Wo Fügetechnik kranke Zähne und Leben rettet
Studierende des Master-Studienganges Medical Engineering erhielten im Wintersemester Praxiseinblicke im Klinikum Chemnitz und im Centrum der Zahnmedizin & Implantologie
Dass Fügeverfahren eine wichtige Rolle bei der Herstellung von sicheren Verbindungen in medizintechnischen Komponenten und Geräten spielen, ist leicht verständlich. Keiner möchte sich vorstellen, was passiert, wenn in einem Herzschrittmacher oder einem Beatmungsgerät eine Schweiß- oder Klebeverbindung versagt. „Dass Ärzte in ihrer täglichen Arbeit bei Eingriffen im menschlichen Körper auch unterschiedlichste Fügeverfahren einsetzen und diese zum Teil lebensbedrohliche Zustände entschärfen können, ist in der Öffentlichkeit weit weniger präsent“, weiß Prof. Peter Mayr, Leiter des Instituts für Füge- und Montagetechnik der Technischen Universität Chemnitz und Inhaber der Professur Schweißtechnik. Genau dieses Wissen über den Einsatz von Fügeprozessen in der Medizintechnik aber auch in der Human- und Zahnmedizin bekommen Chemnitzer Studierende im Master-Studiengang Medical Engineering in der Lehrveranstaltung „Fügen in der Medizin“ seiner Professur vermittelt.
Von der Forschung in die Lehre: Winzige Kapillarrohre voll automatisiert mit Laser gefügt
„So ist zum Beispiel im medizinischen Apparatebau der Laser eines der am häufigsten eingesetzten Werkzeuge, um sichere Fügeverbindungen herzustellen“, sagt Mayr und fügt hinzu: „Mit dem Laser können kleinste Strukturen punktgenau und ohne große Veränderung der Werkstoffe und Geometrien gefügt werden.“ Die Professur Schweißtechnik könne bei der Vermittlung dieser Lehrinhalte auf die Ergebnisse zahlreicher erfolgreich abgeschlossener Forschungsprojekte zurückgreifen. So wurden zum Beispiel in einem von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen geförderten Projekt, dreidimensional geformte Kapillarrohre aus Edelstahl von nur 1 Millimeter Durchmesser und einer Wandstärke von 0,1 Millimeter voll automatisiert mit einem Laser gefügt. „Die dazu verwendeten Schweißdrähte hatten selbst nur einen Durchmesser von 0,1 Millimeter, vergleichbar mit dem doppelten Durchmesser eines menschlichen Haares“, erläutert Mayr. Diese Forschungsergebnisse werden sofort in die studentische Ausbildung integriert.
Herausforderungen der Zahnmedizin auf engstem Raum
Die außerordentliche Bedeutung der Fügeprozesse in der Zahnmedizin wurde den Studierenden im vergangenen Semester eindrucksvoll im Centrum der Zahnmedizin & Implantologie in Chemnitz durch Dr. Wolf Ullrich Mehmke vermittelt. So konnten sie hautnah miterleben, wie zum Beispiel Füllungen aus Kunststoffen ausgehärtet, keramische Zahnkronen einzementiert oder Implantate aus Titanlegierungen operativ eingesetzt werden. Die große Herausforderung in der Zahnmedizin ist dabei, dass diese Fügeverfahren auf engstem Raum an meist schwer zugänglichen Stellen angewendet werden müssen und die Verbindungen gleichzeitig aber für möglichst lange Zeit in einer ständig feuchten Umgebung höchste Beanspruchungen ertragen können müssen.
Fügeprozesse in der modernen Gefäßchirurgie
In der Klinik für Thorax-, Gefäß- und endovaskuläre Chirurgie des Klinikum Chemnitz dozierte Oberarzt Dr. Mirko Esche im Wintersemester über die Bedeutung von Fügeprozessen in der modernen Gefäßchirurgie zum Beispiel bei der Verschraubung von Stents (künstliche Blutgefäße) mit der Hauptschlagader zur Beseitigung von lebensgefährlichen Aortenaneurysmen (Aufweitung der Hauptschlagader). Highlight der Lehreinheit im Klinikum war der Besuch im Hybrid-OP wo Chefarzt Dr. Sven Seifert bei einem laufenden minimalinvasiven Eingriff an einer Nierenvene die 3D-gestützte Implantation von Stents demonstrierte. „Die Präzision und das Geschick des Operateurs beim Einsatz der Fügeprozesse direkt in den Blutgefäßen des menschlichen Körpers begeisterte unsere Studierenden sehr“, so Mayr. Mit spannenden Beispielen und beeindruckenden Demonstrationen sei es in den vergangenen Monaten gelungen, den Studierenden des Master-Studienganges Medical Engineering einerseits die Bedeutung der Fügetechnik in der Medizin zu vermitteln und anderseits sie für die wissenschaftliche Arbeit in ihrer Fachrichtung zu begeistern.
Weitere Informationen zum Studiengang „Medical Engineering“: https://www.tu-chemnitz.de/studentenservice/zsb/studiengaenge/flyer/medical_engineering_master.pdf
Mario Steinebach
16.03.2018