Eng verdrahtet mit der Uni
TU-Absolvent Jens Kieselstein ist heute Geschäftsführender Gesellschafter der KIESELSTEIN International GmbH und erschließt gerade mit 3D-Draht-Strukturen weltweit ein neues Geschäftsfeld
Mit mehr als 600 Kunden in etwa 50 Ländern ist die KIESELSTEIN International GmbH in Chemnitz ein bedeutender Hersteller von modernen Drahtziehanlagen und Drahtziehschälmaschinen sowie Drahtverarbeiter. Seit dem Jahr 2013 übernimmt Jens Kieselstein als Geschäftsführer die alleinige Verantwortung für dieses Unternehmen. Der TU-Absolvent stieg nach dem erfolgreichen Abschluss seines Maschinenbaustudiums an der Technischen Universität Chemnitz im Jahr 2006 als zweiter Geschäftsführer mit in das Unternehmen ein, das einst von seinem Vater Dr. Stephan Kieselstein gegründet wurde. Bereits während seines Studiums verdiente sich der Maschinenbauer als Praktikant und Minijobber etwas in der Firma seines Vaters dazu. „In der Drahtindustrie geht es vorrangig um Praxiswissen. In der Montage bekam ich schnell ein Gefühl für wichtige Produktionsabläufe und konnte so meine theoretischen Kenntnisse aus dem Studium anwenden. Auch merkte ich, dass ein grundlegendes betriebswirtschaftliches Verständnis für die Arbeit in einem kleineren Unternehmen von zentraler Relevanz ist“, erinnert sich der TU-Absolvent und ergänzt: „Zugleich wurde mir aber auch bewusst, dass ich gerne Verantwortung übernehme und mich mehr auf unternehmerischer Seite sehe als auf der eines Angestellten. Ich habe stets hart gearbeitet, viele innovative Ideen eingebracht und war sehr begeisterungsfähig. Dies waren optimale Grundvoraussetzungen für die Übernahme der Firma. Und das hat schließlich auch mein Vater erkannt.“
Derzeit möchte der Geschäftsführer mit dreidimensionalen Drahtgeflechten in Leichtbauweise ein neues Geschäftsfeld erschließen. Das neuartige Produkt nennt sich strucwire, zu Deutsch Struktur-Draht. Es entsteht, indem Drahtspiralen von den Seiten her in die benachbarten Schichten eingedreht werden. Verwendet werden können Drähte aus Stahl, Aluminium, Kupfer, Titan oder Magnesium. Die Anwendungsmöglichkeiten der Neuheit sind vielfältig. So kann das Drahtgeflecht beispielsweise in der Medizintechnik eingesetzt werden, um die Struktur im Inneren künstlicher Gelenke an die in menschlichen Knochen anzunähern. Weiterhin ist der Einsatz als Leichtbauelement im Maschinen- und Anlagenbau, in der Automobilindustrie sowie im Bauwesen denkbar. Kieselstein fasst die Vorteile der 3D-Draht-Struktur kurz zusammen: „Der spezielle Aufbau sorgt für ein geringes Gewicht bei großer Oberfläche. Dennoch ist das Geflecht sehr stabil und in höchstem Maße flexibel. Bei strucwire können Drähte unterschiedlicher Dicken bis hin zu dünnen Metallrohren in verschiedensten Maschengrößen und -formen miteinander verflochten werden.“ In Deutschland ist das Produkt inzwischen durch ein Patent geschützt und europaweit sowie auf den wichtigsten Märkten der Welt dafür angemeldet.
Zu seiner Ausbildungsstätte hat der Ingenieur fortwährend guten Kontakt. Gemeinsam mit Prof. Dr. Lothar Kroll, Leiter der Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung der TU Chemnitz, arbeitet Kieselstein an mehreren Projekten. „Dabei treffen wissenschaftliche Mitarbeiter der Chemnitzer Universität auf Entwicklungsingenieure der KIESELSTEIN International GmbH. Der wissenschaftliche Austausch führt oft zu zielführenden Ideen, die sowohl die Arbeiten an der Professur als auch unser Unternehmen voranbringen“, erklärt Kieselstein. Gemeinsam mit der Unterstützung seiner 38 Mitarbeiter möchte er im Jahr 2015 den Umsatz des Unternehmens auf sechs Millionen Euro verdoppeln. „Gute Arbeit braucht auch gute Leute“, sagt Kieselstein und ergänzt erklärend: „Ich stelle gerne Absolventen von der TU Chemnitz ein, da ich deren theoretisches wie auch praktisches Wissen zu schätzen weiß. Etwa 30 Prozent der angestellten Ingenieure sind Chemnitzer TU-Absolventen und diese Quote möchte ich mindestens beibehalten. Eine Einstiegsmöglichkeit ist bei uns das Praktikum, eine Stelle als Werkstudent oder das Anfertigen einer Abschlussarbeit. Auch ausländische Studierende sind gerne willkommen. Aufgrund unserer hohen Exportquote arbeiten wir viel in Englisch und sind stets daran interessiert, die Internationalität zu fördern und im Unternehmen zu steigern.“
Das erste Unternehmen unter dem Namen KIESELSTEIN wurde im Jahr 2002 von Dr. Stephan Kieselstein gegründet, dessen akademischer Werdegang dem seines Sohnes gleicht. So studierte und promovierte der Unternehmensgründer von 1972 bis 1976 im Fachbereich Werkzeugmaschinentechnik an der Technischen Hochschule Karl-Marx-Stadt, der heutigen Technischen Universität Chemnitz. Die Idee, mit Drähten Geld zu verdienen, setzte er anschließend um und führte die Firma mit der Unterstützung seines Sohnes Schritt für Schritt zum Erfolg. „Inzwischen zählt die KIESELSTEIN International GmbH sogar zu den Weltmarktführern auf dem Gebiet der Ziehschälanlagen für die Herstellung von Federdraht, der in der Automobilindustrie verwendet wird“, erzählt Jens Kieselstein und ergänzt: „Ich bin außerordentlich froh und stolz darauf, das Familienunternehmen weiter zu führen. Nun möchte ich den Namen Kieselstein global noch bekannter machen.“ Die Söhne des zweifachen Familienvaters befinden sich noch im Kindesalter, daher stehe der eigene Nachfolge-Gedanke derzeit noch außer Frage.
(Autorin: Katharina Preuß)
Mario Steinebach
26.08.2015