Happy Birthday BEOLINGUS!
Es wächst und wächst und wächst: Das Online-Wörterbuch der Technischen Universität Chemnitz feiert 2015 sein 20-jähriges Bestehen und bedankt sich bei Millionen Nutzern
Für Frank Richter ist 2015 ein ganz besonderes Jahr. Neben seiner Tätigkeit als Mitarbeiter des Universitätsrechenzentrums betreut er als Gründer das seit 1995 existierende Online-Wörterbuch BEOLINGUS der Technischen Universität Chemnitz. Diese universitäre Plattform für Übersetzungen begeht nun ihr 20-jähriges Jubiläum. Richter und sein Team können derweil einen Rückblick wagen, wie das Wörterbuch über die Jahre beachtlich an Umfang und neuen Funktionen gewonnen hat.
600.000 Abrufe pro Tag
Den Grundstein legte eine im Internet frei verfügbare Wortliste, die aus circa 120.000 deutsch-englischen Wortpaaren bestand und als persönliche Übersetzungshilfe diente. Diese wurde 1995 als Suchformular auf dem Web-Server der TU Chemnitz veröffentlicht, um mit speziellen Web-Techniken experimentieren zu können. „Ich wollte die damaligen Möglichkeiten des noch jungen Mediums WWW ausreizen und den Benutzern interaktive nützliche Inhalte anbieten“, fasst Richter diesen Schritt zusammen. Dem Angebot gelang es das Interesse der Internetnutzer zu wecken, die fortan viele Korrekturen und neue Übersetzungen via E-Mail und später mit Hilfe eines Webformulars einschickten. 1996 folgte dann die systematische Bearbeitung des Wortschatzes: Fehler wurden beseitigt, der Wortschatz vereinheitlicht und eine grammatikalische Kategorisierung der Wörter vorgenommen. Kontinuierlich wurde dabei auch die Web-Oberfläche des Wörterbuchs nach den eigenen Wünschen und denen der Benutzer verbessert. Eine lohnende Initiative, denn die Übersetzungsanfragen steigerten sich von einigen Dutzend bis auf heute über 600.000 Abrufe pro Tag. „Es wurde mein intensivstes Hobby“, sagt Richter über diese Zeit, in der er sich in seiner Freizeit der Programmierung und Wortschatzpflege der Übersetzungsplattform widmete. 2006 war das Online-Wörterbuch so bereits auf über 300.000 verfügbare Übersetzungen angewachsen.
Mehrere Millionen Beispielsätze
Im selben Jahr startete die Zusammenarbeit mit der MIOTU/MIO2 Solutions GmbH und ein neuer Name wurde geboren: BEOLINGUS. Neben dem lateinischen Wortstamm „lingua“, der frei übersetzt „Sprache“ bedeutet, gibt auch das neue Symbol des Web-Wörterbuchs Aufschluss über die Herkunft des Namens. Der schwarzgefiederte Vogel „Beo“ aus der Familie der Stare ist dem indonesischen Wort für „Plappermaul“ entlehnt. Hier gilt er als äußerst kommunikativ und ist für seine Nachahmung von Lauten und Worten bekannt. Er hielt im übertragenen Sinne im Zuge eines neuen Portal-Designs und gleichsam mit zahlreichen neuen Funktionen Einzug in das digitale Nachschlagewerk. Fortan konnten Nutzer die Aussprache von Muttersprachlern zu einzelnen Wörtern anhören, Erläuterungen englischer Wörter einsehen sowie Synonyme, Zitate, Beispielsätze und Listen zu Fachthemen von Anatomie bis Zoologie wiederfinden. Im Jahr 2007 wurde das Wörterbuch dann um die Translationsoptionen Deutsch-Spanisch und 2008 um Deutsch-Portugiesisch erweitert. 2009 integrierte das BEOLINGUS-Team einen Vokabeltrainer, um den Nutzern das Lernen der Fremdwörter zu erleichtern. Seit 2012 können diese zudem auf den Multilingual Translation Memory der Europäischen Union zugreifen, der ihnen erlaubt, aus mehreren Millionen Beispielsätzen aus der EU-Gesetzgebung die passenden Verwendungshilfen zu finden. Schließlich übernahm 2011 die IBS gemeinnützige GmbH Sachsen unter Leitung von Prof. Dr. Wolfram Hardt die Koordination der Arbeit von BEOLINGUS.
814.000 Übersetzungspaare in drei Sprachen
Heute verzeichnet der Webdienst täglich 500.000 bis 600.000 Übersetzungen der Internetnutzer. Zu Spitzenzeiten konnten sogar über eine Million Translationen am Tag realisiert werden. Dabei sind weiterhin Deutsch-Englisch-Übersetzungen am häufigsten nachgefragt. „Hier bekommen wir von unseren Nutzern auch die meisten Hinweise auf Fehler, neue Übersetzungsvorschläge und Anfragen, für die wir sehr dankbar sind“, sagt Frank Richter. Er selbst arbeite in seiner Freizeit etwa 1.000 Änderungen pro Monat ein. Dazu ergänzt eine Mitarbeiterin zusätzlich die am häufigsten nachgefragten Wörter, für die bis dato keine Übersetzung vorliegt. Aktuell bietet BEOLINGUS über 650.000 deutsch-englische 120.000 deutsch-spanische und 44.000 deutsch-portugiesische Wortübersetzungen an. „Wir legen sehr viel Wert auf den Übersetzungskontext, wir liefern nicht nur 1:1-Wortübersetzungen, die den Ratsuchenden dann alleine lassen mit der Entscheidung, was wohl die passende Übersetzung ist“, erklärt Richter was BEOLINGUS von anderen Online-Wörterbüchern unterscheidet. „BEOLINGUS liefert in vielen Fällen das dazugehörige Fachgebiet, Beispielanwendungen und Beispielsätze sowie grammatikalische Formen“, so Richter weiter. Eine zusätzliche Besonderheit ist, dass der deutsch-englische Wortschatz unter der Gnu Public License steht. Diese Lizenz erlaubt es, das Vokabular auch für andere Projekte einzusetzen. So existieren bereits mehrere Apps für Smartphones, die mit dem BEOLINGUS-Wortschatz Übersetzungen selbst ohne Internetverbindung verfügbar machen.
Für die Zukunft widmet sich das BEOLINGUS-Team neuen Aufgaben. „Die Web-Technologie ist schnelllebig – wir arbeiten an einem neuen Design, über das die vielen Funktionen von BEOLINGUS besser zugänglich sein sollen“, so Richter. Ebenso wird künftig die Reihenfolge der Suchergebnisse optimiert. Den Vokabeltrainer hingegen erwarten neue spielerische Elemente, mit denen das Lernen interessanter gestaltet werden soll. Mit Unterstützung der zahlreichen Nutzer will das Team um Richter mit diesen Vorhaben dem Ziel einer stetigen Erweiterung von Wortschatz, Aussprache, Lernfunktionen sowie der Ergänzung neuer Sprachen auch in den folgenden Jahren treubleiben.
Weitere Informationen unter http://www.beolingus.de oder bei Frank Richter, Telefon 0371 531-31879, E-Mail frank.richter@hrz.tu-chemnitz.de.
(Autor: Andy Schäfer)
Mario Steinebach
03.06.2015