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Professur Soziologie mit Schwerpunkt Arbeit, Wirtschaft und Organisation
Tagung "Automatisierung der/als Arbeit"
Professur Soziologie mit Schwerpunkt Arbeit, Wirtschaft und Organisation 

Automatisierung der/als Arbeit

Gemeinsame Tagung der DGS-Sektionen “Wissenschafts- und Technikforschung” und “Arbeits- und Industriesoziologie” sowie des Arbeitskreises “Digitalisierung und Organisation”


Organisation: Tanja Carstensen, Andreas Bischof (beide TU Chemnitz), Sascha Dickel, Benjamin Doubali (beide Uni Mainz), Uli Meyer (JKU Linz)
Datum: 27./28. Februar 2025
Ort: Heizhaus im Hauptgebäude, Straße der Nationen 62, Chemnitz

 

Thema und Ziel

Die Automatisierung gilt als wesentliche Triebkraft des Fortschritts und der Steigerung von Wohlstand in der Moderne. Zugleich ist Automatisierung alles andere als eine eigendynamische Entwicklung technologischer Möglichkeiten; vielmehr ist die Frage, welche bzw. wessen Arbeit wie weitreichend automatisiert wird, Gegenstand betrieblicher und politischer Aushandlungsprozesse. 
Mit der Digitalisierung scheinen sich die Versprechen der Automatisierung nun auch auf zuvor nicht oder nur schwer automatisierbare Bereiche der Arbeit – wie bspw. Kommunikations- und Wissensarbeit, aber auch Übergabesituationen zwischen Menschen und Maschinen – auszudehnen. Dies zeigt sich aktuell insbesondere in der rasanten Verbreitung leistungsstarker Machine Learning-Systeme sowie generativer KI-Tools. In dieser Transformation entsteht nun einerseits die Möglichkeit und andererseits auch die Notwendigkeit, soziologisch hinter die Kulissen dieser Metaprozesse und ihrer konkreten Umsetzung im Kleinen zu blicken. Die gemeinsame Sektionstagung fragt daher sowohl nach der Automatisierung der Arbeit als auch nach der Automatisierung als Arbeit. Beide Perspektiven interagieren miteinander und sind zudem durch gemeinsame Dimensionen gekennzeichnet: Zur Beantwortung beider ist es notwendig, sowohl Diskurse über Innovation und ‘gute Arbeit’, maßgebliche Praktiken sowie Macht- und Akteurskonstellationen dieser Transformationen sowie empirische Ergebnisse zu den Folgen der Automatisierung von Arbeit (etwa für den Arbeitsmarkt oder das Selbstverständnis von Subjekten) heranzuziehen und ins Verhältnis zu setzen. Darüber hinaus gilt es, die Rolle des Wissens in diesen Prozessen herauszuarbeiten: Hier können etwa Betriebswissen, wissenschaftliches Wissen unterschiedlicher Disziplinen sowie implizite wie explizite Wissenssorten innerhalb von Prozessen und Prozessgestaltungsweisen relevant werden. Durch eine gemeinsame Tagung der Sektionen für Wissenschafts- und Technikforschung und der Arbeits- und Industriesoziologie sowie des Arbeitskreises Digitalisierung und Organisation wollen wir diese Dimensionen produktiv ins Gespräch bringen und auch die übergreifenden sozial- und gesellschaftstheoretischen Fragestellungen in den Blick nehmen.

 

Automatisierung der Arbeit

Gegenwärtig lässt sich kaum ein Bereich von Arbeit ausmachen, der nicht von einer zunehmenden Automatisierung geprägt oder zumindest beeinflusst ist bzw. für den nicht mindestens das Potenzial ausgelotet wird. Mit der digitalen Vernetzung von Gegenständen und Prozessen auf Basis des Internets sowie der Ausbreitung von KI-Anwendungen erreicht die digitale Durchdringung der Arbeit nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ eine neue Stufe. Die Art und Weise, wie Arbeit organisiert ist, Beziehungen zustandekommen, sich Wissen angeeignet wird, die Umwelt und das eigene Selbst wahrgenommen werden oder sich Arbeitnehmer:innen-Proteste formieren, hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Zugleich werden immer wieder die Grenzen der Automatisierbarkeit deutlich, gewünschte Automatisierungsprozesse verlaufen oftmals nicht reibungslos und erzeugen Arbeit an anderer Stelle. Die Tagung fragt hier sowohl nach konzeptionellen als auch empirischen Zugängen:
●    Wie vollzieht sich Automatisierung der Arbeit (Praktiken, Konflikte, etc.)
●    Was wird jeweils unter Automatisierung verstanden, wenn Arbeit automatisiert wird, und was wird dabei ausgeblendet bzw. als nicht automatisierbar betrachtet? 
●    Welche sozio-technischen Akteurskonstellationen und Praxisformen der Automatisierung der Arbeit lassen sich beobachten und verstehen (bspw. partizipative und sozialverantwortliche Technikgestaltung)?
●    Was sind Folgen der Automatisierung der Arbeit?
●    Wo stößt Automatisierung an Grenzen, welche Widerstände lassen sich identifizieren? Mit welchen Interessen wird Automatisierung von welchen Akteur:innen ausgehandelt?
●    Was sind geeignete Sozial- und Gesellschaftstheorien, die dem Phänomenbereich und seiner gesellschaftlichen Einordnung gerecht werden?


Automatisierung als Arbeit

Wir möchten die konkrete Arbeit, die mit Automatisierung verbunden ist, aus zwei Perspektiven betrachten. Einerseits handelt es sich um die Arbeit, die zur Entstehung von Automatisierung führt. Ein Beispiel dafür wären Projekte innerhalb oder zwischen Organisationen, die die Implementierung von Automatisierungsvorhaben zum Ziel haben. Andererseits adressiert dies Arbeit, die kontinuierlich notwendig ist, um Automatisierung aufrechtzuerhalten. Da der Automatisierungsdiskurs vor allem die mögliche Vernichtung von Arbeitsplätzen und deren gesellschaftliche Folgen für kapitalistische Wirtschaftssysteme diskutiert hat, blieb unterforscht, welche ‘unsichtbare’ menschliche Arbeit zum Zustandekommen und Aufrechterhalten von Automatisierung notwendig ist. Unter den Begriffen “Ghost Work” oder “Fauxtomation” wurde von globalen ‘Geisterarbeiter:innen’ berichtet, die unter prekären Bedingungen Technologien, wie große K.I.-Systeme zur Kundenkommunikation, pflegen, warten und reparieren. Auch aus der Analyse von Gigwork, wie Lieferdienstfahrer:innen, ist bekannt, dass Automatisierung insbesondere unter den Bedingungen von Plattformökonomie asymmetrisch und machtvoll verläuft – was sich in den populären Diskursen zur Automatisierung nicht adäquat widerspiegelt. Die Tagung fragt daher gezielt nach der Arbeit im Schatten der Automatisierung und versucht diese – und diejenigen, die sie leisten – sichtbar zu machen:
●    Was sind die Praktiken der Hervorbringung und Implementierung von Automatisierung, z.B. in Automatisierungsprojekten?
●    Welche Akteur:innen, welche Akteursgruppen initiieren Automatisierungsprojekte? Was sind die jeweiligen Zielsetzungen? Wem nützt Automatisierung?
●    Was sind Wissenssorten und Praktiken der Aufbereitung, Bereinigung, Prüfung, Moderation und Verarbeitung, die an den Schnittstellen der Automatisierung von Arbeit geleistet werden müssen?
●    Welche Rolle spielen Pflege und Wartung durch Menschen und wer übernimmt diese zu welchen Bedingungen?
●    Mit welchen methodischen Zugängen kann diese unsichtbare Arbeit der Automatisierung sicht- und analysierbar werden?
●    Was sind Implikationen empirischer und konzeptioneller Zugänge zur Automatisierung als Arbeit?


Wir freuen uns über aussagekräftige Abstracts (2-3 Seiten) bis zum 01.10.2024 an andreas.bischof@hsw.tu-chemnitz.de und tanja.carstensen@hsw.tu-chemnitz.de