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Durchbruch auf dem Gebiet der molekularen Nanoelektronik

Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Chemistry – A European Journal“ zur Publikation angenommen

Ein Chemnitzer Forschungsteam, bestehend aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Professuren Anorganische Chemie und Polymerchemie an der Fakultät für Naturwissenschaften der Technischen Universität Chemnitz, der Honorarprofessur Technologien der Nanoelektronik am Zentrum für Mikrotechnologien der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der TU und des Fraunhofer-Instituts für Elektronische Nanosysteme (ENAS), schaffte einen Durchbruch auf dem Gebiet der molekularen Nanoelektronik an der Schnittstelle zwischen Natur- und Ingenieurwissenschaften. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelang es, das Elektronen­übertragungsverhalten von verschiedenen „redox-aktiven, mit Ferrocenyl substi­tuierten, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen“ aufzuklären. Die Ergebnisse wurden nun in der renommierten Fachzeitschrift „Chemistry – A European Journal“ zur Publikation angenommen.

Ferrocene bzw. Ferrocenyl-Gruppen sind metallorganische sehr robuste Verbindungen, die sich reversibel oxidieren lassen. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe sind Bausteine, die in ihrem Grundgerüst delokalisierte Elektronen aufweisen. Reaktionen, die aus einer Reduktion und einer Oxidation bestehen sind, sogenannte Redoxreaktionen, sind von grundlegender Bedeutung in der Chemie. Es beruhen darauf sowohl Stoffwechselreaktionen in Lebewesen als auch elektrochemische Prozesse in technischen Anwendungen. Bei Redoxreaktionen werden Elektronen von einem Reaktionspartner (dem Donator) auf den anderen (dem Akzeptor) übertragen. Die zu reduzierende Verbindung nimmt dabei ein Elektron auf, während die zu oxidierende ein Elektron abgibt. Dabei sich nicht nur der elektronische Haushalt dieser Verbindungen, sondern auch deren Farbe, was zu sogenanntem solvato­chromem Verhalten führt. Die erkennbare Farbe der Lösungen beruht auf den Wechselwirkungen der metallorganischen Verbindungen  mit den Lösungsmittel­molekülen , so dass es beim Wechsel des gewählten Lösungsmittels zu einer Ver­änderung des Farbeindrucks kommt.

Neben den Wechselwirkungen untersuchten die Chemnitzer  Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zudem die Struktur, d. h. den molekularen Aufbau dieser Verbindungen im Festkörper. Dabei stellte sich heraus, dass der Aufbau der Verbindungen auf Grundlage sogenannter π-π-Wechselwirkungen untereinander beruht. Diese nicht-kovalenten Wechselwirk­ungen zwischen aromatischen Bestandteilen von Verbindungen sind ein hoch aktuelles Forschungsgebiet der Chemie und ermöglichen beispielsweise die schonende Funktionalisierung von Materialen, das heißt, ohne nennenswerten Eingriff in die Elektronenstruktur und damit das elektrische Transportverhalten. Diese Erkenntnis veranlasste das Forscherteam, noch einen Schritt weiter zu gehen. Sie führten Berechnungen durch, die zeigten, dass obige Verbindungen solche π-π-Wechselwirkungen mit einwandigen Kohlenstoffnanoröhren (SWCNTs) eingehen können. Kohlenstoffnanoröhrchen sind nanoskopisch kleine röhrenförmige molekulare Gebilde, die u. a. zur Herstellung von zukunftsträchtigen Bauelementen und Schalt­kreisen verwendet werden können. Ihre (halb)leitenden Eigenschaften ermöglichen zudem die Fertigung von Transistoren und Sensoren, die z. B. verglichen mit klassischen Siliziumtransistoren, neue Kennlinienbereiche zugänglich machen und andere Umgebungsbedingungen erlauben.

Aufgrund ihrer Herstellung kommen Kohlenstoffnanomaterialien wie SWCNTs jedoch als Feststoff stets in Form von Bündeln vor. Um sie in einer Anwendung nutzen zu können, müssen die van-der-Waal-Kräfte in diesen Gebilden aufgetrennt und die einzelnen Kohlenstofffasern herausgelöst werden. Hier hat sich gezeigt, dass die mit Ferrocenyl funktionalisierten Pyrene exzellent geeignet sind, gleich zwei Aufgaben zu erfüllen: Nicht nur ermöglichen sie die Auftrennung und Entbündelung der SWCNT-Feststoffe, sondern sie sind zudem in der Lage, das elektrochemische Verhalten der Ferrocenyl-Pyren-SWCNT-Komposite gezielt zu beeinflussen, was einen weiteren wichtigen Schritt in Richtung sensorischer Anwendungen innerhalb der Nanoelektronik darstellt.

Die vom Chemnitzer Forscherteam erarbeiteten Ergebnisse und daraus gezogenen Erkenntnisse wurden bei dem international renommierten Fachjournal „Chemistry – A European Journal“ zur Veröffentlichung eingereicht und auch zur Publikation angenommen. Dabei erhielten die Arbeiten exzellente Gutachterkritiken und wurden in die Top-10-Prozent aller eingereichten Arbeiten eingereiht. Aufgrund dessen wurden die Forscherinnen und Forscher aufgefordert, ein Titelbild für die Fachzeitschrift zu gestalten und einzureichen.

Die Forschungsarbeiten wurden durch ein Promotionsstipendium aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (Andrea Preuß), einem Sächsischen Landesstipendium vergeben vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (Eduard Kovalski), ein Chemiefonds-Stipendium des Fonds der Chemischen Industrie (Dr. Marcus Korb), sowie die DFG-Forschungsgruppe 1713 „Sensorische Mikro- und Nanosysteme“ (SMINT) innerhalb des Teilprojekts „Elektronische Bauelemente aus funktionalisierten und integrierten Kohlenstoffnanoröhren“ (Dr. Thomas Blaudeck) gefördert.

Originalveröffentlichung in „Chemistry – A European Journal“: Andrea Preuß, Sebastian Notz, Eduard Kovalski, Marcus Korb, Thomas Blaudeck, Xiao Hu, Jörg Schuster, Dominique Miesel, Tobias Rüffer, Alexander Hildebrandt, Katja Schreiter, Stefan Spange, Stefan E. Schulz, Heinrich Lang: “Ferrocenyl‐Pyrenes, Ferrocenyl‐9,10‐Phenanthrenediones, and Ferrocenyl‐9,10‐Dimethoxyphenanthrenes: Charge Transfer Studies and SWCNT Functionalization”, Chem. Eur. J. 2019, 201904450. Das Manuskript ist online verfügbar unter https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/chem.201904450.

(Autoren: Prof. Dr. Heinrich Lang, Dr. Thomas Blaudeck, Dr. Alexander Hildebrand, Andrea Preuß, Sebastian Notz)

Mario Steinebach
01.11.2019

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