MADRID MONUMENTAL

 

JUNIORPROFESSUR KULTURELLER UND SOZIALER WANDEL

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Der Spanisch-Amerikanische Krieg setzte einer langen Periode der spanischen Kolonialherrschaft ein Ende. Damit ist das Jahr 1898 ein symbolischer Meilenstein der spanischen Geschichte. Die Entstehung des spanischen Imperiums lässt sich bis in das 15. Jahrhundert zurückführen als Könige, Entdecker und Konquistadoren das erste weltumspannende Reich der Geschichte etablierten. 1479 gingen die beiden iberischen Reiche Kastilien und Aragonien eine Verbindung ein, die kurze Zeit danach zum Beginn der spanischen Hegemonialmacht führte. Einen entscheidenden Beitrag zum Aufstieg zur Weltmacht und zur Vergrößerung des spanischen Reiches über drei Kontinente hatte die Entdeckung Amerikas 1492 durch Christoph Kolumbus geleistet. Die Zeit von Karl V. (Carlos I) und Philipp II. werden in der spanischen Historiographie als Höhepunkt des kolonialen Reichs gesehen.[1]

Mit dem Tod Philipps II. 1598 begann der Niedergang des spanischen Imperiums. Zu dieser Zeit entstanden zahlreiche neue Konflikte und alte Auseinandersetzungen flammten wieder auf. Beide schadeten der wirtschaftlich und politisch geschwächten Weltmacht. In der Folge mussten die spanischen Herrscher Gebiete abtreten, was zur Verkleinerung des spanischen Reiches führte.[2]

Trotz der Schwächung versuchten die spanischen Herrscher ihre Macht im 16. und 17. Jahrhundert weiterhin zu behaupten, indem sie Kriege gegen England und Frankreich führten, die allerdings nicht von Erfolg gekrönt waren. Daraufhin gab es Umwälzungen im Landesinneren, die wiederum Auswirkungen auf die Kolonien Mittel- und Lateinamerikas hatten. Aufgrund der steigenden Unzufriedenheit forderten die Aufständischen in den Kolonien ihre Autonomie. Im Zuge der Französischen Revolution und der Unabhängigkeit Nordamerikas erlangten letztlich auch die spanischen Kolonien in Amerika zwischen 1810 und 1820 ihre Unabhängigkeit. Vom spanischen Weltreich blieben nur noch Kuba und die Philippinen übrig, die die spanischen Herrscher allerdings nach der Niederlage 1898 gegen die USA auch abtreten mussten. Dies stellt das Ende der Geschichte der spanischen Weltmacht dar.[3]

Am 18. April 1898 erklärten die USA Spanien den Krieg. Nachdem es in Havanna zur Explosion eines ihrer Schiffe kam, verurteilten die Amerikaner zunächst die Spanier für dieses Geschehen. Spanien verlor in den Seeschlachten von Cavite (Philippinen) und Santiago de Cuba nicht nur seine gesamte Kriegsflotte, sondern auch binnen weniger Wochen Gebiete, die vorher 400 Jahre lang zum eins mächtigsten Imperium der Welt gehörten, und damit letztendlich den Krieg und seine Macht.[4] Am 10. Dezember 1898, im Frieden von Paris, musste Spanien den USA die Souveränität der Philippinen, Puerto Ricos und Guans überlassen. Kuba allerdings wurde formal unabhängig.[5]

Bedeutend für Spanien ist vor allem die Seeschlacht von El Caney, da die Spanier in diesem kleinen Dorf bei Santiago ihre letzte Kolonie verloren. Sie fand am 1. Juli 1898 als Teil des Spanisch-Amerikanischen Krieges unter der Führung von Joaquín Vara de Rey statt.[6] Problematisch für seine Truppen waren nicht nur die fehlenden Maschinengewehre und Artillerien, sondern noch mehr die fehlende Unterstützung Santiagos. Obwohl Spanien diesen gravierenden Mangel vorwies, konnte der heftige spanische Widerstand das frühe Ende der Schlacht verzögern. Trotz seiner heldenhaften Anstrengungen und Taten kamen Vara de Rey, seine beiden Söhne und sein Bruder neben weiteren Soldaten der spanischen Truppen ums Leben. Die Schlacht war wegen des Verlustes der Kolonien ein großes Desaster für Spanien.

Diese Ereignisse lösten eine tiefe Bewusstseinskrise in der spanischen Bevölkerung aus. 1898 gilt als der Tiefpunkt in der spanischen Geschichte. Daraufhin entstand die „Generation der 98er“ – eine vor allem literarische Bewegung, die geprägt war von politischem und intellektuellem Pessimismus.[7] Sie widmete sich der nun entstandenen angespannten sozialen und politischen Situation im Land und ging gleichzeitig mit der Restaurationsära scharf ins Gericht. Unablässig wurde das Spanienproblem reflektiert und die Rückbesinnung auf Spaniens wahres Wesen angestrebt. Analysiert wurden die Gründe für den Niedergang Spaniens und zudem wurden Ansätze für die Neuorientierung in Europa erarbeitet. Besonders bei Intellektuellen setzte eine Seelenforschung über eine angebliche Unfähigkeit des spanischen Menschen bei der Anpassung an die Modernität von Kapitalismus und Naturwissenschaften ein. Dieser krisenhafte Moment mit seiner Hoffnungslosigkeit und politischen Ratlosigkeit in der spanischen Kultur prägte eine ganze Generation.[8]

Beeindruckt von Vara de Reys Führung gewährten ihm die amerikanischen Truppen ein militärisches Begräbnis. Seine sterblichen Überreste wurden von den Amerikanern exhumiert und nach Spanien geschickt, wo ihm ein weiteres Staats- und Militärbegräbnis bereitet worden war. Außerdem überreichte ihm das Militär noch nach seinem Tod den „Königlichen und Militärischen San Fernando-Orden“ – eine Belohnung ausgezeichneter und heroischer Taten.[9] Aufgrund seiner heldenhaften Taten widmete die Nation ihm ein Denkmal, aber auch Straßen, Plätze und weitere Monumente tragen seinen Namen.

Das Monument für General Vara de Rey und den Helden von Caney

Am 11. Juni 1915 wurde das Monument für General Vara de Rey und den Helden von Caney von der königlichen Familie auf der Calle de Alfonso XII. eingeweiht. Heute steht das Monument im Paseo de la Reina Cristina. Erbaut wurde das Denkmal von Julio González-Pola Garcia. Er selbst stammte aus einer militärischen Familie und schuf weitere historische Denkmäler dieser Art.[10]

Auf dem Sockel des 5,40 Meter hohen Monuments befinden sich fünf aus Bronze gegossene Figuren. Es handelt sich dabei um Männer in Militäruniform, Soldaten. Zwei dieser Männer stehen. Der Linke der beiden stehenden Figuren hält eine Fahne, wahrscheinlich die spanische Nationalflagge, in seiner rechten Hand zwischen die beiden. Er stellt Juan Puñet dar, der bärtige Mann zu seiner Rechten Vara de Rey. Er neigt seinen Kopf in Richtung Fahne und der rechten Person. Seine linke Hand hält er an sein Herz. Die anderen drei Soldaten, die symbolisch für die kämpfenden Helden bei der Schlacht von El Caney stehen, befinden sich hockend neben den beiden Männern – einer links und zwei rechts hintereinander. Sie halten Gewehre in ihren Händen, die in unterschiedliche Richtungen ausgerichtet sind. Auch im Spanisch-Amerikanisch Krieg mussten die Spanier sehr umsichtig sein und die Gefahr aus allen Richtungen des Meers befürchten. Die beiden weiter im Vordergrund hockenden Soldaten haben Hüte auf.

Der Sockel des Denkmals besteht aus drei Teilen, die jeweils durch unterschiedliche Gesteinsarten charakterisiert sind. Der Grundriss ist fünf mal fünf Metern. Der obere Teil des Sockels stellt den Untergrund der Figuren dar und ähnelt ungleich hohen Steinblöcken und Felsbrocken, die an den Ecken weggebrochen sind. Dieser Teil besteht aus Sandstein. Der Zwischenabschnitt aus Kalkstein hat einen quadratischen Grundriss, der unten größer ist als oben. Die vier Seiten bilden die Form eines Trapezes. Auf der Vorderseite befinden sich Wappen sowie eine Inschrift, in der zu lesen ist: Al General Vara de Rey y Héroes de Caney (dt.: „Für den General Vara de Rey und die Helden von Caney“). Im Inneren des Wappens befindet sich ein ovaler Rahmen, in dem sich drei Abbildungen befinden. Auf der rechten Seite das Wahrzeichen von Madrid: Ein Bär, der sich zur Krone eines Baumes reckt. Auf der linken Seite ist ein aufrecht stehender, nach links blickender Löwe im Profil zu sehen. Unter diesen beiden Wahrzeichen befindet sich ein kleiner Lorbeerkranz. Dieses Oval, mit den drei beschriebenen Inhalten, befindet sich vor einem Kreuz und ist rechts und links von einer Ranke, die als Lorbeerkranz gedeutet werden könnten, umgeben. Der Hintergrund könnte also den San-Fernando-Orden darstellen, den Vara de Rey nach seinem Tod erhielt. Der untere Teil besteht aus Granit und ist auf den meisten Bildern gar nicht zu erkennen oder abgebildet, wahrscheinlich dient er nur als Erhöhung des Monuments. Das Monument liegt auf einer Art Insel. Sie ist eingezäunt und zusätzlich mit pflanzlichen Elementen umgeben, sodass das Denkmal etwas versteckt liegt.

Die Bedeutung des Monuments

Dieses Denkmal ist eine Hommage an die Helden, die 1898 im Krieg in Kuba kämpften und an der Schlacht von El Caney beteiligt waren. Joaquín Vara de Rey war in dieser Mission Oberbefehlshaber und versuchte mit seiner 500 Mann starken Truppe gegen die amerikanischen Truppen zu kämpfen. Den spanischen Soldaten soll damit die letzte Ehre erwiesen werden.

Im Allgemeinen sollen Monumente die Bedeutung historischer Geschehnisse oder Personen dauerhaft ins Gedächtnis der Bevölkerung rufen. In diesem Fall ist beides zutreffend – sowohl Vara de Reys als auch die von ihm angeführte Schlacht von El Caney hatten besonderen Einfluss auf Spanien und dessen Geschichte. Nach diesem Ereignis fanden grundlegende Änderungen in Spanien statt. Das Land hatte nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg all seine Kolonien in Mittel- und Südamerika verloren und damit auch seine Vormachtstellung eingebüßt. Trotz der Niederlage sollen die gefallenen Soldaten und Vara de Rey geehrt und geschätzt werden. Schließlich hatten sie bis zum Ende in massiver Unterzahl gekämpft, um das zu erhalten, was vorher Jahrhunderte lang ihrem Land gehörte. Sie bewiesen Mut, Tapferkeit und Vaterlandsliebe. Genau diese Tugenden sollen mit diesem Denkmal aufgezeigt werden, was ganz in den ideologischen Stil des nationalen Zeitalters passte.

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[1] Otto 2008: 46f.
[2] Otto 2008: 81ff
[3] Schmidt 2002: 348f.
[4] Bernecker 2005: 299f.
[5] Schmidt 2002: 348.

[6] Bernecker 2005: 299.
[7] Reclam jun. 2002: 348.
[8] Bernecker 1993: 259.
[9] Tucker 2009: 673.
[10] Escultura Urbana 2010.