Im Spannungsfeld der Grenzregion
"Grenz3Expedition": Eine internationale Gruppe von Studierenden der TU Chemnitz erkundete das Drei-Länder-Eck Deutschland, Polen und Tschechien mit dem Fahrrad
Die Teilnehmer der "Grenz3Expedition" am Dreiländereck Polen-Tschechien-Deutschland. Foto: privat |
Nicht zuletzt seit der Osterweiterung ist das Interesse groß an den europäischen Nachbarn, auch unter jungen Menschen. Aus diesem Grund erkundeten Studenten verschiedener Nationalitäten der TU Chemnitz (u. a. aus Marburg, Brünn, Breslau und Chemnitz) im Juni für sechs Tage das Dreiländereck Deutschland, Polen und Tschechien mit dem Fahrrad. „Wir wollten den Spannungsraum Grenze mit seinen Ängsten und Chancen erforschen“, beschreibt die Teilnehmerin Carolina Welter die abwechslungsreiche Tour von Jonsdorf im Zittauer Gebirge bis zur Europastadt Görlitz/Zgorzelec. Als Zwischenetappen steuerten die Studenten während ihrer „Grenz3Expedition“ die Grenzstadt Hradek in Tschechien an, in Polen die Stadt Bogatynia. Beide Orte sind über die Städtekooperation „Kleines Dreieck“ mit Zittau verbunden.
Es sollte jedoch nicht nur eine Fahrradtour durch eine reizvolle Landschaft werden, vielmehr war die internationale Gruppe daran interessiert, während ihrer Reise mit Menschen in der Grenzregion ins Gespräch zu kommen. In Hradek trafen sie die stellvertretende Bürgermeisterin Hedvika Zimmermanova, mit der sie die Zusammenarbeit der einzelnen Länder im Grenzgebiet diskutierten. „Es war sehr interessant, zu erfahren, wie unterschiedlich die einzelnen Nationalitäten sind, obwohl sie doch so nah bei einander wohnen“, schildert Carolina Welter das Gespräch. Auch gestalte sich die Zusammenarbeit zwischen den Ländern durch die EU-Erweiterung nicht unbedingt einfacher, sondern werde vielmehr durch höheren bürokratischen Aufwand erschwert, wie die Studenten erfuhren.
In Hirschfelde zwischen Zittau und Görlitz besuchte die Gruppe Beamte des Bundesgrenzschutzes. Im Mittelpunkt dieses Treffens stand insbesondere die Arbeit und Zusammenarbeit mit den polnischen und tschechischen Kollegen sowie die Problematik des Menschenschmuggels im Grenzgebiet. „Ein polnischer oder tschechischer Grenzbeamter spricht meist mehr deutsch, als es umgekehrt der Fall ist“, kommentiert Carolina Welter.
Anschließend setzten die Radfahrer ihre Tour in Richtung Bogatynia und Frydlant fort. In Gesprächen mit den Menschen vor Ort erlebten die Studenten ganz persönliche Eindrücke und Erfahrungen der Grenzler. Einige, so erfuhr die Gruppe, schätzten die Lage in der Grenzregion eher pessimistisch ein und teilten die Auffassung, dass es noch einige Generationen dauern würde, bis die Grenze in den Köpfen verschwunden sei. „Es herrscht zum Beispiel immer noch von deutscher Seite die Angst, dass polnische oder tschechische Arbeiter die Arbeitsplätze wegnehmen“, beschreibt Carolina Welter die Situation.
Nach sechs Tagen endete die Reise schließlich mit einer Stadtführung durch die Grenzstadt Görlitz/Zgorzelec, die sich derzeit um den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2010“ bewirbt. „Wir haben viel erlebt. Besonders aufgefallen ist uns, dass sich das Spannungsfeld Grenzregion durch die Erweiterung nicht viel verändert hat“, sagt Carolina Welter. Das von dem Theodor-Heuss-Kolleg der Robert-Bosch-Stiftung geförderte Projekt soll eventuell im kommenden Jahr wiederholt werden, um die Grenzregion erneut zu erkunden.
(Autorin: Caroline Pollmer)
Mario Steinebach
02.08.2005