Die Mathematik des Handlungsreisenden
Die Gesellschaft für Operations Research e.V. zeichnete wieder exzellente Dissertationen aus – die ehemalige TU-Mitarbeiterin Anja Fischer zählt zu den Preisträgern
Wenn es darum geht, quantitative Modelle und Methoden zur Entscheidungsunterstützung zu entwickeln und einzusetzen, arbeiten die Disziplinen der Mathematik, der Wirtschaftswissenschaften und der Informatik Hand in Hand. Dieser Zusammenarbeit widmet sich seit 1998 die gemeinnützige Gesellschaft für Operations Research e.V. (GOR). Deren zentrale Aufgabe ist es, die Verbreitung und den Einsatz von Methoden des Operations Research in Wissenschaft und Praxis zu fördern. Dies geschieht zum Beispiel mit Hilfe von Fachpublikationen, Tagungen oder der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
Ein Weg hierfür ist die Auslobung des GOR Dissertationspreises, der jährlich im Rahmen der Jahrestagung für herausragende Doktorarbeiten verliehen wird, die sich um den Bereich des Operations Research verdient gemacht haben. Preisträger erhalten jeweils ein Preisgeld von 2.000 Euro und weitere Vergünstigungen der Gesellschaft. Sie dürfen ihre Arbeiten im Rahmen der Tagung vorstellen und ihre Ergebnisse werden in einer gekürzten Fassung in den Proceedings der Konferenz veröffentlicht. In diesem Jahr fand die Veranstaltung in Aachen statt. Es wurden vier Wissenschaftler geehrt, darunter auch Anja Fischer, deren Dissertation an der Professur Algorithmische und Diskrete Mathematik der TU Chemnitz entstand.
Ihre Doktorarbeit mit dem Thema „A Polyhedral Study of Quadratic Traveling Salesman Problems“ untersucht dabei eine Verallgemeinerung eines bekannten Optimierungsproblems der Mathematik sowie das dazugehörige Polytop genauer. Stellt man sich einen Handlungsreisenden vor, der möglichst schnell eine Reihe von Städten besuchen und dann zurück zum Ausgangsort möchte, so hängt die Reisezeit von jeweils zwei in der Rundreise aufeinander folgenden Orten ab. „In der Dissertation habe ich eine spezielle Erweiterung des TSP, nämlich das TSP mit quadratischer Zielfunktion betrachtet“, so Anja Fischer. Den Unterschied zur klassischen Problemstellung bildet die Abhängigkeit der Zielstellung von in diesem Fall je drei in der Rundreise aufeinander folgenden Orten. Damit lassen sich beispielsweise auch Wartezeiten beim Wechsel zwischen unterschiedlichen Verkehrsmitteln einbeziehen. Ihre Ergebnisse stellen die Grundlage für die algorithmische Umsetzung dar. „Tatsächlich konnten die Laufzeiten in der Literatur für Anwendungsprobleme aus der Biologie um mehrere Größenordnungen reduziert werden“, resümiert die ehemalige Mitarbeiterin der TU Chemnitz, die heute an der TU Dortmund forscht.
Weitere Preisträger sind Claudia Schlebusch von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit ihrer Dissertation „On Arc-Routing Problems“ und Marika Karbstein vom Zuse-Institut Berlin, die mit ihrer Arbeit über „Line Planning and Connectivity“ promovierte. Manuel Kutschka von der RWTH Aachen wurde als einziger männlicher Preisträger für seine Doktorarbeit über „Robustness Concepts for Knapsack and Network Design Problems under Data Uncertainty“ geehrt.
Weitere Informationen zur Gesellschaft für Operations Research e.V.: https://gor.uni-paderborn.de/index.php?id=7
(Autor: Andy Schäfer)
Mario Steinebach
22.11.2014