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Leben und arbeiten im Land der aufgehenden Sonne

Jacqueline Urakami hat an der TU Chemnitz am Institut für Psychologie promoviert – heute erforscht sie Technologien für eine alternde Gesellschaft in Japan

Dr. Jacqueline Urakami arbeitet als Assistenzprofessorin am Institute of Technology in Tokio. Dort forscht sie an Technologien, die das Leben im Alter angenehmer machen sollen. Ihren ersten großen Schritt in die Wissenschaft hat Urakami aber an der Technischen Universität Chemnitz gemacht. Zwischen 1997 und 2003 hat die studierte Psychologin an der TU promoviert. Ihre Dissertation schrieb sie bei Prof. Dr. Josef Krems, Inhaber der Professur für Allgemeine Psychologie I & Arbeitspsychologie am Institut für Psychologie der TU. Dort erforschte sie, welche Prozesse für das Textverständnis beim Lesen von Hypertexten relevant sind. Konkret untersuchte Urakami, inwiefern die Textstruktur einen Einfluss auf das Verstehen von kausalen und temporalen Zusammenhängen zwischen im Text genannten Ereignissen hat. Hierbei konzentrierte sie sich vor allem auf Texte, die sich mit historischen Ereignissen beschäftigten.

Bestes Arbeitsklima an der TU

Die Zeit an der TU Chemnitz hat Urakami in guter Erinnerung: „Als ich angefangen habe, an der TU zu arbeiten, wurde das psychologische Institut gerade gegründet. Die meisten Professoren und Mitarbeiter waren neu in Chemnitz. Es war eine freundliche und familiäre Atmosphäre am Institut und ich habe ein so gutes Arbeitsklima eigentlich auch nirgendwo anders wiedergefunden.“ Bis heute sei sie noch mit ehemaligen Kollegen und Kolleginnen befreundet und in regelmäßigem Kontakt. Besonders gern habe sie sich im Innenhof des Gebäudes an der Wilhelm-Raabe-Straße aufgehalten: „Im Sommer konnte man immer schön draußen auf der Bank sitzen. Das war mal eine gute Abwechslung zum Büro und dem Arbeiten am Computer“, erzählt Urakami.

Dann gibt sie noch eine humorvolle Anekdote preis: „An unserem Lehrstuhl wurde auch ein Projekt mit BMW durchgeführt. Zur Vorstellung des Projektes sollte ich mit dem durch BMW geliehenen PKW kurz über den Parkplatz fahren. Ich bin aber mit der automatischen Schaltung und den Bremsen überhaupt nicht zurechtgekommen und über den Parkplatz gehoppelt. Das Video wurde dann auf einer Konferenz in Japan gezeigt. Ich hoffe ja immer noch, dass mich niemand hier in Japan darauf anspricht“, erzählt Urakami und lacht.

Lange Öffnungszeiten, gesundes Essen

Ins Land der aufgehenden Sonne kam die gebürtige Lichtensteinerin (Sachsen) im Jahr 2003. Die Wissenschaftlerin erhielt ein zweijähriges Forschungsstipendium von der Alexander von Humboldt-Stiftung für einen Forschungsaufenthalt vor Ort. Die Zeit nutzte sie, um das Land und die Menschen kennenzulernen – und blieb bis heute dort. Mittlerweile lebt Jacqueline Urakami in Tokio. Ihr Leben dort beschreibt sie als sehr komfortabel: „Die Geschäfte sind täglich bis neun oder zehn Uhr abends geöffnet, auch am Wochenende. Es gibt viele Kliniken und Krankenhäuser in der näheren Umgebung. Die meisten Besorgungen kann ich mit dem Fahrrad erledigen.“ Auch das öffentliche Verkehrsnetz sei sehr gut, alles könne schnell und einfach erreicht werden. „Und das Essen“, ergänzt Urakami, „ist ausgezeichnet! Japan ist ja bekannt für seine sehr gesunde Küche, aber es schmeckt auch sehr gut. Es werden frische Zutaten und viel saisonales Gemüse verwendet. Und es gibt eine große Auswahl an Fisch und Meeresfrüchten.“ Nur eine Bäckerei, in der es nach frisch gebackenem Brot rieche und leckeres Brot mit Kruste verkauft werde, fehle ihr.

Die japanische Kultur – eine Herausforderung

Das alltägliche Leben sei jedoch bis heute auch eine Herausforderung: „Missverständnisse gibt es eigentlich ständig“, erzählt Urakami. Durch Missverständnisse in der Sprache oder weil man bestimmte Normen nicht kenne, passierten ständig Missgeschicke. Da helfe es, über sich selbst lachen zu können.

Ein Beispiel: „Vor kurzem hatten wir Bewerbungsgespräche an der Universität; ich war für die Tür eingeteilt und sollte sicherstellen, dass niemand unbefugtes reinkommt. Wir haben hier im Februar Minusgrade und in einer Rundmail wurden die ‚Türsteher’ dazu angehalten, sich warm anzuziehen. Ich bin dann also mit Mütze, Schal, Handschuhen, Winterstiefeln und einem dickem weißen Anorak zu meinem Einsatz – und war die einzige, die so dick angezogen war“, sagt Urakami lachend. „Für die Präsentationen der Masterstudenten habe ich mir dann extra noch schnell Bluse und Blazer übergezogen, während einige der Professoren nur in Jeans und Strickpullovern da waren.“ Aber das gehöre eben zu den interkulturellen Erfahrungen, die man so mache.

Keine Angst vor dem Altwerden

Auch wenn sich Urakami nicht sicher ist, ob sie wieder dauerhaft nach Deutschland zurück möchte, Chemnitz besucht die 43-Jährige auch heute noch: So hielt sie in diesem Jahr erstmalig am Seniorenkolleg eine Vorlesung zum Thema „Technologien in der immer älter werdenden japanischen Gesellschaft“. Gerade in Japan gebe es viele Bestrebungen, durch Technologien wie Robotik Probleme, die durch das Altern der Gesellschaft entstehen, zu lösen.

Die größte Herausforderung mit technischen Entwicklungen sei laut Urakami der verantwortungsvolle Umgang mit ihnen. Es müsse mehr diskutiert werden, welche gesellschaftlichen Veränderungen durch technische Entwicklungen ausgelöst werden können.

Ob sie selbst Angst vor dem Altern habe? Urakami verneint: „Alt werden ist toll! Mit jedem Tag lernt man sich selbst besser kennen. Aber vielleicht bin ich auch noch zu jung, um vor dem Älterwerden Angst zu haben.“ Und vielleicht wird es bis dahin bereits die Unterstützungen geben, an denen sie heute forscht.

(Autorin: Nina Schreyer)

Matthias Fejes
03.09.2018

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