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Schnittstellendasein zwischen Physik und Psychologie

Elf Fragen an Prof. Dr. Wolfgang Einhäuser-Treyer, der seit April 2015 Inhaber der Professur Physik kognitiver Prozesse ist

  • Prof. Dr. Wolfgang Einhäuser-Treyer erforscht Fragen der visuellen Wahrnehmung, der visuellen Aufmerksamkeit sowie der Kopplung von Wahrnehmung mit Handlungs- und Entscheidungsfindungsprozessen. Eine zentrale Methodik ist dabei der Einsatz von Eyetracking-Systemen, mit denen sich Augenbewegungen messen lassen. Foto: Steve Conrad

Prof. Dr. Wolfgang Einhäuser-Treyer (37) ist seit April 2015 Inhaber der Professur Physik kognitiver Prozesse. In elf Antworten gibt er den Lesern von „Uni aktuell“ Einblicke in seinen Werdegang, seine Ziele und seine Zeit in Chemnitz.

Was versteht man eigentlich unter Physik kognitiver Prozesse?

Die Benennung der Professur ist wohl weltweit einmalig, drückt aber meines Erachtens sehr schön ihr Schnittstellendasein zwischen Physik und Psychologie aus. Genauer versuchen wir kognitive und sensorische Vorgänge des Menschen durch physikalische Methoden zugänglich zu machen. Das hört sich zwar sehr modern an, steht aber in einer langen Tradition der sogenannten Psychophysik. Selbst bevor Fechner diesen Begriff prägte, wurde Wahrnehmungsforschung von Forschern wie Maxwell oder von Helmholtz betrieben, die uns heute auch durch ihre Beiträge zur Physik bekannt sind.

Die TU Chemnitz ist für mich als Professor die richtige Wahl, weil…

…hier die Verknüpfung zwischen Physik und Psychologie ernsthaft gelebt und in den Studiengängen für Sensorik und kognitive Psychologie institutionalisiert wird.

Stellen Sie uns kurz Ihre akademische Laufbahn vor.

Physikstudium in Heidelberg und Zürich, Promotion in Neuroinformatik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, dann knapp zwei Postdoktorandenjahre am California Institute of Technology (Caltech), ein gutes Jahr in der Informatik an der ETH und schließlich sieben Jahre als Juniorprofessor für Neurophysik in Marburg, dazwischen noch ein Jahr am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) in Bielefeld.

Beschreiben Sie Ihre Studienzeit in maximal 15 Worten.

Dank Auslandsaufenthalt und Studienortwechsel neue Perspektiven und vor allem neue Motivation gewonnen.

Hatten Sie während Ihrer Studienzeit Vorbilder, die Sie zur wissenschaftlichen Karriere ermutigt haben?

Sicherlich mein Doktorvater und unsere damaligen Institutsdirektoren während meiner Promotion, weil sie trotz aller administrativer Belastung die Freude an der täglichen Arbeit im Labor nie verloren haben und diese Begeisterung auch uns Studierenden immer wieder vermittelt haben. Richtig zu schätzen gelernt habe ich das allerdings erst später mit der Feststellung, dass das leider alles andere als selbstverständlich ist.

Was geben Sie jungen Studierenden und Absolventen mit auf den Weg?

Die Begeisterung für das Fach und seine Themen ist deutlich wichtiger als primär auf dessen vermeintliche Bedeutung und auf die Erfolgsaussichten für die spätere Berufswahl zu schauen. Über den Zeitraum eines Studiums können sich letztere ohnehin sehr wandeln.

Was möchten Sie künftig in der Lehre erreichen?

Die Verknüpfung zwischen Physik und Psychologie soll in den Studiengängen Sensorik und kognitive Psychologie noch enger werden und auch schon auf der Ebene einzelner Veranstaltungen deutlich hervortreten. Mittelfristig wünsche ich mir, dass der Masterstudiengang mehr Zufluss von außerhalb der TU Chemnitz erhält und sich unter den führenden kognitionswissenschaftlichen Studiengängen in Deutschland und Europa etablieren kann.

Welche Impulse setzen Sie in der Forschung an der TU Chemnitz?

Neben der Fortführung meiner Arbeiten zu Blickbewegungen unter realistischen Bedingungen und zu multistabiler Wahrnehmung bietet die Anbindung an ein Physikinstitut zunächst einmal die Möglichkeit, das theoretische Verständnis dieser Prozesse deutlich auszubauen und auch in Hinblick auf zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten zu untersuchen. Darüber hinaus freue ich mich darauf, in Kooperation mit der Professur für Struktur und Funktion kognitiver Systeme Ergebnisse aus der visuellen und auditiven Wahrnehmung zu einem umfassenden Verständnis multi-modaler Wahrnehmungs- und Kognitionsprozesse zusammenzuführen. Und schließlich sehe ich zahlreiche mögliche Anknüpfungspunkte mit Kollegen aus anderen Fachbereichen wie den Bewegungswissenschaften oder der Informatik.

Es gibt rund 45.000 Professoren an deutschen Hochschulen. Was hebt Sie ab?

Vielleicht auch geprägt durch meine internationale Erfahrung messe ich den Grenzen zwischen verschiedenen Fachgebieten nur sehr geringe Bedeutung zu und glaube den - leider überstrapazierten - Begriff der Interdisziplinarität auch wirklich zu leben.

Welchen Ort in Chemnitz zeigen Sie Gästen am liebsten?

Gästen mit Kindern auf jeden Fall den Tierpark in Rabenstein, ansonsten ist natürlich auch das Marx-Monument sehr eindrucksvoll.

Wie bringen Sie sich ins Leben der Stadt ein?

In den wenigen Monaten, die ich bisher in Chemnitz bin, gibt es naturgemäß noch wenig institutionalisierte Interaktion mit dem Leben in der Stadt; mir erscheint aber die tägliche Interaktion ohnehin am wichtigsten. Auf beruflicher Ebene möchte ich gemeinsam mit meinen Kollegen die Interaktion mit den lokalen Schulen auf allen Ebenen noch steigern, um die Begeisterung für die Wissenschaft im Allgemeinen und unser Fach im Speziellen schon frühzeitig zu wecken und zu stärken.

Weitere Informationen zur Professur: https://www.tu-chemnitz.de/physik/PHKP

Katharina Thehos
09.09.2015

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