gratwanderung zwischen Verarmung und Vereinfachung
Nicht nur die Deutschen sind hin- und hergerissen, was sie von der neuen Rechtschreibung halten sollen
Sie spaltet die Gemüter und ist Gegenstand einer gegenwärtig noch immer hitzigen Debatte: Die neue deutsche Rechtschreibreform. Doch nicht nur Muttersprachler sind von den Veränderungen betroffen, sondern auch Deutsch lernende Ausländer. Zurzeit sind 43 Studenten aus Europa, Afrika und Asien an der TU Chemnitz für einen dreiwöchigen Sommersprachkurs zu Gast. Die meisten von ihnen studieren in ihren Heimatländern Germanistik und müssen nun lernen, die neuen Regelungen anzuwenden. Die Medienkommunikations-Studentin Caroline Polmer fragte einige von ihnen, ob und welche Probleme sie mit der deutschen Rechtschreibung haben.
Laura Soprana aus Italien: "Mir fällt es sehr schwer, von der alten zur neuen Rechtschreibung zu wechseln. Schwierig ist es deshalb, weil die Dozenten an meiner Uni überhaupt nicht auf dieses Thema eingehen und auch bei unseren Arbeiten nicht darauf achten."
Oliver Liffa aus Ungarn: "Manchmal schreibe ich nach der alten, manchmal nach der neuen Rechtschreibung. Schade ist es, dass das ß zunehmend verschwindet, weil es doch sehr charakteristisch ist. Dadurch wird die deutsche Sprache ärmer. Aber es ist ein gutes Geschäft, alle Bücher neu zu drucken."
Murat El Mokarram aus Marokko: "Die alte Rechtschreibung ist einfach besser, die Reform finde ich Quatsch. Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum die Sprache einfach so verändert wird. Zum Glück habe ich schon alle Sprachkurse an der Uni hinter mir."
Katja Frolowa aus der Ukraine: "Ich bin für die neue Rechtschreibung. Es ist einfacher für mich, zum Beispiel ss statt ß zu schreiben. Ich kann nicht verstehen, warum so viele Deutsche dagegen sind. An meiner Uni wird es uns als Fehler angerechnet, wenn wir nach der alten Rechtschreibung schreiben."
Assem Azimzhanowa aus Kasachstan: "Gut finde ich, dass man die Wörter jetzt so schreibt, wie man sie hört. Das macht es leichter. Die neue Rechtschreibung ist auch ein Vorteil am Computer, weil man schneller schreiben kann. Probleme hatte ich nur mit dem Wort 'bisschen'."
Fotos: Caroline Pollmer
Mario Steinebach
12.08.2004