Von der Hochschule für Maschinenbau zur Universitas litterarum technicarum
Eine Zäsur in der Geschichte der technischen Bildung bildet der "Beschluß über die weitere Entwicklung wissenschaftlich-technischer Kader" des Ministerrates der DDR, in dessen Resultat im Jahre 1953 die Neugründung einer Hochschule für Maschinenbau mit den Fachrichtungen Werkzeugmaschinenkonstruktion, Textilmaschinenkonstruktion, Konstruktion für Papierherstellungs-, Papierverarbeitungs- und polygrafische Maschinen, Betriebsingenieurwesen und Fertigungstechnologie erfolgt. Den Erfordernissen der Industrie wie auch dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt entsprechend, werden die Ausbildungsbedingungen durch die Instituierung neuer Fachrichtungen sukzessive erweitert, so daß im Jahre 1963 in Anerkennung des wissenschaftlichen Niveaus der Status einer Technischen Hochschule verliehen werden kann.
Die Reform bringt als neue Strukturen die Sektionen und orientiert auf Verbesserung der Wissenschaftsorganisation sowie Verbindung mit der Praxis, die Einführung der Elektronischen Datenverarbeitung, die Ausprägung des polytechnischen Charakters und verbesserte Ausstattung. Auf dieser Basis verlassen jährlich hochgebildete Absolventen aus 28 Fachrichtungen der Grundstudienrichtung Mathematik, Maschineningenieurwesen, Elektroingenieurwesen, Wirtschaftswissenschaften und Diplomlehrer für mathematische, naturwissen-schaftliche und technische Fachrichtungen sowie Lehrkräfte für den berufstheoretischen Unterricht in technischen Fachrichtungen die Hochschule.
Ende der 60er Jahre - hier beginnt im Resultat des "Gesetzes über das einheitliche sozialistische Bildungswesen" die folgenreiche 3. Hochschulreform - existieren in der Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften acht Institute und das Wissenschaftliche Rechenzentrum, in der Fakultät für Maschinenbau zehn Institute, in der Fakultät für Technologie und für Elektrotechnik vierzehn Institute, dem Rektor unterstellt sind zudem sieben Institute bzw. Abteilungen.
Für die studentische Ausbildung, festgeschrieben als "kommunistische Erziehung" im Sinne einer Conditio sine qua non, werden viele neue Formen - Leistungsschau, studentische Rationalisierungs- und Konstruktionsbüros, Studentenwerkstatt, FDJ-Studententage, Messe der Meister von morgen - erprobt. Sie sind nicht nur gesellschaftliche Indikatoren für Fortschritt und Bildungserfolg, sondern auch inhärenter Bestandteil der volkswirtschaftlich wichtigen Hauptforschungsrichtungen, z. B. Numerische Mathematik, Grundlagen der Technologie der metallverarbeitenden Industrie, Qualitätssicherung, Zuverlässigkeit und Standardisierung im Maschinenbau und ingenieurwissenschaftliche Grundlagen der Be- und Verarbeitung sowie Grundfragen der rationellen Fertigung im Maschinenbau.
Mit der Einrichtung postgradualer Studien und spezifischer Weiterbildungszentren - im Zeitraum von 1976 bis 1980 werden z. B. über zehntausend Praxiskader ausgebildet - zeigt die TH eine weitere Seite ihrer Leistungskraft, die sich andererseits auch in einer Vielzahl von internationalen wissenschaftlichen Veranstaltungen, von Publikationen und von applizierten Forschungsergebnissen manifestiert.
In den achtziger Jahren orientiert sich die Forschung auf sogenannte Spitzentechnologien in den Bereichen Maschinenbau (CAD/CAM-Lösungen), Leichtindustrie und Elektrotechnik/Elektronik, Roboter-, Steuerungs- und Sensortechnik, Mikroelektronik sowie Werkstofftechnik. Ausdruck dieser Profilierung ist die Erweiterung technischer Ausrüstungen - z. B. mit dem "Lehr- und Forschungslabor Fräsen", den Technika "Mikroelektronik" und "Automatisierte bedienarme Produktion", sowie dem "Ausbildungs- und Vorführzentrum Textima". Gleichzeitig werden in die Lehre neue Wissenschaftsgebiete integriert, den gesellschaftlichen Erfordernissen entsprechend.
Am 14. November 1986 erhält
die Technische Hochschule aus Anlaß ihres 150jährigen Gründungsjubiläums
und in Anerkennung ihrer hervorragenden Leistungen den Status einer Technischen
Universität (Universitas litterarum technicarum) zuerkannt.
Der Zusammenbruch des Sozialistischen Weltsystems und die darauffolgende
Wende der gesellschaftlichen Bedingungen definieren auch für die
Universität einen Neubeginn. So folgt ein schwieriger Prozeß
der Abwicklung und des Wiederaufbaus, in dessen Resultat schließlich
neue Strukturen gebildet werden - die Fakultäten für Mathematik,
für Naturwissenschaften (Chemie/Physik), für Maschinenbau und
Verfahrenstechnik (Maschinenbau/Werkstoffe), für Elektrotechnik und
Informationstechnik, für Informatik, für Wirtschaftswissenschaften
wie auch die Philosophische Fakultät.
Mit dem Anschluß der ehemaligen Pädagogischen Hochschule Zwickau erweitert sich die Bildungsstätte zur Technischen Universität Chemnitz-Zwickau. Das Spektrum der Studienmöglichkeiten erhält damit ein vollkommen neues Profil, denn neben der "klassischen" Ingenieurausbildung werden nun Lehramts- und Magisterstudiengänge in disziplinärer Vielfalt angeboten.
Im Oktober 1997 erfolgte die Umbenennung der Technischen Universität in Technischen Universität Chemnitz, ausgehend davon, daß die Aufgaben des ehemaligen Standortes Zwickau nun vollständig durch die entsprechenden Einrichtungen in Chemnitz übernommen werden konnten.
Der den neuen Anforderungen gemäße hoffnungsvolle Blick in eine erfolgreiche Zukunft der Bildungseinrichtung stützt sich nicht zuletzt auf die geführte Bilanz von gut 150 Jahren technischer Bildung im "Sächsischen Manchester".