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TUCaktuell Schüler

Schönherr, Schornstein, Staatsarchiv

Schüler der Waldorfschule und des Chemnitzer Schulmodells forschen gemeinsam mit Wissenschaftlern der Institute für Europäische Studien und Europäische Geschichte der TU - Erste Ergebnisse liegen vor

„Früher nannten sie mich den grauen Riesen, jetzt bin ich nur noch der Leuchtturm“, hören wir eine traurige Stimme. „Dabei hatte ich mich doch so auf mein buntes Kleid gefreut!“ Wer hier wohl spricht? Genau, der Chemnitzer Schornstein. Oder besser gesagt, die Schülerinnen und Schüler des Chemnitzer Schulmodells, die am 1. Juli die Ergebnisse des ersten Jahres des Denkwerk-Projektes "Industriegeschichte erleben" vorstellen.

Ein Jahr ist nun vergangen, seit die Philosophische Fakultät der TU Chemnitz im Rahmen des Projektes mit der Waldorfschule Chemnitz und dem Chemnitzer Schulmodell zusammenarbeitet. Ein Jahr, in dem die Schüler in die Tiefen der Stadtforschung abgetaucht sind. Im Fokus standen vor allem das Gelände der Chemnitzer Schönherrfabrik, das Brühlviertel sowie Leben und Werk Richard Hartmanns. Es wurden Kartierungen erstellt, historische Quellen durchforstet, Begehungen und Interviews durchgeführt und Medienanalysen betrieben. Die Ergebnisse dieser Forschung wurden am 1. Juli 2015 in der Mensa des Chemnitzer Schulmodells einem interessierten Publikum vorgestellt.

Nach einem weiteren Jahr soll zum Ende der Projekt-Laufzeit eine App entstehen, mit der interaktive Stadtspaziergänge durch Chemnitz möglich sind. An ausgewählten Stellen sind sogenannte Marker hinterlegt, die dann auf dem Bildschirm des jeweiligen Gerätes angezeigt werden. Die dort hinterlegten Bilder, Texte oder Videoclips sind dementsprechend nur an dem Ort abzurufen, an dem sie entstanden sind oder auf den sie sich beziehen. Auf diese Weise wird es den Nutzern ermöglicht, Bezüge zwischen ihren eigenen Wahrnehmungen und den dokumentierten Zeitzeugnissen herzustellen. Wie man sich diese Anwendung in der Endversion vorzustellen hat, zeigte Interaction-Designerin Mary-Anne Kockel anhand eines Prototypen. Schnell wird deutlich, dass das Endprodukt über einen „klassischen“ Stadtrundgang hinausgeht, da es sowohl Fakten wie auch subjektive Wahrnehmungen sowie Aufgaben zur Schärfung der Eigenwahrnehmung integriert.

Auch das Hörspiel über den Chemnitzer Schornstein, konzipiert und umgesetzt von Diplom-Geographin Katja Manz, wird abzurufen sein. Die Texte, die von Schülern gesprochen werden, sind aber keineswegs erfunden, sondern stammen aus Zeitungsartikeln wie der Freien Presse und der Chemnitzer Morgenpost, Protokollen von Ratssitzungen und Pressekonferenzen oder aus Facebook-Kommentaren. Der geschickte Zusammenschnitt dieser Materialien und die künstlerische Aufbereitung in Form eines Hörspiels ermöglichen es, den öffentlichen Diskurs um dieses Kunstprojekt auf unterhaltsame Art und Weise nachzuvollziehen.

Den Lehrern, den Eltern, dem Projektteam der TU Chemnitz um Juniorprofessorin Dr. Birgit Glorius sowie geladenen Gästen wie z.B. dem Leiter des Staatsarchivs Raymond Plache präsentieren die Schüler ihre Ergebnisse. Und dabei haben sie sich große Mühe gegeben. So gibt es beispielsweise ein Geräuschequiz: Typische Geräusche vom Brühl werden vorgespielt, und die Zuhörenden sollen erraten, was damit dargestellt werden soll. Bohrgeräusche stehen für die dort durchgeführten Sanierungen. Auch die beiden Mädchen, die von ihrer Forschung im Staatsarchiv erzählen, haben sich etwas besonderes ausgedacht: Sie tragen die ganze Präsentation über weiße Handschuhe, schließlich ist das das allerwichtigste im Archiv. Eine Präsentation übernehmen auch zwei Schülerinnen von der Waldorfschule, sie erzählen von ihren ganz persönlichen Eindrücken auf dem Brühl, den heruntergekommenen Bänken und Straßenlaternen. Als die Schüler sich dann beim Höhepunkt des Abends selbst im Hörspiel hören, müssen sie ganz schön kichern. Auch den Erwachsenen entfährt der ein oder andere Lacher – die Ergebnisse sprechen für sich und machen Lust auf mehr.

Projekt-Homepage: http://www.industriegeschichte-erleben.de

Ansprechpartner: Jun.Prof. Dr. Birgit Glorius, Telefon 0371 531-33435, E-Mail birgit.glorius@phil.tu-chemnitz.de

(Autorin: Ellen Hieber)

Mario Steinebach
08.07.2015

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